Beurteilung von Geldwäsche spaltet Investoren

Große Fondsgesellschaften vertreten im Umgang mit heiklen Banken wie Danske und Swedbank unterschiedliche Ansätze

Beurteilung von Geldwäsche spaltet Investoren

Ökologische und soziale Gesichtspunkte sowie die Art der Unternehmensführung (ESG) gewinnen bekanntlich erheblich an Bedeutung. Doch wie halten es wichtige Investoren wie Fondsgesellschaften mit Geldwäscheaspekten? Das ist Abwägungssache, eine einheitliche Linie gibt es nicht.Von Tobias Fischer, FrankfurtIm Umgang mit Banken, die unter Geldwäscheverdacht stehen, verfolgen Fondsgesellschaften unterschiedliche Ansätze. Schließen die einen wegen Geldwäschevorwürfen in Verruf geratene Aktientitel wie Danske Bank und Swedbank von Investitionen in nachhaltige Fonds aus, so wollen andere investiert bleiben, um Einfluss zu nehmen. Auch in der Beurteilung der “Sozialprognose” der beiden nordischen Banken gehen die Meinungen auseinander. Allianz Global Investors (AGI), Union Investment, DWS und DekaBank bekunden auf Anfrage unisono, Geldwäscheaspekten einen hohen Stellenwert beizumessen, kommen aber zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil es keine allgemeinen Kriterien für die Anlage nach ESG-Gesichtspunkten gibt. Das Kürzel ESG steht für Umwelt- und Sozialaspekte sowie für die Unternehmensführung (Environment, Social, Governance). Schwierige AbwägungDie Volumina der gehaltenen Investitionen in diese beiden Banken – sofern überhaupt noch vorhanden -, halten sich zwar in Grenzen, doch zeigen die Beispiele, wie schwierig es ist, mit derlei Problemen umzugehen, für die es keine modellhaften Vorgehensweisen gibt.Hat die Deutsche-Bank-Tochter DWS nach Aufdeckung der Geldwäschevorwürfe den Anteil ihrer Danske-Aktien in traditionell gemanagten Investmentfonds deutlich reduziert, den der Swedbank-Aktien aber beibehalten, so erachtet die genossenschaftliche Fondsgesellschaft Union Investment beide Titel zumindest in ihren Nachhaltigkeitsfonds aktuell als nicht investierbar, verfügt aber in ihren klassischen Fonds nach wie vor über entsprechende Aktien in überschaubaren Volumina. Aus einem anderen Grund sieht Union Investment auch von nachhaltigen Investments in Wells Fargo ab. Mitarbeiter der US-Großbank hatten massenhaft fingierte Konten angelegt und Gebühren eingestrichen.Wie Union Investment hält es auch die DekaBank. Das Wertpapierhaus der Sparkassen hat Swedbank und Danske für ihre Nachhaltigkeitsfonds ausgeschlossen. Bei den konventionellen Fonds führe Geldwäsche zu einer deutlich schlechteren Bewertung, teilt die Bank mit. Die Allianz-Tochter AGI wiederum schließt keine Unternehmen aufgrund von ESG-Kriterien aus. Ausschlaggebend sei vielmehr das Rendite-Risiko-Profil. Sollten sich aber zum Beispiel Kunden gegen Investments in Unternehmen aussprechen, die hohen Geldwäsche- oder ESG-Risiken ausgesetzt sind, würde ihr Wunsch respektiert, teilt das Allianz-Fondshaus mit. Spiele der Aspekt Geldwäsche in der Analyse eine bedeutende Rolle und fließe in die Unternehmensbewertung ein, so führe er nicht automatisch zum Ausschluss.Diesen Ansatz verfolgt etwa auch der norwegische Staatsfonds, der bekräftigt hat, als langfristiger Investor auch in diesen Banken engagiert bleiben zu wollen. Zum Jahresende hielt er 3 % der Danske-Aktien im Wert von zu jenem Zeitpunkt 530 Mill. Dollar und 2,03 % der Swedbank-Papiere über 513 Mill. Dollar. Von Fall zu FallEine 13-köpfige Abteilung kümmert sich bei Union Investment um nachhaltige Investments und analysiert, wie es in Banken und Unternehmen um Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bestellt ist. Von den verwalteten Vermögen in Höhe von knapp 350 Mrd. Euro ist gut ein Siebtel nach Nachhaltigkeitskriterien angelegt (siehe Grafik). Die zentrale Frage, die ESG-Analyst Johannes Böhm dabei umtreibt, lautet: “Wie schlägt man den Bogen zwischen Pragmatismus und Nachhaltigkeit?”. Allgemeingültige Aussagen, wie im Falle von Verfehlungen in der Geldwäscheprävention und -bekämpfung zu entscheiden sei, könne es nicht geben, vielmehr sei von Fall zu Fall abzuwägen – eine Gratwanderung, wie er sagt.In die Entscheidung fließen beispielsweise Kriterien ein wie Schwere des Falls, Reputationsrisiko, erwartetes Strafmaß und die damit einhergehende mögliche Vernichtung von Vermögenswerten. Wie erheblich die sein können, zeigen die Beispiele der beiden nordischen Banken: Die dänische Danske etwa hat seit der Veröffentlichung von Untersuchungsergebnissen zu Geldwäschevorwürfen im September 2018 die Hälfte ihres Aktienkurses eingebüßt. Der schwedische Marktführer Swedbank, der sich seit einem Medienbericht im Februar 2019 Vorwürfen ausgesetzt sieht, in verdächtige Geldtransaktionen verwickelt zu sein, hat seitdem 37 % verloren. Selbst Institute, die sich offenbar nichts haben zuschulden kommen lassen, sind in der Vergangenheit schon vom Markt abgestraft worden, weil Wettbewerber in Verruf geraten sind. Beispiele sind die schwedische Svenska Handelsbanken und die maltesische Bank of Valletta. Und dann strahlt der Skandal auf Korrespondenzbanken wie die Deutsche Bank aus, die für die Danske Transaktionen ausgeführt hat.Entscheidend ist für Union-Investment-Analyst Böhm auch die Sozialprognose. Sind der Gesellschaft gute Aussichten auf Besserung zu bescheinigen, oder ist zu erwarten, dass der Fall Kreise zieht? Fällt die Prognose schlecht aus, muss das intern gerechtfertigt werden. Gegebenenfalls befindet das sogenannte ESG Committee, bestehend aus Nachhaltigkeits-, Renten- und Aktienanalysten des Hauses, über einen etwaigen Ausschluss eines Unternehmens. Bevor es aber so weit kommen kann, sucht Böhm das Gespräch, trifft Vorstandsmitglieder, um sich ein Bild von der Lage zu machen oder ihnen ins Gewissen zu reden – auch in Reden auf Hauptversammlungen. Gesprochen werde mit Vertretern der Firmen in jedem Fall, sagt er. Hohes ReputationsrisikoDie Deka verkauft Werte, wenn belastbare Vorwürfe vorliegen und sie sich nach Auffassung der Gesellschaft negativ auf das Unternehmen auswirken. Dazu zählt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Fondssparte Deka Investment, zum Beispiel Reputationsrisiken, hohe Klagesummen oder das fehlende Vertrauen in das Management. “Geldwäsche birgt ein enormes Reputationsrisiko, was über klassische monetäre Aspekte wie Strafzahlungen oder Abberufung von Vorständen hinausgeht.” Dabei sei Geldwäsche häufig als Frühindikator für falsch strukturierte Prozesse in Unternehmen zu betrachten. Um entscheiden zu können, wie im Fall des Falles vorzugehen ist, sei es wichtig, sich immer den gesamten Sachverhalt anzuschauen und für die Zukunft Risiken abzuschätzen.Die DWS betrachtet unter anderem das Verhältnis zwischen dem Marktanteil in den jeweiligen Ländern und dem länderübergreifenden Zahlungsstrom. Habe die Swedbank als größte Retailbank in Estland mit einem Marktanteil von etwa 40 % einen im Vergleich damit passenden Anteil an länderübergreifenden Zahlungen aufgewiesen, so sei das bei der Danske nicht der Fall gewesen: Hier hätten die erheblichen grenzüberschreitenden Zahlungen nicht mit dem geringen Marktanteil der in Estland übereingestimmt.Das und die Betrachtung der Aussichten der beiden Institute haben dann DWS-Finanzanalyst Tim Friebertshäuser zufolge zu der Entscheidung geführt, den Danske-Bestand in klassischen Fonds deutlich zu stutzen, Swedbank-Aktien aber unverändert im Portfolio zu belassen. In aktiv gemanagten ESG-Retailfonds hält die Gesellschaft nach eigenen Angaben keine Titel von Danske. Der Unterschied: Die Swedbank sei zukunftsfähig aufgestellt, digital, sehr profitabel und zumindest bis zum Aufkommen der Vorwürfe mit einem exzellenten Ruf versehen. “Wir gehen davon aus, dass Swedbank alles tun wird, um den Sachverhalt angemessen aufzuklären. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass in Skandinavien Nachhaltigkeit in der Gesellschaft eine viel größere Relevanz als in anderen Regionen Europas spielt”, berichtet Friebertshäuser. Verstöße gegen gesellschaftliche Normen würden dort stärker diskutiert und sanktioniert als andernorts. Korrespondenzbank im BlickNach Ansicht des ESG-Researchteams der AGI steht im Investmentprozess das Thema Geldwäsche besonders bei Finanzinstituten im Fokus, die über Exposures in Hochrisikoländern verfügen oder schon Gegenstand von Ermittlungen waren. Auch auf Korrespondenzbanken sieht das Team wachsenden Druck. Wie die anderen großen Fondsgesellschaften stehen die Analysten im Austausch mit Vertretern der Institute, in denen AGI investiert ist, diskutieren mit ihnen und versuchen, Risiken zu begrenzen.Kriterien, die bei der Risikoanalyse bezüglich Geldwäsche berücksichtigt werden, sind etwa der prozentuale Anteil von Erträgen, die eine Bank in Hochrisikostaaten erzielt, Prozesse zur Prüfung der Identität neuer Kunden (Know your Customer, KYC), aber auch die Qualität der Banken-IT, das Berichtswesen, Antigeldwäschetrainings der Belegschaft und die Art und Weise, wie das Thema von der Führungsriege behandelt wird. Geldwäscheaspekte hätten stets eine wichtige Rolle gespielt, die Materie sei für den Finanzsektor immer kritisch, heißt es von der AGI. In jüngster Zeit hätten jedoch die Behörden in Europa noch genauer hingesehen und jene aus den USA Strafen historischen Ausmaßes verhängt.