Credit Suisse fällt an der Börse ins Bodenlose
dz Zürich
Nach einer kurzen Verschnaufpause geht der weltweite Ausverkauf von Bankaktien weiter. Am härtesten trifft es einmal mehr die Credit Suisse. Die Aktie gab am Mittwoch im Handel an der Six Swiss Exchange um bis zu annähernd ein Drittel nach, ehe sich das Papier im Tagesverlauf leicht erholte und mit minus 24% auf 1,70 sfr aus dem Handel ging.
Bereits gegen 11 Uhr fielen die Papiere unter die Marke von 2 sfr, die sich damit als eine wichtige Hürde erwies. Nach dem Durchstich jener Marke kam es zu einer markanten Beschleunigung des Abwärtstrends, und dies bei einer sehr intensiven Handelsaktivität. Gegen Ende des Tages bewegte sich das Volumen mit 280 Millionen gehandelten Aktien um ein Vielfaches über dem Durchschnittsvolumen der vergangenen zehn Tage von 21 Millionen Stück. Nach der Einschätzung eines Händlers wurden bei der Marke von 2 sfr viele Stop-Loss-Aufträge ausgelöst. Solche Limits sind Bestandteil computergestützter Handelsprogramme, die auch an der Six Swiss Exchange einen erheblichen Teil des Handels ausmachen.
Für die sich selbst verstärkenden Effekte des Kurszerfalls gibt es auch andere Gründe. So sind die Credit-Suisse-Aktien seit geraumer Zeit besonders beliebte Basiswerte für renditeoptimierende strukturierte Finanzprodukte, sogenannte Barrier-Produkte. Das scharfe Risikoprofil der Credit-Suisse-Aktien, das im Jargon als „Volatilität“ bezeichnet wird, ermöglicht es den Emittenten, Barrier- und ähnliche Produkte mit einer sehr attraktiven Verzinsung im zweistelligen Prozentbereich anzubieten. Die Rückabwicklung solcher Kontrakte sorgt für zusätzlichen Verkaufsdruck in den zugrunde liegenden Aktien.
Interview mit Folgen
Die ursprüngliche Ursache des neuerlichen Kurssturzes scheint aber ein Interview eines Vertreters des aktuellen Hauptaktionärs der Bank, der Saudi National Bank, zu sein. Verwaltungsratspräsident Ammar Al Khudairy sagte am Mittwoch gegenüber Bloomberg TV, weitere Investitionen seines Instituts in die Schweizer Großbank seien ausgeschlossen. Al Khudairy sprach dabei von regulatorischen Hürden und meinte damit, dass die schweizerische Finanzmarktaufsicht die Saudi-Bank genauer unter die Lupe nehmen müsste, wenn sie ihre Beteiligung über das aktuelle Niveau von haarscharf unter 10% erhöhen möchte.
Der Kurssturz am Aktienmarkt sorgte auch am Markt für Kreditausfallversicherungskontrakte (Credit Default Swaps) für neue Rekordaufschläge auf Credit-Suisse-Anleihen. Eine fünfjährige Zahlungsausfallversicherung kostete am Mittwoch zeitweilig 625 Basispunkte mehr als ein Schuldpapier mit erstklassiger Bonität. Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und Bankchef Ulrich Körner bemühten sich derweil, die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. Körner sagte in einem Interview, die Bank sei „sehr, sehr gut“ mit Kapital und Liquidität ausgestattet. Lehmann sagte, eine staatliche Rettung der Credit Suisse sei kein Thema.
In die gleiche Richtung ging auch eine Aussage des Berner Wirtschaftsprofessors Aymo Brunetti, der maßgeblich an der Entwicklung der Too-big-to-fail-Gesetzgebung in der Schweiz beteiligt gewesen war: Der Fachmann sagte im Gespräch mit der Schweizer Regionalzeitungsgruppe CH Media: „Wenn die Credit Suisse nicht mehr lebensfähig ist, dann muss sie in Konkurs gehen können. Die Too-big-to-fail-Regeln sind so konstruiert, dass das systemrelevante Schweizer Geschäft abgetrennt werden und separat weiter funktionieren kann.“
Kommentar Seite 1