China lockt Versicherer in den Aktienmarkt

Aktienanlagequote wird auf 45 Prozent angehoben - Institutionelle Gelder sollen Börsen verstetigen

China lockt Versicherer in den Aktienmarkt

nh/bn Schanghai/Frankfurt – Vor dem Hintergrund eines zuletzt besonders wilden Ritts an den chinesischen Aktienbörsen will die Banken- und Versicherungsaufsichtsbehörde China Banking and Insurance Regulatory Commission (CBIRC) den heimischen Versicherungskonzernen mehr Freiräume zu einem Engagement am Aktienmarkt geben. Einer Mitteilung des Regulators zufolge wird der Großteil der Versicherungskonzerne des Landes künftig bis zu 45 % ihrer Aktiva in Aktien anlegen dürfen.Für die Berechnung maßgeblich ist dabei das am Ende des jeweiligen Vorquartals registrierte Gesamtvolumen der Aktiva. Bislang war die Aktienanlagequote für die chinesischen Versicherer durchgehend auf 30 % der Gesamtaktiva beschränkt. Was wiederum Einzelengagements bei börsennotierten Unternehmen angeht, dürfen die Versicherer künftig Beteiligungen von maximal 10 % des gesamten Kapitals dieser Gesellschaften eingehen. Damit soll unter anderem einer Klumpenrisikoproblematik begegnet werden. Gleichzeitig wollen die Regulatoren – nach schlechten Erfahrungen zur Dekadenmitte mit Adressen wie Anbang Insurance – verhindern, dass windige private Versicherer mit via Lebenspolicen vereinnahmten Geldern auf Akquisitionstour im In- und Ausland gehen oder unfreundliche Takeover-Offerten starten. Weckruf für StaatskonzerneDie Maßnahme des Regulators ist in erster Linie ein Aufruf an die Adresse der zahlreichen staatskontrollierten Versicherer im Reich der Mitte, ihr als behäbig geltendes Kapitalmarktengagement zu vitalisieren. Während man in westlichen Ländern eher auf die Gefahren einer hohen Aktieninvestmentquote von Versicherungskonzernen abstellt, scheinen bei chinesischen Finanzmarktlenkern gegenwärtig andere Motive im Vordergrund zu stehen.Chinas Aktienmärkte, die zuletzt eine Hausse mit heftiger Korrektur am Donnerstag durchgemacht haben, werden in erster Linie vom erratischen Marktverhalten privater Kleinanleger dominiert. Damit gilt ein beherzterer Einstieg von langfristig orientierten institutionellen Anlegern, wie sie Versicherungskonzerne typischerweise abgeben, vor allem auch als Maßnahme zur Verstetigung des Börsengeschehens und damit der Eindämmung von Marktrisiken.Für die meisten Versicherer in Deutschland und Europa sind starre Vorgaben für den Aktienanteil an ihren Kapitalanlagen mit Einführung des Regelwerks Solvency II entfallen. Seit 2016 gelten stattdessen qualitative Anforderungen. Versicherer dürfen demnach nur in Anlagen investieren, “deren Risiken sie angemessen erkennen, messen, überwachen, managen, steuern und berichten sowie bei der Beurteilung ihres Gesamtsolvabilitätsbedarfs angemessen berücksichtigen können”, wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf Anfrage mitteilt. Der in Aktien steckende Anteil der Kapitalanlagen dürfte sich gleichwohl auf einen mittleren prozentualen einstelligen Prozentsatz beschränken. So lag der Prozentsatz im Fall der deutschen Lebensversicherer, die einen Großteil der Kapitalanlagen der Branche auf sich vereinigen, Ende vergangenen Jahres laut BaFin bei 4,9 %. Dabei entfiel 4,7 % des gesamten Exposures auf indirekt gehaltene Dividendentitel. Die Anlagefreiheit bestehe unter den Bedingungen erhöhter Eigenverantwortung, höherer Anforderungen ans Risikomanagement und der Eigenmittelunterlegung, erläutert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Das Risiko werde insbesondere dadurch begrenzt, dass die Versicherer, anders als unter Solvency I, ihre Aktienbestände mit Eigenmitteln unterlegen müssten. Für Anlagen in Aktien sehen die Anforderungen dabei einen Kapitalaufschlag vor, wie die EU-Versichererbehörde EIOPA erklärt.Für Pensionskassen, Pensionsfonds und kleine Versicherer, die nicht unter Solvency II fallen, gelten in Deutschland weiterhin die Vorgaben der Anlageverordnung, die zuvor auch für die Dickschiffe der Branche einschlägig waren.Das entsprechende Rundschreiben der BaFin zu diesem nicht risikobasierten Aufsichtssystem sieht dabei sehr wohl eine harte Obergrenze vor: Direkt und indirekt gehaltenen Anlagen unter anderem in Aktien, Genussrechten sowie Forderungen aus nachrangigen Verbindlichkeiten und Beteiligungen, also das gesamte Risikokapital, darf maximal 35 % des Sicherungsvermögens eines Versicherers betragen.