Bitcoin passt nicht zum Bankgeschäft
Bitcoin-Fürsprechern fällt es leicht, die zögerliche Einführung von Kryptoangeboten in der Kreditwirtschaft anzuprangern. Das „eine oder andere Jährchen“ seien die „Sparkassen-Bosse“ im Diskurs hinterher, schreibt „Bitcoinblog“. Kunden seien offensichtlich innovativer als Traditionshäuser, erklärt das Fintech Fair Alpha. Banken und Sparkassen „verschlafen“ den Kryptohandel, moniert die „Wirtschaftswoche“. Es gibt zwar bereits einige Bitcoin-Angebote, und zentrale Anbieter der Kreditwirtschaft – und zwar die S-Payment der Sparkassen sowie die DWP Bank – arbeiten an einem einheitlichen Konzept. Aber mit einer Einführung im Massengeschäft tut sich die Branche schwer – aus guten Gründen!
Bitcoin und viele andere Cyberdevisen sind unzweifelhaft spekulative Anlageobjekte. Sie müssen nicht, können aber nahezu ihren gesamten Wert verlieren. So sank Bitcoin seit seinem Allzeithoch im November 2021 ungefähr um die Hälfte und damit viel stärker als der breite Aktienmarkt. Da mag man noch so oft die Selbstverantwortung der Kunden hervorheben – wenn sich viele Menschen beteiligen, wird es immer Anleger geben, die zu viel riskieren und womöglich alles verlieren. Dann werden sie mit dem Finger auch auf die Banken und Sparkassen zeigen, die ihnen den Weg dorthin geebnet haben. Das ist ein Risiko für die Reputation.
Mit diesem berechtigten Anliegen dringen Vertreter der Kreditwirtschaft leider nicht immer durch. Das liegt zuweilen auch an der Rhetorik, mit der Bitcoin-Skeptiker in Medienberichten auftauchen. „Ein bisschen wie der Gang ins Spielcasino“, nannte DSGV-Präsident Helmut Schleweis demnach eine Geldanlage in Bitcoin, Bayerns Sparkassen-Präsident Ulrich Reuter fühlte sich an ein „Schneeballsystem“ erinnert. Damit schossen sie über das Ziel hinaus. Natürlich ist eine Investition in Bitcoin chancenreicher als ein Glücksspiel, wo Verluste über kurz oder lang garantiert sind, während Kryptowährungen langfristig auch steigen können. Kursgewinne setzen freilich eine um sich greifende Nachfrage voraus, ein betrügerisches Element wie in anderen „Schneeballsystemen“ ist damit aber nicht verbunden – auch wenn der Kryptomarkt für Betrugsfälle berüchtigt ist.
Cyberdevisen müssen also kein Teufelszeug sein, sofern Anleger das Risiko tragen können. Für Börsen und Broker hat sich hier längst ein Geschäftsfeld aufgetan. Das Leistungsversprechen einer Bank oder Sparkasse ist aber ein anderes als dasjenige eines Kryptohandelsplatzes: Die Kreditwirtschaft vermittelt belastbare Sparprodukte. Das macht ein Bitcoin-Angebot problematisch. In der regulären Beratung, und das sehen auch einige Befürworter eines Bitcoin-Angebots, sollten Kryptodevisen daher keinen Platz finden. Aber auch eine Lösung, die an das Girokonto anknüpft und so den Einstieg vereinfacht, bringt die Kreditwirtschaft in Erklärungsnot, sollten viele Menschen auf diese Weise ihre Ersparnisse verlieren.
Die Befürworter eines Bitcoin-Angebots führen an, dass auch andere Finanzprodukte zuweilen sehr riskant seien. Das stimmt, doch auch hier greift das Argument der Vorsicht. Gehebelte Zertifikate oder Differenzkontrakte zum Beispiel sind ebenfalls kein Teufelszeug, doch Banken und Sparkassen sollten sich davor hüten, diese Instrumente offensiv zu vermarkten. Aktien und Investmentfonds wiederum schwanken zwar auch, und sie können die Reputation der Finanzbranche belasten – man denke nur an den Zusammenbruch des Neuen Marktes und die Kursverluste in der Finanzkrise. Aber anders als bei Kryptowährungen steht der Wert von Aktien immerhin in Beziehung zu Gewinn und Dividende von Unternehmen. Es gibt auch gute Argumente für die Annahme, dass Aktien auf lange Sicht eine positive Rendite bieten, während bei Kryptowährungen eine Prognose viel schwieriger ist. Und auch Aktien und Fonds sind unverhältnismäßig riskant, sofern Anleger lediglich kurzfristig auf steigende Kurse wetten – zu solchen Spielen sollte die Kreditwirtschaft ihrer Kundschaft ebenfalls niemals raten.
Speziell bei Bitcoin kommt der immense Stromverbrauch beim Schürfen neuer Einheiten hinzu. Damit ist die Cyberdevise mit dem Ziel der Klimaneutralität schwer vereinbar, während einige andere Kryptowährungen weniger aufwendige Verfahren einsetzen. Aber Banken und Sparkassen müssen nicht auf das mittlerweile allgegenwärtige Ziel der Nachhaltigkeit verweisen, um ihre Skepsis gegenüber Bitcoin zu begründen. Ein flächendeckendes Angebot von Kryptowährungen kratzt bereits am traditionellen Selbstverständnis der Branche, die für eine solide Geldanlage stehen will.