Chinas Bankaufsicht warnt vor Risiken im Realkreditgeschäft

Immobilienboom im Reich der Mitte löst Unbehagen aus - Neue Formen von Schattenbanken-Finanzierungen

Chinas Bankaufsicht warnt vor Risiken im Realkreditgeschäft

Von Norbert Hellmann, SchanghaiDer laufende Immobilienboom und überhitzende Wohnungspreise in chinesischen Großstädten sorgen auch bei Chinas Finanzregulatoren zunehmend für Unbehagen. Seitens der Bankenaufsichtsbehörde China Banking Regulatory Commission (CBRC) wird ein neuer Warnruf vom Stapel gelassen. Im heimischen Kreditgewerbe müsse eine umfassende Stärkung der Risikokontrollmechanismen eingeleitet werden, um aufkommenden Finanzstabilitätsrisiken zu begegnen, heißt es in einer Mitteilung der Behörde. Gewaltiger KreditschwappHintergrund für die Sorgen des chinesischen Bankenaufsehers ist ein auffälliger Kreditvergabeschwapp in den vergangenen Monaten, der sich in erster Linie in herkömmlichen Hypothekenkrediten, aber auch in Wohnungsfinanzierungen über weniger geregelte Schattenbankkanäle zu ergießen scheint. Tatsache ist, dass die chinesischen Geschäftsbanken im laufenden Jahr ihre Kreditvergabeaktivität in erster Linie auf Hypothekengeschäft mit Privaten, aber auch auf gewerbliche Immobilienfinanzierungen fokussieren. In der ersten Jahreshälfte wurden die Hypothekenkredite chinesischer Großbanken mehr als verdoppelt. Seit August machen die Wohnungsfinanzierungen über 70 % der gesamten Neukreditvergabe im chinesischen Bankensystem aus, was den höchsten jemals registrierten Anteil bedeutet (siehe Grafik).Abgesehen davon, dass man nun eine zu rasche immobilienbezogene Risikokonzentration in den Kreditbüchern befürchten muss, die im Falle einer Wende am Wohnungsmarkt für heftige Ausfälle sorgen könnte, macht sich auch Unruhe über das verdeckte Exposure via Schattenbanken-Finanzierungen breit. Insbesondere Letzteres ist den Regulatoren ein Dorn im Auge, zumal in China eine enge Verquickung von Schattenbanken-Aktivitäten mit Refinanzierungen über Geschäftsbanken vorkommt. Seitens der CBRC heißt es, man erwäge neue Restriktionen für die Kreditvergabe im Immobiliensektor und werde Immobilienfonds und Investmentvehikeln, die die als Wealth Management Products (WMP) bezeichneten – meist hochverzinslichen – kurzfristigen Anlageprodukte für private Kunden verantworten, stärker auf die Finger schauen. Zuvor hatte bereits der Chef der CBRC, Shang Fulin, gewarnt, dass zahlreiche Kreditinstitute ihre Refinanzierung zu stark auf Interbankkanäle anstatt auf herkömmliche Termin- und Spareinlagen verlegen (vgl. BZ vom 22. September). Außerbilanzielle VerpackungRatingagenturen monieren immer wieder, dass zahlreiche chinesische Banken mit ihren Mittelaufnahmen vor allem Investments bei Immobilien und Unternehmensanleihen tätigen, während riskante Kreditvergaben außerbilanziell erfolgen beziehungsweise in Zusammenarbeit mit Schattenbanken als WMP-Vehikel verpackt werden. Wie aus jüngsten Kreditvergabe-Statistiken der Zentralbank hervorgeht, sind etwa 30 % der immobiliensektorbezogenen Kreditvergabe-Aktivität auf Schattenbanken zurückzuführen.Für Unbehagen sorgt die Beobachtung, dass sich neben den als Trust Companies bezeichneten offiziellen Schattenbanken verstärkt auch andere Adressen in den Kreditkreislauf einschalten und sich dabei in einer rechtlichen Grauzone bewegen. So sieht man beispielsweise Immobilienmakler, die selbstverständlich keine Berechtigung für Bankgeschäfte haben, versteckte Kredite gewähren beziehungsweise arrangieren, die es den Wohnungskäufern ermöglichen, ihre mindestens geforderten Anzahlungsraten für den Objekterwerb und die nachgelagerte Hypothekenfinanzierung zu stemmen.Dies ist ein besonders sensibles Thema, weil zahlreiche Stadtverwaltungen zur Eindämmung der Spekulationswelle am Immobilienmarkt die Restriktionen für den Erwerb von Zweit- oder Drittobjekten und die dabei involvierten Mindestauflagen für Kreditanzahlungen verschärft haben. Gleichzeitig sieht man auch Immobilienentwickler ins Geschäft mit Realkreditfinanzierungen einsteigen und sich ihrerseits über Bondrefinanzierungen immer höher verschulden. Dubiose KonsumkrediteAnalysten warnen mittlerweile vor Engagements im chinesischen Immobiliensektor und vor der Gefahr einer neuen, diesmal immobilienbezogenen Kreditausfallswelle bei chinesischen Geschäftsbanken. Diese haben auch jenseits von außerbilanziellen Finanzierungen mit zunehmend laxen Kreditvergabepraktiken von sich reden gemacht. So ist es ein offenes Geheimnis, dass zahlreiche Institute mittlerweile bereit sind, ihren Kunden äußert hohe unbesicherte “Konsumkredite” zu gewähren, wohl wissend, dass diese Gelder derzeit von den Privaten dazu verwendet werden, Anzahlungsraten für Immobilienkäufe zu stemmen.