Allianz-Aktienkurs

Aufholjagd bleibt aus

Die Allianz ist es gewohnt, dass sie an der Börse besser abschneidet als die Versicherer-Konkurrenz. Nach der Underperformance 2021 gelingt der Aktie jedoch auch 2022 keine signifikante Outperformance.

Aufholjagd bleibt aus

Von Michael Flämig, München

Die Sache schien klar zu sein: Die Allianz-Aktie wird im Mai 2022 ihren zweiten Frühling erleben. Sobald die Bewertung von der Last des Debakels der Tochter AGI in den USA befreit sei, schieße der Kurs durch die Decke, weil die Underperformance seit August 2021 mindestens ausgeglichen werden könne, so die Meinung einiger Kapitalmarktexperten. Schließlich könnten jene Anleger, die bei einer Ermittlung des US-Justizministeriums gegen eine Aktiengesellschaft die Finger von dem Investment lassen, wieder einsteigen.

Entsprechend hochgespannt wa­ren die Erwartungen, als die Allianz am 11. Mai den finanziellen Schlussstrich zog und am 17. Mai ein Verdikt der US-Behörden akzeptierte. „Die Ankündigung ist eindeutig hilfreich, um endlich den Überhang an Aktien zu beseitigen“, urteilte Deutsche-Bank-Analyst Hadley Cohen am 17. Mai. Die Allianz hegte ähnliche Erwartungen, hatte sie doch schon zuvor die schlechte Kursentwicklung 2021 mit Auswirkungen der US-Rechts­streitigkeiten erklärt.

Doch der Aktienkurs zeigt sich seit dem Vergleich mit fast allen Klägern und der abschließenden Bewertung durch die US-Behörden keineswegs wesentlich gestärkt. Im Vergleich zum Stoxx Europe 600 Insurance verlor der Aktienkurs seit dem 11. Mai sogar leicht an Boden. Seit dem 17. Mai dagegen hat die Allianz relativ gesehen zugelegt. Das Momentum könnte sich also drehen. Aber der Kurs ist nicht so drastisch im Plus, dass die Underperformance 2021 auch nur annähernd aufgeholt würde. Am Montag schloss das Papier den Xetra-Handel mit 199,60 Euro.

Andere Versicherer besser

Der Blick auf das Kurschart zeigt die Entwicklung. Im August 2021 wird die Allianz-Aktie vom Branchenindex abgehängt (siehe Grafik). Zeitweise beträgt die Underperformance deutlich mehr als zehn Prozentpunkte. Dies zieht sich hin, bis die Allianz den Aktionären im Dezember verspricht, die Dividende jährlich um mindestens 5% zu erhöhen. Zudem wird die Ausschüttung um „außergewöhnliche und volatile Elemente“ bereinigt. Die Anteilseigner dürfen davon ausgehen, dass damit – damals noch nicht feststehende – Milliarden-Rückstellungen herausgerechnet werden. Dieses Versprechen befeuerte eine Erholung, die Underperformance schrumpfte zeitweise auf wenige Prozentpunkte.

Doch ein echter Erfolg ist dies nicht. „Die Allianz hat in den letzten zwölf Monaten im Vergleich zu den europäischen Kompositversicherern am schlechtesten abgeschnitten“, stellte J.P. Morgan Mitte Mai fest. Seit dem Verdikt der US-Behörden zum gleichen Zeitpunkt, dass drei Portfoliomanager von Allianz Global Investors kriminell handelten und sich die Fondsgesellschaft aus den USA zurückziehen muss, hat sich das Bild nicht grundsätzlich verändert.

Die Allianz sieht dagegen einen Fortschritt. 21 von 27 Analysten würden die Aktie zum Kauf empfehlen, betonte eine Sprecherin. Die Allianz-Aktie habe sich zudem im laufenden Jahr deutlich besser als der Gesamtmarkt entwickelt: „Sie performt in 2022 in-line mit dem Versicherungssektor.“

Tatsächlich liegt der Aktienkurs seit Jahresbeginn gleichauf mit dem Stoxx Europe 600 Insurance – aber eben nicht besser. Dieses Kopf-an-Kopf-Rennen ist auch deswegen bemerkenswert, weil die Allianz seit dem Jahr 2014 immer besser als der Branchenindex abgeschnitten hat – eben nur mit der Ausnahme 2021: Der Index kletterte um 15,4 %, der Allianz-Kurs dagegen um 3,5 %.

Im Underperformance-Jahr 2014 spielte auch die Vermögensverwaltung eine Rolle. Die Allianz erklärte damals das unterdurchschnittliche Abschneiden mit den Sorgen über die Entwicklung des Vermögensverwalters Pimco. Dies gibt einen Hinweis auf die Motivlage der Anleger im Jahr 2022. J.P.-Morgan-Analyst Kamran Hossain begründet die Einstufung der Allianz nur mit „Neutral“ mit eindeutigeren Anlagemöglichkeiten in bei anderen Versicherern.

Kein Wunder, denn die Zinswende ist eine Belastung für den Allianz-Vermögensverwalter Pimco. Schließlich sind festverzinsliche Anlagen während einer Phase steigender Zinsen unattraktiver – dies limitiert den Nettomittelzufluss. Wer in dieser Situation nur florierendes Versicherungsgeschäft betreibt, der liefert bessere Ergebnisse. Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft muss zudem das Privatkundengeschäft der Versicherer zeigen, dass es in einer Rezession gut wirtschaften kann.

Andererseits: S&P hat am 23. Mai die Einstufung der Allianz samt Ausblick bestätigt. Die Kapitalausstattung werde auch in den kommenden zwei bis drei Jahren sehr stark sein, so die Ratingagentur. Die Research-Abteilung der Deutschen Bank ortet in diesem Zeitraum ein Überschusskapital von 4 Mrd. Euro, das den Aktionären zugutekommen könnte.

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