BaFin freut sich über steigende Whistleblower-Zahl

Vor zwei Jahren eingerichtete Meldestelle für aufsichtsrechtliche Verstöße verzeichnet Zulauf

BaFin freut sich über steigende Whistleblower-Zahl

kaz Frankfurt – Die Zahl gemeldeter Verstöße gegen aufsichtliche Bestimmungen, die jährlich bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingehen, nimmt rapide zu. Nach 124 derartigen Meldungen sogenannter Whistleblower im Jahr 2016 kletterte die Zahl im vergangenen Jahr auf 629. Im laufenden Jahr kamen bereits rund 1 100 zusammen, erklärte Luana Al-Souliman, Oberregierungsrätin in der Zentralen Rechtsabteilung der BaFin, auf einer Konferenz des Deutschen Aktieninstituts zum Thema “Neue Herausforderungen in der Compliance von Unternehmen”. Online mehr AnonymitätVon den nunmehr 1 100 eingegangenen Meldungen seien mit rund 60 % nur etwas mehr als die Hälfte anonym erfolgt. Lediglich bei rund einem Fünftel habe es sich um Hinweise mit einem bankaufsichtlichen Bezug gehandelt; auch zu Versicherungen seien insgesamt nur “wenige Meldungen” erfolgt. Hingegen sei ein hoher Anteil an Hinweisen zu nicht beaufsichtigten Unternehmen eingegangen, bei denen es um “sogenannte unerlaubte Geschäfte” gegangen sei, welche die deutsche Aufsicht allerdings ebenfalls untersucht. Ein Problem sei jedoch, dass die Abgrenzung zur Verbraucherbeschwerde nicht immer eindeutig sei, wie die BaFin erläutert.Die anonyme Hinweisgeberstelle, bei der aufsichtsrechtliche Verstöße via E-Mail und Post oder telefonisch und persönlich gemeldet werden können, wurde im Juli 2016 von der BaFin eingerichtet. Seit Beginn des vergangenen Jahres ist es Whistleblowern zudem möglich, Verfehlungen über eine Online-Meldeplattform kundzutun. Das neue System wird zunehmend genutzt: Über die Hälfte der Meldefälle sei 2017 über den Online-Kanal erfolgt, berichtet die BaFin weiter. Die Behörde gewährt in beiden Fällen Hinweisgeberschutz: So werde das Informationsfreiheitsgesetz, demzufolge jede Person auch ohne begründetes Interesse Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden hat, nicht auf Whistleblower angewandt und die Daten folglich auch nicht herausgegeben.Allerdings gibt es eine Einschränkung: So könne es mit Blick auf weitere Ermittlungen oder nachfolgende Verfahren teilweise notwendig sein, bestimmte Informationen weiterzugeben, um Hinweise weiterzuverfolgen, räumt die BaFin ein – etwa, um Stellungnahmen von angezeigten Unternehmen anzufordern. Hier die Balance einzuhalten, sei eine gewisse Herausforderung.Der BaFin zufolge ist nach der Einführung der Plattform die Zahl der Hinweise noch einmal deutlich gestiegen, da die Angst der Whistleblower vor einem Arbeitsplatzverlust und anderweitigen Repressalien auf diesem Wege gesenkt worden sei (siehe Grafik). Grundlage für die Einrichtung der Hinweisgeberstelle ist das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG), das die BaFin dazu verpflichtet, für ihren Zuständigkeitsbereich eine Hinweisgeberstelle einzurichten, die Meldungen zu tatsächlichen oder möglichen Verstößen entgegennimmt. Mit dem Gesetz sollen Vorgaben der Europäischen Union umgesetzt werden – hierzu zählen auch die seit Anfang des Jahres wirksame Priips-Verordnung oder die ebenfalls seit Januar gültige Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Keine StrafverfolgungDem Gesetz zufolge können Whistleblower “wertvolle Beiträge dabei leisten, das Fehlverhalten einzelner Personen oder ganzer Unternehmen innerhalb des Finanzsektors aufzudecken und die negativen Folgen dieses Fehlverhaltens einzudämmen beziehungsweise zu korrigieren”. Wenn Mitarbeiter von Unternehmen einen Verstoß meldeten, sollen sie weder straf- noch arbeitsrechtlich verfolgt werden oder auf Schadenersatz verklagt werden können – vorausgesetzt natürlich, dass die Meldung nicht “vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr” ist. Konzept ausbauenMit Blick auf die Zukunft plädiert die BaFin für einen Ausbau des Melde-Konzeptes: An erster Stelle müsse ein einheitliches Schutzniveau für Whistleblower innerhalb der EU stehen. Darüber hinaus fordert die Aufsicht, dass auch private Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mill. Euro interne Verfahren zur Entgegennahme von Hinweisen einrichten. In diesem Zusammenhang gelte es, die vorhandenen Meldekanäle weiter auszugestalten: Erstens durch einen unabhängigen Personenkreis, der Informationen entgegennimmt und den Vorwürfen nachgeht. Zweitens durch ein dreigliedriges Meldesystem, das sich aus internen Meldekanälen, einem Hinweis an zuständige Behörden sowie Meldungen an die Öffentlichkeit beziehungsweise die Medien zusammensetzt. Drittens sollte es nach Vorstellung der BaFin verboten sein, dass sich jemand an den Hinweisgebern rächt. Zum Vorschlag zählen auch eine kostenlose Beratung und Hilfen für Whistleblower, die aufgeflogen und für ihr Tun ins Visier geraten sind. —– Wertberichtigt Seite 6