Trotz der drohenden Rezession hegt die französische Großbank BNP Paribas für den deutschen Markt ambitionierte Ziele. Wie Deutschlandchef Lutz Diederichs am Mittwoch bei einem Pressegespräch sagte, sieht der aktuelle Geschäftsplan für die kommenden Jahre bis 2025 ein durchschnittliches Nettoertragswachstum von 6% vor. In absoluten Zahlen ausgedrückt würde das bedeuten, dass der im abgelaufenen Jahr erzielte Nettoertrag von rund 2,2 Mrd. Euro bis 2015 auf gut 2,8 Mrd. Euro steigt.

„Der Vergleich von unseren Zahlen mit denen unserer hiesigen Wettbewerber ist naturgemäß ein bisschen schwierig, weil wir dann in der Regel Zahlen vom deutschen Markt mit globalen Zahlen vergleichen“, sagte Diederichs, dessen Haus indes selbst nur sehr selektiv Zahlen für einzelne Märkte veröffentlicht. Gleichwohl zeigte sich der Manager überzeugt, dass BNP Paribas in den vergangenen Jahren auf dem stagnierenden deutschen Markt überdurchschnittlich gewachsen sei. Nach eigenen Berechnungen hat das bereits seit 75 Jahren in Deutschland vertretene Institut von 2016 bis 2021 ein durchschnittliches Wachstum der Nettoerträge von 8,2% erzielt.

Auch mit Blick auf die Profitabilität stehe die BNP Paribas gut da, unterstrich Diederichs und verwies auf eine Aufwand-Ertrags-Quote von 55% im abgelaufenen Geschäftsjahr. „In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig, dass dies nicht das Ergebnis eines harten Sparkurses ist“, so der Manager, dessen Haus kürzlich einen schmucken Neubau nahe dem naturhistorischen Senckenberg-Museum im Frankfurter Stadtteil Bockenheim bezogen hat. Vielmehr sei die Kennziffer so niedrig, weil ihr Nenner das starke Ertragswachstum widerspiegele.

Die hohen Kosten, mit denen viele der oft filiallastigen Banken hierzulande arbeiten, treibt Branchenexperten seit Jahren um. So wies etwa die Sparkassen-Finanzgruppe für das vergangene Jahr trotz vieler Filialschließungen eine Aufwand-Ertrags-Quote von immer noch 65% aus. Bei der Deutschen Bank lag der Wert bei 84,6% und der Commerzbank bei 79,3%. Die DZ Bank, die kein klassisches Filialnetz unterhält, erreicht eine Kennziffer von knapp 59%.

Diederichs räumte ein, dass die Kennziffer eng mit dem Digitalisierungsgrad im Privatkundengeschäft verknüpft ist. So gelang es der ING Deutschland etwa, die hierzulande ebenfalls weder Filialen noch eine kostspielige Konzernzentrale unterhält, die Deutschland-Tochter von BNP Paribas mit einer Quote von 51,2% zu unterbieten.

Um im Privatkundengeschäft, auf das in Deutschland etwa ein Drittel der Erträge entfallen, zu wachsen, will BNP Paribas im kommenden Jahr mit der in Frankreich bereits aktiven Billigbank „Nickel“ an den Start gehen. „Es handelt sich um ein besonders niedrigschwelliges Angebot für Menschen, die über keine Bankverbindung verfügen“, sagte Diederichs. Die Bank ziele etwa auf Menschen, die in prekären Verhältnissen leben und die zum Beispiel Dienstleistungen erbrächten, die in bar entlohnt werden. „Da ist es auch eine Frage der Sicherheit, wo dieses Geld aufbewahrt wird.“

Um den Menschen die Scheu vor der Kontoeröffnung in der Filiale zu nehmen, will BNP Paribas das Netz der Lottofilialen nutzen. Obwohl dieser Kundengruppe wahrscheinlich eher keine hohen Gebühren aufzubürden seien, sei das Nickel-Geschäft in Frankreich lukrativ. „Der deutsche Markt ist strukturell ähnlich, bietet aber ein höheres Kundenpotenzial“, ergänzte er. Jeweils etwa ein Drittel der Erträge entfallen auf das kapitalmarktnahe Corporate & Institutional Banking, ein weiteres Drittel auf das Firmenkundengeschäft. Hier lägen die Wachstumschancen in der Nähe zum deutschen Mittelstand, weshalb BNP Paribas bewusst auch in ländlichen Regionen vertreten sei: „Wir sehen uns nicht als Auslandsbank, sondern als europäische Bank in ihrem deutschen Heimatmarkt.“