BaFin zieht andere Saiten auf
Während sich Deutschlands Finanzaufsicht mit Blick auf panamaische Briefkastenfirmen entschlossen zeigt, im deutschen Bankensektor hart durchzugreifen, sieht sie im Fall umstrittener Aktiengeschäfte vor und nach Dividendenstichtagen vor allem den Gesetzgeber und die Gerichte gefordert.bn Frankfurt – Deutschlands Finanzaufsicht zieht im Falle deutscher Banken mit Briefkastenaktivitäten in Panama andere Saiten auf. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird “all diese Banken auffordern, uns alle Originaldokumente zu schicken, und diese Dokumente intern auswerten”, erklärte Raimund Röseler, Exekutivdirektor für Bankenaufsicht, auf der Jahrespressekonferenz am Dienstag. Man finde es angemessen, “dass wir wirklich die Originaldokumente haben und uns nicht auf Wirtschaftsprüfer verlassen”.Für die Aufseher kommt dies einem Paradigmenwechsel gleich, hat sich die BaFin bisher etwa bei Sonderprüfungen in Banken doch auf die Arbeit externer Prüfer gestützt. “Wir prüfen schon, ob wir unseren Prüfungsansatz modifizieren müssen”, sagte Röseler. Er verspreche sich “sehr viel” vom neuen Vorgehen, denn es habe eine gewisse Wirkung, würden Banken der BaFin containerweise Dokumente liefern.Bei der Untersuchung der Briefkastenaktivitäten sei die BaFin auf 14 in der Presse genannte Banken beschränkt gewesen, führte Röseler aus. Von ihnen haben seinen Angaben zufolge fünf entsprechende Aktivitäten auf Anfrage verneint. Weitere sieben haben eingeräumt, über Auslandstöchter in Panama aktiv gewesen zu sein. Drei Institute, von welchen wiederum zwei sich inzwischen zusammengeschlossen haben, betrieben solche Aktivitäten demzufolge auch aus Deutschland heraus, wie Röseler berichtete. Zu den im Zuge der Enthüllungen um Briefkastenfirmen in Panama in die Schlagzeilen geratenen Instituten zählt die Commerzbank, welche 2009 die Dresdner Bank übernahm.Nachdem in der britischen Presse über 200 000 Namen von Unternehmen, Trusts, Stiftungen und Fonds mit Geschäftsbeziehungen zur panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca publiziert wurden, haben die Aufseher die Banken zudem aufgefordert, ihren Kundenbestand durchzuforsten, um festzustellen, ob sich diese Einheiten dort finden. Offene RechtsfragenWas hingegen umstrittene Aktientransaktionen von Finanzinstituten um den Dividendenstichtag, sogenannte Cum-cum- und Cum-ex-Geschäfte, angeht, sieht die Aufsicht zunächst die Legislative und die Judikative in der Pflicht, wie BaFin-Präsident Felix Hufeld deutlich machte.Die Frage, wann exekutives Aufsichtshandeln möglich, geboten oder gar rechtswidrig sei, lasse sich nicht leicht beantworten, wenn das rechtliche Umfeld nicht eindeutig sei. Es könne nicht Aufgabe einer staatlichen Aufsichtsbehörde sein, “offene Rechtsfragen im Vorgriff auf den Gesetzgeber oder eine höchst- oder zumindest obergerichtliche Rechtsprechung im Wege des Verwaltungshandelns zu klären”, sagte er. Eine Behörde setze kein Recht, sie wende geltendes Recht an. Verdichteten sich die Dinge aber in einer Weise, dass sie aufsichtliches Handeln erforderten, zögere man “keinen Augenblick”, wie Hufeld mit Blick auf die Maple Bank GmbH feststellte. Anfang Februar hatte die BaFin das Institut dichtgemacht, da der Bank nach Cum-ex-Geschäften die bilanzielle Überschuldung infolge einer zu bildenden Steuerrückstellung drohte. Hufeld sprach von “hochgradig schwierigem Terrain, in dem sich Fragen der Legalität mit jenen der Legitimität vermengen”.Die Zahl der deutschen Banken, die wegen Cum-ex-Geschäften im Fokus der Aufsicht stehen, beziffert die BaFin, die nach dem Aus für die Maple Bank im Bankensektor eine entsprechende Umfrage mit Blick auf etwaige Solvenzrisiken unternommen hatte, auf 11. Dies sei nicht überraschend, sagte Exekutivdirektor Röseler. Sieben Institute hätten solche Aktivitäten verneint, obwohl ihre Namen sich auf einer Liste der Steuerfahndung Wuppertal fänden. “Bei diesen fragen wir jetzt natürlich intensiv nach.”Sofern ausländische Institute mit Systemrelevanz diese Geschäfte betrieben, ist Röseler zufolge die EZB als zuständige Aufsicht informiert worden. In einem anderen Fall, auf den die Aufseher durch Hinweise der Strafverfolgungsbehörden aufmerksam wurden und in welchem Cum-ex-Geschäfte über komplexe Strukturen liefen, prüft die BaFin derzeit gar die Eignung der Geschäftsleitung, nachdem diese solche Geschäfte abgestritten hat. Eine weitere Schieflage wie im Fall der Maple Bank erwarte die Aufsicht momentan nicht, sagte Röseler.