CFTC nimmt Goldpreise ins Visier
Nach dem Schock um Absprachen beim Libor-Zinssatz droht dem Finanzplatz London der nächste Manipulationsskandal. Die amerikanische Terminbörsenaufsicht CFTC untersucht nach Informationen des “Wall Street Journal” die Preisfindung für physisches Gold und Silber. In der Theorie sind Manipulationen hier noch leichter möglich, da weniger Banken beteiligt sind. An den Preissetzungstreffen für Silber nehmen drei Institute teil, bei Gold sind es fünf. Jeweils mit von der Partie sind Deutsche Bank, Bank of Nova Scotia und HSBC.Von Sebastian Schmid, New York Die US-Terminbörsenaufsicht Commodity Futures Trading Commission (CFTC) geht nach dem Libor-Zinsbetrug nun offenbar auch einem Manipulationsverdacht bei Gold- und Silberpreisen nach. Der Preis für die Edelmetalle wird in London jeweils auf vergleichbare Weise wie der Interbankenzinssatz Libor festgelegt. Eine Gruppe von Händlern kommt zusammen und verständigt sich auf einen Preis für die Unze physischen Goldes bzw. Silbers. Während beim Interbankenzinssatz Libor aber immerhin 16 Bankenvertreter zusammenkommen, sind es bei Silber nur drei und bei Gold fünf Händler, die sich zweimal täglich treffen.Das “Wall Street Journal” berichtet zwar, dass bislang noch keine formelle Untersuchung der CFTC eingeleitet wurde und lediglich die Transparenz des Preisfindungsverfahrens für Gold und Silber überprüft werde. Angesichts einer wesentlich kleineren Gruppe beteiligter Banken erscheint die Manipulationsgefahr im Vergleich zum Libor von außen betrachtet allerdings sogar noch größer. “Wir wurden Zeugen unverfrorener und schamloser Manipulationen von Kennziffern”, erklärte etwa Brad Chilton, demokratisches Mitglied im fünfköpfigen CFTC-Ausschuss, in einer Diskussionsrunde in Washington Ende Februar zum Zinsskandal. “Der Gedanke, dass durchgängige oder versuchte Manipulation so weit verbreitet ist, sollte uns alle die Richtigkeit anderer Schlüsselbewertungen hinterfragen lassen. Was ist mit Energiepreisen, Swaps, Gold- und Silberquotierungen sowie der ganzen Litanei an ,-bors”`, fragte Chilton und forderte, “jede einzelne Kennziffer” müsse überprüft und möglicherweise einer genauen Untersuchung unterzogen werden. Milliardenstrafen drohenChilton kündigte damit die nun offenbar im Anfangsstadium befindlichen Untersuchungen bereits vor einigen Wochen an. Ein akuter Anlass für die Aktion der CFTC bestehe derweil nicht, ist von Insidern zu vernehmen. Die Strafen für die beteiligten Banken dürften bei der Aufdeckung betrügerischen Verhaltens sehr hoch ausfallen. Bei der Libor-Manipulation haben sich bislang drei Banken mit mehreren Aufsichtsbehörden dies- und jenseits des Atlantiks auf Zahlungen von Strafen in Höhe von insgesamt 2,5 Mrd. Dollar verständigt – darunter Barclays, die wegen frühzeitiger Unterstützung der Behörden einen Strafnachlass erhielt. Gegen mehr als ein Dutzend Finanzinstitute – darunter auch die Deutsche Bank – wird derweil gegenwärtig noch ermittelt. Der Handel mit den Edelmetallen selbst ist zwar überschaubar. Das Geschäftsvolumen, das von den Gold- und Silbernotierungen abhängt, beträgt aber mehrere hundert Milliarden Dollar. Allein die US-Geschäftsbanken hatten per 30. September 2012 knapp 200 Mrd. Dollar an ausstehenden Kontrakten mit Bezug auf die Edelmetalle in ihren Büchern. Zudem haben die in London festgesetzten Edelmetallnotierungen Einfluss auf die Verkaufspreise von Edelmetallproduzenten und Juwelieren.Ein Faktor, der die Manipulation des Libor begünstigt haben dürfte, fällt indes beim Gold- und Silbermarkt eher nicht ins Gewicht. Der Interbankenzinssatz ließ sich über längere Zeit nicht mit tatsächlich gezahlten Zinssätzen vergleichen, weil der Interbankenmarkt in der Finanzkrise praktisch zum Erliegen gekommen war. Ohne reales unterliegendes Geschäft konnten fiktive Quotierungen wesentlich leichter verkauft werden. Allerdings erklärte CFTC-Chairman Gary Gensler noch Anfang des Monats, dass die Integrität der Libor-Erhebung bis zum aktuellen Tag in Frage stehe. Der ehemalige Goldman-Sachs-Banker steht seit 2009 an der Spitze der CFTC, die auch eine führende Rolle bei der Aufklärung des Libor-Skandals spielte. Gensler plädiert schon seit Längerem dafür, dass zentrale Marktkennziffern wie der Libor-Zinssatz nur auf tatsächlichen Transaktionen, nicht aber auf Schätzungen einzelner Marktteilnehmer basieren sollten.Weder die an der Gold- und Silberpreisfindung beteiligten Banken noch die CFTC waren zunächst für eine Stellungnahme zu erreichen.