Citi will in zwei Jahren 200 deutsche Commercial-Banking-Kunden gewinnen
Im Gespräch: Raphael Doerling und Stefan Hafke
Ziel für die nächsten zwei Jahre sind 200 Kunden
20 Mitarbeiter, 70 aktive Kunden, 1.000 Zielkunden und große Pläne: Citi-Banker Raphael Doerling greift im deutschen Commercial Banking an
Vor etwas mehr als einem Jahr hat die Citigroup ihr Commercial Banking in Deutschland offiziell gestartet. Seitdem hat sich im Geschäft mit kleineren mittelständischen Firmenkunden einiges getan, wie Citi-Deutschlandchef Stefan Hafke und Raphael Doerling im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erzählen. Der im März 2021 von der ING zu Citi gestoßene Doerling hat das Geschäftssegment samt Team von null aufgebaut. War er zunächst eine One-Man-Show, wuchs Doerlings Team bis Ende 2022 auf fünf Mitarbeiter an. Ende dieses Jahres werden es dann 20 sein – alles reine Kundenbetreuer und Kreditanalysten hier vor Ort, wie Doerling betont.
Raphael Doerling, Citi DeutschlandGerade haben wir knapp 70 aktive Kunden, die wir hier aus Deutschland betreuen.
Die Kundenzahl im deutschen Commercial Banking habe Citi hat in diesem Jahr mehr als verdoppelt. „Gerade haben wir knapp 70 aktive Kunden, die wir hier aus Deutschland betreuen“, so Doerling. Anfang des Jahres seien es noch 30 gewesen. Das Ziel für die nächsten beiden Jahre seien dann 200 Kunden, die Citi aus Deutschland heraus global betreuen möchte. „Wenn wir dieses Ziel schon bis Ende 2024 schaffen, ist das auch gut“, so Doerling.
Citi vervielfacht Erträge im Commercial Banking
Zu den genauen Ertragszahlen von Citi mit deutschen Commercial-Banking-Kunden wollen sich die beiden Citi-Banker nicht äußern. „Ende dieses Jahres sind wir beim achtfachen Wert des Vorjahres“, sagt Doerling, der in seinem Geschäftsfeld ertragsseitig weiterhin Wachstumsraten von 100% und mehr erwartet. Laut Deutschlandchef Hafke steht das Commercial Banking Ende des Jahres bei den Erträgen kommend von null in etwa bei 10% von dem, was Citi mit bestehenden Kunden im Corporate-Bereich verdiene.
Renditeziel 11 bis 12 Prozent
Über alle Produkte und Geschäftsbereiche hinweg hat Citi weltweit laut Hafke ein Gesamtrenditeziel von 11 bis 12% ausgegeben, das die Bank derzeit nicht erreicht. „Jetzt ist natürlich gerade der Produktmix mit dem Cash Management einer, der normalerweise deutlich darüber liegt“, so Hafke. Laut Doerling ist das sicherlich einer der Gründe, weshalb Citi in den Wachstumsplänen einen Schwerpunkt aufs Commercial Banking legt – und das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Westeuropa.
Raphael Doerling, Citi DeutschlandWenn ich nur grob screene, dann komme ich wahrscheinlich auf über 1.000 Kunden, die in unseren Zielmarkt fallen.
Der aktuelle Marktanteil im deutschen Commercial Banking ist mit 70 Kunden noch überschaubar. Doerling sieht aber das Potenzial, auf einen bedeutenden Wert zu wachsen. „Mehrere Prozentpunkte sollten schon das Ziel sein“, sagt Doerling. Es ergebe einfach Sinn, in diesen Markt zu investieren, da er enorm breit gefächert sei. „Wenn ich nur grob screene, dann komme ich wahrscheinlich auf über 1.000 Kunden, die in unseren Zielmarkt fallen“, sagt Doerling.
Citi will auch traditionelle Mittelständler
Künftig soll das Kundenportfolio mehr „traditionelle“ Mittelständler umfassen. Gestartet ist Citi im deutschen Commercial Banking laut Doerling mit Kunden aus dem Bereich Digital High Growth, also junge Technologieunternehmen, die besonders schnell und international wachsen möchten. Als Beispiel dafür nennt Doerling die digitale Touren- und Erlebnisplattform Get Your Guide, deren weltweite Zahlungen Citi abwickle.
Von den derzeit 70 Kunden seien aktuell knapp über die Hälfte noch Digitalkunden.
Von den 200 Zielkunden Ende 2025 sollen 130 aus dem traditionellen Mittelstand kommen. „Aber da sind wir flexibel. Wenn wir aufgrund von externen Faktoren mehr auf der einen Seite reinbekommen als auf der anderen, dann ist das halt so“, sagt Doerling. Als Beispiel für einen traditionellen Mittelstandskunden nennt Doerling die Wuppertaler Coroplast-Gruppe – ein Automobilzulieferer, der Klebebänder, Kabel und Kabelstränge herstelle und aktuell rund 700 Mill. Euro Umsatz mache, über die nächsten Jahre aber auf dem Weg in Richtung Milliarde sei. „Für sie werden wir das komplette internationale Cash Management machen“, sagt Doerling. Darüber hinaus will Citi in einem nächsten Schritt das Fremdwährungsmanagement von Coroplast vollautomatisieren.
Zur Not gibt’s auch Kredit
Wie schon im Corporate Banking, wo Citi große, multinationale Konzerne betreut, baut die Bank auch ihre Geschäftsbeziehungen mit Mittelständlern nicht auf dem Kreditgeschäft auf. Anders als so manch andere Auslandsbank in der Vergangenheit will Citi deutsche Mittelständler nicht mit dem Kredit locken, um dann zu hoffen, dass daraus irgendwann eine profitable Geschäftsbeziehung wird. Das heißt nicht, dass die US-Amerikaner ihre Bilanz überhaupt nicht hergeben. Auch Citi ist bereit, in eine Geschäftsbeziehung zu investieren. „Wir wollen Kredit verfügbar machen für Kunden, die mehr nutzen als nur den Kredit“, sagt Doerling.
Stefan Hafke, Citi DeutschlandCiti ist die verbleibende globale Bank, würde ich sagen.
Vor allem hat es die Bank auf das internationale Geschäft der Firmenkunden abgesehen. Hier gibt sich die Bank selbstbewusst: „Citi ist die verbleibende globale Bank, würde ich sagen“, sagt Hafke und führt die Niederlassungen in 95 Ländern ins Feld, von denen aus 160 Länder betreut würden. „Wenn ein Mittelständler in Kasachstan, Tunesien oder Paraguay aktiv ist, gibt es keine andere westliche Bank, die da ist und sie betreut“, ergänzt Doerling. Im Schnitt begleite Citi deutsche Kunden in mehr als 80 Länder.
70 Prozent der Erträge kommen aus dem Cash Management
Im Commercial Banking stammen dieses Jahr laut Doerling rund 70% der Erträge aus dem Cash Management – mit einer Kombination aus Zins- und Provisionseinnahmen. Wenn Citi das weltweite Cash Management von Kunden abwickelt, kann die Bank mit den zwischengelagerten Kundengeldern arbeiten. Da diese Einlagen sogenannte operative Einlagen sind, können Kunden diese zudem deutlich schwerer abziehen als Sichteinlagen. Derzeit können Banken dank der Zinswende Gelder beispielsweise risikofrei zu 4% bei der EZB anlegen.
In einem Jahr mit deutlich mehr Kapitalmarktaktivität ist im Ertragsmix der Citi aber auch deutlich mehr Provisionsgeschäft dabei. So berät Citi deutsche Start-ups beispielsweise bei Finanzierungsrunden oder begleitet sie bei Börsengängen. Laut Doerling reicht es Start-ups am Anfang aber oft schon aus, wenn sie eine Bank für 20 Länder haben, anstatt 20. „Wo Citi ist und eine Vollbanklizenz hat, wickeln wir normalerweise alles ab“, sagt Doerling. Aufgrund der starken Repräsentanzen würden Unternehmen in vielen Ländern auf lokale Banken verzichten können.
SVB-Pleite brachte neue Kunden
Profitiert haben dürfte Citi beim Werben um Start-up-Kunden in diesem Jahr zudem von der Pleite der Silicon Valley Bank in den USA im Frühjahr. In dieser Zeit hätten Kunden Stabilität gesucht. „Wir haben neue Kunden angeschlossen und die haben auch Gelder mitgebracht“, so Doerling. Bei der Kundenauswahl achte Citi darauf, dass es sich um wirklich digitale Unternehmen handle. „Alles was sehr stark softwaregetrieben ist, sind Themen, wo ich mir keine großen Sorgen mache“, so Doerling.
Kritisch schaue er auf vermeintlich digitale Geschäftsmodelle, die in Wahrheit aber nicht digital seien. Als Beispiel nennt er aus der Vergangenheit die Essens- und Lebensmitteldienste oder ganz aktuell auch We Work, wo es am Ende doch immer physische Vermögenswerte gebe, die über Kredit finanziert werden müssten – und das macht Citi ungern.
Raphael Doerling baut gerade das deutsche Commercial Banking der Citigroup auf. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zieht er nach gut einem Jahr Bilanz und spricht zusammen mit Stefan Hafke, Citi Country Officer Germany and Member of the Board for Citigroup Global Markets Europe, über die großen Pläne.