Bankaufsichtsräte in der Zwickmühle

Gerd Häusler brandmarkt Konflikte zwischen internationalen Aufsichtsregeln und deutschem Aktienrecht

Bankaufsichtsräte in der Zwickmühle

swa Frankfurt – Die internationale Bankenregulierung sorgt aus Sicht von Betroffenen zunehmend für Reibungen mit dem nationalen Gesetzesrahmen. Organvertreter von Instituten, die der EZB-Aufsicht unterliegen, setzen sich aus Sicht von Gerd Häusler, Aufsichtsratschef der BayernLB, mehr und mehr der Gefahr aus, gegen deutsches Recht zu verstoßen. “Diese neue Realität sollte den Gesetzgeber veranlassen, das deutsche Aktiengesetz zumindest in Teilen dem europäischen Recht anzupassen, insbesondere für Kreditinstitute, die als Teil der europäischen Bankenunion besonders von den neuen Regeln der europäischen Corporate Governance betroffen sind”, forderte der Manager, der auch Chairman der BHF Kleinwort Benson Group ist, in einer Rede am Vorabend des 4. Frankfurter Aufsichtsratstages. Im SpannungsfeldDas sich derzeit rasch verstärkende Spannungsfeld zwischen Gesellschafts- und Aufsichtsrecht bei größeren Kreditinstituten sorge für Friktionen und Risiken in der täglichen Aufsichtsratsarbeit, monierte Häusler. So verschwimme die klare Aufgabenteilung von Vorstand und Aufsichtsrat und bewirke gegebenenfalls “kontraproduktive Spannungen” zwischen den Beteiligten – “übrigens auch mit der Aufsicht, über die Aufgabentiefe des Aufsichtsrates”. Zudem drohe Aufsichtsräten das Schwert der Pflichtverletzung, “wenn sie zwar einen Satz von Rechtsnormen einhalten, dann aber zwangsläufig nicht den anderen”.Die Anforderungen an die Kontrollgremien seien mit neuen Vorschriften und der Verwaltungspraxis der EU beziehungsweise der EZB in einem Quantensprung gewachsen, wenn man die Verantwortung von Aufsichtsräten und die Anforderung an die Personen betrachte. Um diese Aufgaben zu erfüllen, müssten sich Gremienmitglieder auf wenige Mandate konzentrieren. Zwar seien die deutschen Haftungsvorschriften nicht so radikal ausgestaltet wie im Vereinigten Königreich, doch diese strahlten spürbar auf die hiesige Praxis ab. “Die Benennung von Haftungsrisiken dürfte bei Aufsichtsratssitzungen während der letzten fünf Jahre exponentiell gestiegen sein”, resümierte Häusler.Als Beispiele für Konflikte zwischen Aufsicht und Aktienrecht verweist er auf die im Kreditwesengesetz vorgesehene jährliche Evaluierung des Vorstands durch den Nominierungsausschuss. Dafür seien detaillierte Informationen Voraussetzung. Doch dass Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene den Aufsichtsrat auf direktem Weg informieren, sei vom Gesellschaftsrecht nur in wenigen Ausnahmefällen vorgesehen. BesetzungsproblemeTeilweise entmündigt sieht er sich als Aufsichtsrat bei der Auswahl der obersten Führungsriege. Das “Königsrecht” des Kontrollgremiums, den Vorstand zu besetzen, sei bei Kreditinstituten durch die Aufsicht faktisch weitgehend eingeschränkt. “Alle personalpolitischen Entscheidungen sind zuvor mit der Aufsicht abzustimmen und setzen weitestgehend deren Wohlvollen voraus”, kritisiert Häusler. Die Anforderungen an die Ernennung von Bankvorständen seien in den letzten Jahren drastisch gewachsen. Der Aufsichtsrat könne kaum einen Vorstand kurzfristig einstellen “und faktisch dadurch auch kaum absetzen”.