Beschwerden gegen Banken sind bislang überschaubar
jsc Frankfurt
Nach dem Gebührenurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im April haben die Ombudsleute der Kreditwirtschaft bislang eine überschaubare Anzahl an Beschwerden registriert: Die Schlichtungsstelle beim Sparkassenverband DSGV ordnet aus einem Aufkommen von insgesamt 3565 Anträgen bis zum 5. November rund die Hälfte – grob gerechnet 1800 Fälle – dem BGH-Urteil zu, wie der Verband auf Nachfrage erklärt hat. Die Kundenbeschwerdestelle des Kreditgenossenschaftsverbands BVR schätzt die Zahl auf 1500, die Ombudsstelle der privaten Banken zählt 852 Anträge. Mit der Beschwerdewelle im Jahr 2014 ist das Aufkommen damit bisher nicht vergleichbar: Damals hatte der BGH die Praxis der Kreditbearbeitungsgebühren gekippt. Weit über 100000 Schlichtungsanträge gingen daraufhin in der Kreditwirtschaft ein, vor allem bei den privaten Banken.
Dabei hätte das Beschwerdeaufkommen auch diesmal höher ausfallen können: Im April hatte der BGH entschieden, dass Banken und Sparkassen nicht wie bisher üblich die Preise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) erhöhen dürfen, sondern dazu in der Regel die ausdrückliche Zustimmung des Kunden brauchen (AZ. XI ZR 26/20). Damit sind viele Preiserhöhungen rückwirkend mutmaßlich unwirksam. In der vergangenen Woche hatte die Aufsicht BaFin in ihrem Hausjournal von einem höheren Beschwerdeaufkommen berichtet und sich dabei auf eine Gesprächsrunde mit Vertretern der Schlichtungsstellen berufen.
Die bisher erfasste Zahl der Beschwerden liegt aber bereits über de Gesamtjahreswert 2020. Die Ombudsstelle der privaten Banken zählt 4410 Schlichtungsanträge gegen Mitgliedsinstitute, wie der zugehörige Bankenverband BdB auf Nachfrage erklärt hat. Damit bewegt sich die Anzahl der Beschwerden leicht über dem Niveau des Vorjahres. Bei der Beschwerdestelle des BVR sind mit 2354 Anträgen auf Streitbeilegung deutlich mehr als im gesamten Vorjahr eingegangen, die Sparkassen liegen bisher leicht unter dem Vorjahresgesamtwert.
Ruhe um Prämiensparpläne
Auch im zweiten großen Streitfall im laufenden Jahr – der Zinsnachzahlungen auf uralte Prämiensparverträge – blieb eine Beschwerdewelle bislang aus. Die Schlichtungsstelle der Sparkassen führt ein Fünftel der Anträge, also etwa 600, auf den Prämiensparstreit zurück und zählt auch Beschwerden über Kündigungen dazu. Die Stelle der Kreditgenossenschaften schätzt die Fallzahl auf 60 bis 80. Für private Banken spielen die Verträge kaum eine Rolle. Im Oktober hatte der BGH den Weg für Zinsnachzahlungen auf alte Sparverträge geebnet, den Fall aber an das Oberlandesgericht Dresden zurückverwiesen, das nun einen Referenzzinssatz finden muss (Az. XI ZR 234/20). Ein Antrag bei einer Schlichtungsstelle kann für Kunden ein Weg sein, eine Verjährung der Ansprüche zu verhindern, sofern ihr Vertrag 2018 gekündigt worden war.
Ein vollständiges Bild zeigt die Statistik allerdings nicht: Auch jenseits der Schlichtungsstellen können sich Kunden mit ihrer Bank oder Sparkasse streiten und auch einigen. Gerade zum Jahresende kann die Zahl der Beschwerden, etwa mit Blick auf das Verstreichen von Verjährungsfristen, noch einmal anziehen. Und speziell im Prämiensparstreit dürften diverse Musterfeststellungsklagen sowie das Urteil des Oberlandesgericht Dresden im kommenden Jahr mehr Klarheit schaffen – und damit eine Grundlage für Beschwerden bilden.
Längst nicht alle Anträge drehen sich um die diesjährigen BGH-Urteile. So berichten BVR und DSGV von betrügerisch veranlassten Geldüberweisungen. „Es wird hierbei regelmäßig argumentiert, dass eine Bank die Verpflichtung habe, betrügerisches Handeln aufzudecken und entsprechende Überweisungsaufträge nicht auszuführen“, so der BVR. „In diesen Verfahren gehen die Schlichtungsvorschläge zugunsten der Bank aus.“