Börse Stuttgart weitet Nulltarif aus
spe Stuttgart
Die Börse Stuttgart schafft zum neuen Jahr neben ihrem seit 1999 bestehenden Handelssegment für verbriefte Derivate Euwax ein Subsegment namens Easy Euwax, in dem die börslichen Transaktionsentgelte entfallen. „Wir wollen damit ein Level Playing Field im Markt für strukturierte Wertpapiere schaffen, in dem börslicher Handel zu außerbörslichen Transaktionsbedingungen angeboten wird“, sagte Dragan Radanovic, Chief Business Officer der Gruppe Börse Stuttgart. Stuttgart gilt mit einem Umsatz von 42,3 Mrd. Euro, hochgerechnet für 2022, als börslicher Marktführer im Handel mit verbrieften Derivaten wie Optionsscheinen, Knock-out-Produkten oder Anlagezertifikaten.
Auf Easy Euwax hat Morgan Stanley als erster Emittent seine Produkte gelistet. Damit umfasst das Segment zum Start rund 220000 derivative Hebel- und Anlageprodukte, allerdings nur von einem Emittenten. Zudem ist der Online-Broker Comdirect als Kooperationspartner von Morgan Stanley bei Easy Euwax eingebunden: Bei Orders, die über Comdirect für in Easy Euwax gelistete Produkte aufgegeben werden, fallen für Anleger weder Börsenentgelte noch Broker-Gebühren an, hieß es seitens der Börse. Dabei verzichtet die Börse auf die Transaktionsentgelte, erhöht aber gleichzeitig ihre Listinggebühren.
Das wegfallende Transaktionsentgelt schlägt für Endkunden bisher bei Anlageprodukten bis 1 100 Euro mit null und darüber mit 0,95 Euro, aber maximal 11,90 Euro zu Buche. Bei Hebelprodukten liegt der Cap bei 15,80 Euro. Dagegen beträgt für die Emittenten die Listinggebühr bei verbrieften Derivaten bisher 250 Euro pro Produkt bis zu einer Obergrenze von 50000 Euro pro Jahr. Danach liegt die Listinggebühr pro Produkt im Durchschnitt nur noch bei 40 Cent. Bei Easy Euwax schlagen neue Listingplatzgebühren zu Buche. Sie betragen inklusive technisch bedingter Gebühren zwischen 3 Euro und 4,50 Euro pro Produkt ohne Obergrenze. Damit soll der Wegfall der Transaktionsgebühren nach dem Kalkül der Börse teilweise kompensiert werden.
Gleichzeitig erwartet die Börse, dass die Kick-backs, die Online-Broker wie die Comdirect im außerbörslichen Direkthandel von Emittenten erhalten, auch für Trades auf Easy Euwax bezahlt werden. Parallel dazu ist mit der Comdirect vereinbart, dass dem Endkunden weder Broker Fee noch das eingesparte Börsenentgelt in Rechnung gestellt wird. Sobald es im außerbörslichen Bereich derartige Vereinbarungen über Zuwendungen oder Kick-backs seitens des Emittenten an einen Orderflow-Provider (OFP), also ein Online-Broker bzw. eine Bank, gibt, sollen diese auch für Easy Euwax gelten. Dies definiert die Börse als ihre „Intention“ und nicht als feste Bedingung.
Dass das Modell Erfolg haben werde, davon ist man bei der Börse Stuttgart überzeugt. „Wir gehen davon aus, dass weitere Emittenten und mit ihnen auch Orderflow hinzukommen werden,“, sagt Radanovic. Auf Dauer dürften die Umsätze auf Easy Euwax die der Euwax übertreffen, so sein Kalkül. Damit hofft die Börse, zumindest einen Teil des Geschäfts, das in den vergangenen Jahren in den außerbörslichen Handel abgewandert ist, zurückgewinnen zu können. Schätzungen zufolge finden mindestens zwei Drittel, wenn nicht gar drei Viertel des Handels mit verbrieften Derivaten außerbörslich statt.
Um als Börse aber die Weiterentwicklung des Marktes aktiv mitzugestalten, bedarf es einer kritischen Masse an Orders, die Stuttgart zu verlieren droht. „Hier streben wir eine Trendumkehr an“, so Radanovic. Seit Gründung der Euwax dient das Segment den 15 dort aktiven Emittenten als börslich überwachte Vertriebsplattform und den Anlegern als Tor zum Einstieg. Der Markt für verbriefte Derivate wie Optionsscheine, Knock-outs und Anlagezertifikate ist eine Art Daueremissionsmarkt, der aktuell an der Euwax 1,6 Millionen Produkte umfasst. Der scharfe Wettbewerb zwischen den Emittenten, der eher noch zunehmen dürfte, trägt dazu bei, dass Anleger faire Preise erwarten können.