Auf der Zielgeraden
Paneuropäische Projekte benötigen in der Regel mehr als einen Geburtshelfer, aber die Niederkunft des Babys mit dem schönen Namen „European Payments Initiative“ (EPI) benötigt aufgrund inhärenter Komplexität eine Kohorte Hebammen, um die Patientin in mehreren Etappen durch die Wehen zu begleiten. Am Dienstag war deshalb bei den Beteiligten eine gewaltige Erleichterung spürbar, dass am Vorabend eine Übereinkunft über die grundsätzlichen Modalitäten sowie den Geburtstermin erzielt wurde.
Denn es haben alle gut 30 Banken ihre Bereitschaft zur Teilnahme bekräftigt, um die Interims- in die Zielgesellschaft zu überführen. Später im Dezember oder Anfang Januar sollen dann die Kapitalzusagen stehen – und dafür sieht es grundsätzlich ganz gut aus. Aus Deutschland und Frankreich sind alle an Bord, mit der HVB/Unicredit besteht ein Brückenkopf nach Italien, und auch die Niederlande haben zugesagt, müssen aber noch eine regulatorische Angleichung ihrer Interchange-Verordnung vornehmen. Damit würden sie zunächst wohl nur in einer Beobachterrolle teilnehmen können, aber das lässt sich managen.
Den größten Abstimmungsbedarf gibt es in Spanien mit gut ein Dutzend Instituten, die frisch in ein Upgrade ihres nationalen Payment investiert haben und von daher stöhnen, schon wieder die Schatulle öffnen zu müssen. Santander-Aufsichtsratschefin Ana Botín gilt allerdings als Unterstützerin von EPI – und wenn die größten Institute des Landes vorangehen, dann würden die anderen folgen, heißt es in gut informierten Kreisen.
EPI befindet sich damit auf der Zielgeraden der ersten Etappe, sodass mit Reißen des Zielbands im Dezember der schnelle Aufbau des Systems beginnen kann. Neben dem Initialfunding für EPI, das jede einzelne Bank nun in ihren Gremien beschließen muss, haben die Institute auch weitere Investitionen in ihre Infrastruktur über die kommenden vier bis fünf Jahre zu schultern, um ein in allen Ländern einheitliches Nutzererlebnis zu schaffen. Dafür sowie für fortgesetzte Innovation brauche EPI zentrale Steuerung mit straffer Governance, damit sich der Alptraum aus deutschen Gemeinschaftsprojekten nicht wiederhole, mahnt ein leidgeprüfter Insider.
Dass EPI mit eigenem Karten-Scheme eine veritable Konkurrenz für die US-Riesen wäre, dokumentiert deren Verhalten: Sie bearbeiten spanische Institute mit Sonderkonditionen. Was schon fast witzig ist, hatten sie mit Deckelung der Interchange doch die Scheme-Gebühren hochgeschraubt. Mastercard und Visa sind angreifbar, diese Chance dürfen sich Europas Banken nicht entgehen lassen.