„XTB wird zum Vollservice-Broker ausgebaut“
IM GESPRÄCH: JENS CHRZANOWSKI
„XTB wird zum Vollservice-Broker ausgebaut“
Deutschland-Chef skizziert seine Pläne
für neue Strategie
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Als Spezialist für CFD- und Währungskontrakte 2002 in Warschau gegründet, ist XTB auch schon lange auf vielen europäischen Märkten inklusive Deutschland tätig – aber eher nur in der Nische bekannt. Das soll sich mit einer bereits begonnenen Strategieerweiterung ändern: „XTB wird zum Vollservice-Broker ausgebaut und soll als Investmentplattform alles Wesentliche bieten, damit Kunden ihr Geld arbeiten lassen können“, so XTB-Deutschland-Chef Jens Chrzanowski im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Zum Sortiment gehören Aktienhandel und ETF-Sparpläne, was über die App und auf dem Desktop läuft. Die Infrastruktur dafür hat XTB bereits aufgebaut und kann dies dementsprechend mit geringen Prozesskosten skalieren. „Mehr als die Hälfte der weltweiten Mitarbeiter ist bei uns im IT-Bereich ‚Product and Technology‘ tätig, was zeigt, dass dies für XTB als digitaler Finanzdienstleister ein strategisches Investment ist. Deshalb sehen wir uns selbst auch als Fintech“, so Chrzanowski.
Jens ChrzanowskiWir sind selbstbewusst und ehrgeizig – wir trauen uns ab 2025 in Deutschland ein Neukundenwachstum von Minimum 50% plus X jährlich zu.
In der Gebühren- und Verzinsungslandschaft kann sich XTB weit vorn einordnen, was das Neukundengeschäft auf Konzernebene mit einem Plus von 24% (129.000 Neukunden) im ersten Quartal beflügelte. „XTB hat jetzt über 1 Million Kunden, wovon 378.000 als aktive Kunden gelten mit mindestens einer Transaktion im Quartal. Wir sind selbstbewusst und ehrgeizig – wir trauen uns ab 2025 in Deutschland ein Neukundenwachstum von Minimum 50% plus X jährlich zu.“ Bei der Guthabenverzinsung auf den Referenzkonten verfährt XTB analog zu Trade Republic und leitet tagesgeldähnlich durch – derzeit mit 4,2% sogar mehr als Trade Republic, die EZB-Zinsbewegungen sofort umsetzt. Der XTB-Zins solle stabil bleiben, aber kleine Veränderungen könne es bei jedem Anbieter einmal geben, sagt der Deutschland-Chef.
Gestaffelte Einlagensicherung
Bei der Einlagensicherung ist XTB, die im ersten Quartal Erlöse von knapp 129 Mill. Euro weltweit erzielte, so aufgestellt: In Deutschland sind Guthaben wie üblich bis 100.000 Euro in der Einlagensicherung abgedeckt, wobei man auf der Cash-Seite über J.P. Morgan in Frankfurt geht. In CFDs investierte Gelder sind gestaffelt abgesichert. Zu 100% bis 3.000 Euro und zu 90% bis 20.000 Euro. Die Regulierung für die CFD-Branche wurde europaweit über die Jahre immer weiter verschärft.
Kampagne kommt im Herbst
„Das CFD-Geschäft bleibt in der Übergangsphase noch länger das Brot-und-Butter-Geschäft. Aber wir wollen mit dem vollen Roll-out des Geldanlage-Portfolios dann wirklich zusätzlich den Massenmarkt erobern, wofür wir im deutschen Geschäft bei den Erträgen ein jährliches Wachstum von mindestens 30% veranschlagen.“ Flankiert wird das ab Herbst von einer Fintech-inspirierten Markenkampagne mit Plakatierungen, die den Claim „Where your money works“ transportieren.
Die frechen Kampagnen von Revolut, Trade Republic und Scalable Capital darf man wohl als erfolgreich werten – unter anderem, weil sich diese (neben der urbanen Sichtbarkeit) auch von den Kunden selbst gut über Social Media vermarkten lassen. So reckte Real Madrid zu Hause den Champions-League-Pokal mit Blick auf eine Trade-Republic-Werbefläche in die Höhe – was dann ordentlich Reichweite gewann. So viel Glück hat man aber auch nicht alle Tage, wenn man eine Marketingkampagne aufsetzt.
Neobroker haben Geldanlage zugänglich gemacht
Die Kapitalstärke für Investitionen hat XTB als börsennotierte Gesellschaft mit einer Marktkapitalisierung von umgerechnet gut 1,9 Mrd. Euro. Die von Chrzanowski identifizierten Marktopportunitäten in Brokerage und Geldanlage werden von den Ergebnissen einer aktuellen Oliver-Wyman-Studie untermauert. Demnach liegt der Marktanteil der Neobroker bei den Wertpapiertransaktionen inzwischen (Ende 2023) bei 40%, ein Drittel aller Aufträge entfällt auf Sparpläne.
Von den Erträgen entfallen aber erst 15% auf die Neobroker – es liegt auf der Hand, dass da Spielraum für die Anbieter von Trading- und Altersvorsorge-Produkten ist.
Von Frankfurt nach Berlin umgesiedelt
Ihre Neuausrichtung hat XTB auch mit dem Umzug der deutschen Belegschaft von Frankfurt nach Berlin untermauert. Dort sind die Fintech-orientierten Spezialisten zu finden. Und Chrzanowski war die Zustände im Frankfurter Bahnhofsviertel einfach leid – ein Frust, den er mit vielen aus der hiesigen Finanzbranche teilt. Chrzanowski ist seit über 20 Jahren beruflich immer mit der Börse verbunden gewesen, seien es frühere Stationen beim Broker Admiral Markets, bei FXCM, Etrade oder der Deutschen Bank.
Jens ChrzanowskiXTB kann sich womöglich am besten als ‚Onlinebroker-Fintech‘ positionieren, irgendwo zwischen den klassischen Brokern und den Neobrokern.
Bei XTB ist er seit Ende 2022 und leitet die Geschicke der deutschen Niederlassung nun also von Berlin aus, direkt am Kurfürstendamm gelegen: „XTB kann sich womöglich am besten als ‚Onlinebroker-Fintech‘ positionieren, irgendwo zwischen den klassischen Brokern und den Neobrokern. Neobroker sind günstig und einfach – ab und zu fehlen mit der Einfachheit aber fortgeschrittene Features. Genau diese fehlende Position besetzt XTB.“
Zukäufe stehen für XTB zunächst nicht auf der Agenda, man wolle organisch wachsen, sagt Chrzanowski. „Wir wollen beim Preis überzeugen und glauben, dass wir so mehr erreichen können, als wenn wir Kunden kaufen würden.“
Der Broker XTB erweitert sein Sortiment um Aktienhandel und ETF-Sparpläne, die Richtung ist klar: „XTB soll als Investmentplattform alles Wesentliche bieten, damit Kunden ihr Geld arbeiten lassen können“, so XTB-Deutschland-Chef Jens Chrzanowski im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.