Sponsoring wird zum Problem

Baillie Gifford wird zur Zielscheibe

Israelhasser und Apokalyptiker nehmen den Assetmanager Baillie Gifford aufs Korn. Zwei Kulturfestivals müssen deshalb auf ihn als Sponsor verzichten.

Baillie Gifford wird zur Zielscheibe

Wie ein Assetmanager zur Zielscheibe wird

Israelhasser und Apokalyptiker nehmen Baillie Gifford aufs Korn. Zwei Festivals müssen deshalb auf ihn als Sponsor verzichten.

Von Andreas Hippin, London

Kulturfestivals sind Familienevents. Man geht mit seinen Kindern hin, um Autoren einmal live zu erleben. Palästina-Fahnen schwenkende Fanatiker will man dort ebenso wenig treffen wie Frauen, die rotverschmierte Bündel herumtragen und so tun, als handele sich dabei um Babyleichen. Man will auch die von Vernichtungsfantasien bestimmten Parolen nicht hören, die sie mit meist leicht überschnappender Stimme brüllen.

Und so ist es kein Wunder, dass gleich zwei Festivalveranstalter dieses Jahr auf Baillie Gifford als Sponsor verzichten müssen. Denn sie wollen Tickets verkaufen und sicher sein, dass die versprochenen Stars dort auch auftauchen. Es geht ihnen auch um die Sicherheit der Besucher. All das war nicht mehr gewährleistet, nachdem eine Initiative namens Fossil Free Books den unabhängigen schottischen Vermögensverwalter an den Pranger gestellt hatte.

„Apartheid, Besatzung und Völkermord“

Baillie Gifford habe zwischen 2,5 Mrd. und 5 Mrd. Pfund in die fossile Brennstoffbranche investiert. Zudem habe der Assetmanager fast 10 Mrd. Pfund in Unternehmen gesteckt, die „von Israels Apartheid, Besatzung und Völkermord“ profitierten. In einem von der linken Putztruppe aufgesetzten Schreiben, das mittlerweile mehr als 800 Unterzeichner gefunden hat, wird Baillie Gifford aufgefordert, sich von diesen Investitionen zu trennen – ganz im Sinne der antisemitischen BDS-Bewegung (Boycott, Divestments & Sanctions).

Bis der Vermögensverwalter dieser Forderung nachkommt, fordere man alle Organisationen der Literaturbranche, auch Festivalbetreiber auf, ihre Beziehungen zu ihm zu beenden. Ansonsten werde man zur Tat schreiten, „durch Störungen und durch den Entzug unserer Arbeitskraft“. Prompt wollte der ganz und gar nicht lustige Comedian Nish Kumar nicht mehr auf dem Hay Festival in Wales auftreten, das Baillie Gifford zu seinen Sponsoren zählte.

„Intensiver Druck“

„Euer Kunstfestival ist nicht wichtiger als das Leben von palästinensischen Kindern und die Zukunft gesunder Ökosysteme auf dieser Erde“, schrieb die Sängerin Charlotte Church auf Instagram und meldete sich ebenfalls ab. „Wenn die Kunstwelt weiter dieses schmutzige Geld annimmt, werden wir alle zu Komplizen.“ Auch die Labour-Abgeordnete Dawn Butler und die bestens vernetzte Labour-Oberhausabgeordnete Shami Chakrabarti sagten ab.

Den Veranstaltern blieb am Ende nichts anderes übrig, als die Sponsorenvereinbarung auszusetzen. Julie Finch, CEO des Festivals, verwies dabei unter anderem auf den „intensiven Druck auf Künstler, nicht teilzunehmen“. Wenige Tage später beendete das Edinburgh Book Festival seine 20 Jahre währende Partnerschaft mit Baillie Gifford. „Der Druck auf unser Team ist einfach unerträglich geworden“, sagte Jenny Niven, die dort als CEO fungiert. „Die langfristige Zukunft gemeinnütziger Organisationen wie Buchfestivals zu untergraben, ist nicht der richtige Weg, um Veränderungen herbeizuführen.“

Viel Lärm um nichts

Ist etwas dran an den Vorwürfen gegen Baillie Gifford? Nun ja, Kundengelder wurden in Firmen wie Amazon, Nvidia und Meta gesteckt, die einen verschwindenden Teil ihres Geschäfts in Israel machen. In geringem Maße wurde in Firmen wie Airbnb, Bookings Holdings und Cemex investiert, die für ihre Tätigkeit in den besetzten Gebieten kritisiert wurden.

Baillie Gifford zufolge beläuft sich das Verhältnis zwischen diesen beiden Kategorien auf 63 zu 1. Lediglich 2% der Kundengelder seien in Firmen investiert, deren Geschäft einen Bezug zu fossilen Brennstoffen habe. Der Branchendurchschnitt liege bei 11%. Viel Lärm um nichts also.

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