„Coinbase hat einen rigorosen Listing-Prozess für digitale Assets aufgesetzt“
Im Gespräch: Daniel Seifert
„Haben einen rigorosen Listing-Prozess“
Coinbase-Europachef Daniel Seifert kontert die SEC-Vorwürfe – Der US-Konzern will stärker auf dezentrale Apps gehen
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Coinbase befindet sich im Wandel. Neben den Handel von Kryptowährungen hat der US-Pionier eine ganze Palette an Dienstleistungen gestellt, die unabhängiger vom Spotvolumen machen. Unter anderem mit der Layer-2-Blockchain „Base“ will man noch stärker in die dezentrale Wirtschaft einsteigen.
Der Einstand von Daniel Seifert als neuer Europachef von Coinbase ist in eine turbulente Phase gefallen. Der Zusammenbruch von FTX war gerade zwei Wochen alt, als er den Wechsel von der Solarisbank in die Kryptobranche vollzog. Das war im Herbst 2022 – und bis heute hat die Branche mit den Nachwirkungen des davon ausgelösten Krypto-Winters zu kämpfen, auch wenn Tauwetter eingesetzt hat. Zudem wurde in den vergangenen Wochen das Vorgehen der SEC gegen die Branche immer aggressiver, was in Klagen gegen Branchengrößen wie Binance und Coinbase mündete.
Daniel Seifert"Den Vorwurf, dass wir nicht registrierte Wertpapiere als Token auf unserer Plattform handeln würden, weisen wir zurück."
Diese US-Verfahren werden natürlich nicht vom Coinbase-Europachef begleitet, aber so viel kann Seifert im Gespräch mit der Börsen-Zeitung doch sagen: „Den Vorwurf, dass wir nicht registrierte Wertpapiere als Token auf unserer Plattform handeln würden, weisen wir zurück. Coinbase hat einen rigorosen Listing-Prozess für digitale Assets aufgesetzt – und 90% der Assets, die auf unsere Plattform wollen, lehnen wir ab.“
Staking läuft weiter
Das Vorgehen der SEC gegen Staking – es wurde eine „complaint“ eingereicht – habe keine Auswirkungen auf den aktuellen Betrieb, es seien keine Staking-Dienste eingestellt worden, sagt Seifert. Die Branche wehrt sich nach Kräften. Alle wünschten sich gesetzgeberische Klarheit in den USA, so dass man nicht mehr auf den aus den 30er Jahren stammenden Howey-Test zurückgreifen muss, um zu entscheiden, was ein Wertpapier ist und was nicht. Ganz zu schweigen davon, dass man von den Launen eines SEC-Chefs abhängig sei, der den Sektor mit seinen Klagen ein Stück weit lähmt und keinen realistischen Weg zur Zulassung aufzeigt.
Daniel Seifert„Die Mica ist ein positiver Vorstoß für digitale Assets in Abgrenzung zur Mifid, welche die klassischen Wertpapiermärkte definiert. Europa nimmt damit eine Vorreiterrolle ein."
Da sei Deutschland mit seiner frühzeitigen Definierung von Kryptowerten sowie dem Lizenzregime für Kryptowerte im Vergleich ein Schlaraffenland. Coinbase war das erste von heute sieben Unternehmen, die eine Kryptoverwahrlizenz erhielten – und zusammen mit Bitpanda die einzigen mit der zusätzlichen Erlaubnis für den Eigenhandel. Auf der Basis bereiten sich Seifert und seine Mitstreiter auf die europäisch harmonisierte Mica-Verordnung vor, die Ende 2024 in Kraft tritt. „Die Mica ist ein positiver Vorstoß für digitale Assets in Abgrenzung zur Mifid, welche die klassischen Wertpapiermärkte definiert. Europa nimmt damit eine Vorreiterrolle ein. Aber auch in Großbritannien bei der FCA bewegen sich die Dinge in die richtige Richtung.“
Mica hat Defizite bei Stablecoins
Kritisch sieht Seifert allerdings, dass Stablecoins in der Mica mit einigen Einschränkungen verbunden seien. Da sei vorgesehen, dass es keine Rewards geben dürfe, außerdem müsste man beträchtlich viel Kapital vorhalten. Das gilt dann sowohl für Stablecoins als E-Money-Token wie auch für Asset-Referenced Token. Damit will die EU wohl verhindern, dass Crypto Asset Service Provider (CASPs) unter der Mica als Emittent von Stablecoins wie eine Bank funktionieren und Depositen als E-Money bunkern. Die Umsetzung als regulatorische technische Standards (RTS) für die vielen Mica-Kapitel liegen bei der ESMA und der EBA, wobei die ESMA ein erstes Paket für die Implementierung schon im Juli konsultieren will.
Wie viele Kunden Coinbase in Deutschland und Europa hat, wird nicht veröffentlicht. Seifert sagt, Coinbase habe als Konzern eine hohe zweistellige Millionenzahl an Kunden. Als Beobachter lässt sich anhand der Quartalsberichte vermuten, wie sich die Zahl der aktiven Trader entwickelt. Dabei ist Coinbase schon länger dabei, sich diversifiziert aufzustellen. Rund die Hälfte des Umsatzes komme heute schon vom Handel mit unabhängigen Dienstleistungen, erklärt Seifert und zählt einige Initiativen auf.
Daniel Seifert„Wir wollen Angebote haben für das Ökosystem der Onchain Dapps, die einen dezentralen Wirtschaftskreislauf schaffen.“
So habe man mit Base eine Layer-2-Blockchain für Ethereum entwickelt, die man im Laufe der Zeit dezentralisieren will. Bei einer Layer-2-Chain werden Transaktion außerhalb des Mainnet ausgeführt, was Skalierbarkeit, Geschwindigkeit und Transaktionskosten verbessert. Zudem habe Coinbase die Wallet für dezentrale Funktionen aufgerüstet und Mitte Juni eine Partnerschaft mit der Bitkey Wallet von Block vereinbart, was eine App und ein Hardware-Gerät für die sichere Selbstverwahrung umfasst. Für Coinbase hat das unter anderem den Vorteil, dass Ein- und Auszahlungen in den Depots/Wallets leicht und sicher ablaufen. „Wir wollen Angebote haben für das Ökosystem der Onchain Dapps, die einen dezentralen Wirtschaftskreislauf schaffen.“ Dapps, das steht für „Decentralized Apps“.
Das Krypto-Bekenntnis
Die nächste Milliarde
Coinbase kommt aber aus der Welt der zentralen Kryptohändler (CEX), was immer noch die Basis ist – und schiebt sich nun immer stärker in die dezentrale Welt (DEX) hinein. Ob Coinbase auch eine klassische Investmentplattform werden will mit traditionellem Aktienhandel? Davon will Seifert nichts wissen. „Unser Ziel ist es, die nächste Milliarde Nutzer mit Krypto vertraut zu machen, denn Kryptowährungen bedeuten wirtschaftliche Freiheit. Das ist unser Fokus.“
Um diesen Weg zu ebnen, hat Coinbase Deutschland zuletzt auch den Abodienst One eingeführt, der dem Nutzer gegen eine monatliche Gebühr einige Vorteile bringt wie verbilligte Handelsgebühren, erhöhte Staking Rewards, digitale und automatisiert befüllte Steuerdokumente sowie eine gewisse Priorität im Service auf der Plattform bei Problemen. „Und dank der Partnerschaft mit dem Open-Banking-Spezialisten Truelayer kann nun alles an Zahlungsverkehr in der Coinbase-App erledigt werden, da Bankkonten direkt angebunden sind.“
