Immobilienpreise

Blase? Nein!

Der enorm starke Anstieg der Wohnimmobilienpreise macht auch Marktkenner nervös – zu Recht! Eine Blase hat sich allerdings nicht aufgetan.

Blase? Nein!

Auch den Statistikern des Bankenverbands VDP ist der Anstieg der Wohnimmobilienpreise offenbar nicht geheuer: „Was geht ab?“, fragten die Analysten unlängst in einem Bericht, und Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt sieht angesichts eines rekordhohen Zuwachses von mehr als 11% binnen eines Jahres eine „außergewöhnlich hohe Dynamik“. Die Immobilienpreise überraschen auch Marktkenner.

Den Begriff einer „Blase“ eignet sich der Verband freilich nicht an, den Preisanstieg sehen Tolckmitt genauso wie die VDP-Analysten durch „fundamentale“ Triebfedern gestützt: Steigende Immobilienpreise sind bei ebenfalls aufwärts strebenden Mieten und zugleich fallenden Zinsen demnach keine Überraschung – und in der Tat wäre mit dem Markt etwas nicht in Ordnung, legten die Wohnhauspreise unter diesen Vorzeichen nicht zu. Bedenklich ist aber das Tempo des Anstiegs, das im Laufe der Jahre an Fahrt gewonnen hat und auch inflationsbereinigt gestiegen ist. Kletterten die Preise weiter wie bisher, würde sie sich alle sechseinhalb Jahre verdoppeln. Das kann nicht mehr lange so weitergehen!

Für den jüngsten Anstieg gibt es weitere Triebfedern, die temporär der Nachfrage nach Wohnobjekten Kraft verliehen haben. Dazu zählen das in der Pandemie neu angesparte private Geldvermögen und der im Lockdown aufgeschobene Wunsch nach der eigenen Immobilie vermutlich auch. Das Streben der Investoren nach einer Diversifikation im Portfolio oder ein falsches Vertrauen einiger Privatleute auf weiter steigende Preise haben womöglich ebenfalls die Entwicklung befördert, ohne dass sich an den „fundamentalen“ Triebfedern selbst etwas verändert hat. Skepsis war bei der Bewertung von Häusern schon immer angebracht, doch in der aktuellen Marktphase ist eine gewissenhafte Prüfung so wichtig wie schon lange nicht mehr.

Eine „Immobilienblase“ hat sich damit aber noch nicht aufgetan. Das Wort zog jüngst wieder Kreise, nachdem die Schweizer Großbank UBS insbesondere in Frankfurt, aber auch in München ein hohes „Blasenrisiko“ ausgemacht hat. Da die Metapher der Blase nicht nur eine heillose Überbewertung impliziert, sondern auch die Gefahr eines jähen Preissturzes, dürfte sie allerdings überzogen sein: Ein Zinsanstieg etwa würde den Aufschwung der Immobilienmärkte ausbremsen, nicht aber zu einem breiten Abverkauf der Wohnhäuser führen, solange die meisten Bankkunden den Zinssatz auf lange Sicht festgeschrieben haben, wie der VDP zu Recht festhält. Eine Übertreibung? Gut möglich! Eine Blase? Nein!

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