BANKEN

Aufseher suchen den Exit

Zweieinhalb Monate nach Erlass ihres Appells zum Dividendenverzicht geht es den Bankenaufsehern der Europäischen Zentralbank (EZB) wie ihren vielfach im selben Doppelturm in Frankfurts Ostend untergebrachten Kolleginnen und Kollegen von der...

Aufseher suchen den Exit

Zweieinhalb Monate nach Erlass ihres Appells zum Dividendenverzicht geht es den Bankenaufsehern der Europäischen Zentralbank (EZB) wie ihren vielfach im selben Doppelturm in Frankfurts Ostend untergebrachten Kolleginnen und Kollegen von der Geldpolitik: Sie stellen fest, dass der Einstieg in die Krisenpolitik einfacher anzubahnen ist als der Ausstieg.So ist, wie Eurolands oberster Aufseher Andrea Enria gestern deutlich gemacht hat, noch nicht ausgemacht, wie Banken die Eigenkapitalpuffer, die sie in der Krise angreifen dürfen, wieder auffüllen sollen, wenn das Schlimmste überstanden ist: Schert die Aufsicht alle Häuser über einen Kamm, lässt sie außer Acht, dass sich die Fähigkeit zur organischen Bildung von Eigenkapital je nach Struktur und Heimatland einer Bank oder schon nach Verlauf der Pandemie deutlich unterscheidet. Gibt sie aber jeder Bank einen individuellen Plan, droht sie in Teufels Küche zu kommen, wenn es daran geht, diesen im Zweifelsfall gerichtsfest zu begründen. Ohnehin würden sich die Aufseher mit solchen Vorgaben wohl noch gerne Zeit lassen, bis sicher scheint, dass eine zweite Welle von Infektionen vermieden werden kann. Im Auge haben müssen sie zudem das Ende staatlicher Hilfsprogramme, das eine zweite Welle von Kreditausfällen nach sich ziehen könnte. Einstweilen haben die Aufseher schon ihre liebe Not, den Banken klarzumachen, dass die Puffer dazu da sind, genutzt zu werden, nachdem da in der Vergangenheit schon deutlich strengere Töne zu hören waren, und reden daher mit Engelszungen auf Banker, Ratingagenturen und Analysten ein. Welches Institut aber will als erstes testen, wie der Markt reagiert, wenn es entsprechende Werte reißt? Da fährt man die Kreditvergabe lieber nur so hoch, dass das Lämpchen noch bei allen Kennzahlen grün blinkt. Vor diesem Hintergrund lässt aufhorchen, wenn Enria nun die Komplexität einer Pufferstruktur beklagt, die jüngst noch als gutes Sicherheitsnetz für Krisen durchging.Wäre eine Verlängerung des Ausschüttungsverbots für die EZB nicht die eleganteste Art, die organische Eigenkapitalbildung zu fördern, während sie weiter die Nutzung der Kapitalpuffer propagiert? Aufseher, die vor diesem Hintergrund ab Oktober wieder Ausschüttungen erlaubten, müssten wohl schon über ihren Schatten springen. Die auf Planungssicherheit in der Dividendenfrage dringenden Banken dürften daher zwar schon bald wie angekündigt eine Ansage bekommen. Es spricht nur nicht viel dafür, dass sie diese gerne hören werden.