Marktflaute

Credit Suisse steuert auf Quartalsverlust zu

Die Schweizer Großbank Credit Suisse stimmt die Aktionäre auf einen weiteren Quartalsverlust ein. Der Verdacht liegt nahe, dass Wertberichtigungen auf ihren Bestand an Leveraged Loans notwendig sind.

Credit Suisse steuert auf Quartalsverlust zu

Von Daniel Zulauf, Zürich

Die Credit Suisse wird auch im zweiten Quartal einen Verlust ausweisen. Die stark gedämpfte Aktivität an den Kapitalmärkten, gepaart mit der deutlich gestiegenen Risikoaversion der Investoren, habe die Entwicklung der Credit Suisse Investmentbank in den Monaten April und Mai „negativ beeinträchtigt“ und werde voraussichtlich zu einem Verlust dieser Konzerndivision wie auch der gesamten Gruppe führen, so die Mitteilung der Bank, die den Aktienkurs auf Talfahrt schickte. Die Konsensschätzung für den Gewinn im zweiten Quartal hatte bislang bei 280 Mill. sfr gelegen.

Es ist die sechste Gewinnwarnung von Credit Suisse in sieben Quartalen. Zu den Gründen äußerte sich die Bank nicht weiter, doch ihr Verweis auf die sich ausweitenden „Kreditspreads“, lässt Beobachter das Problem erahnen. Die Credit Suisse Investmentbank gehört zu den großen Akteurinnen im Geschäft mit gehebelten Unternehmensfinanzierungen, so genannten Leveraged Loans. Das sind vor allem Kredite für schuldenfinanzierte Firmenübernahmen durch sogenannte Private-Equity-Investoren. Typischerweise müssen die Firmen die dadurch entstandene Verschuldung über die Einnahmen aus dem laufenden Geschäft bedienen und abtragen. Investmentbanken finanzieren solche Über­nahmen oftmals Monate im Voraus in der Erwartung, die Kredite später in der Form von Anleihen am Kapitalmarkt an Drittinvestoren verkaufen zu können.

Die Nachfrage nach solchen Anleihen war bis vor wenigen Monaten groß. Die Investoren akzeptierten das höhere Risiko, um dafür eine höhere Verzinsung zu erhalten. Zum Ende des ersten Quartals führte die Credit Suisse Leveraged Loans im Umfang von 7,4 Mrd. Dollar in ihrer Bilanz. Das war zwar bereits deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum (10,2 Mrd. Dollar), doch nach dem Archegos-Schock hat Credit Suisse das Exposure wieder um 1,2 Mrd. Dollar hochgefahren.

Abrupter Stimmungswandel

Die durch Ukraine-Krieg und Inflationsschock beschleunigte Zinswende hat die Nachfrage nach solchen Hochrisiko-Anleihen jedoch abrupt einbrechen lassen. Vermutlich sitzt Credit Suisse auf einem Bestand, den sie nun zu Lasten der Erfolgsrechnung wertberichtigen muss. Gleichzeitig ist das Rad im globalen Geschäft mit Firmenübernahmen zum Stillstand gekommen, was ihr zusätzlich empfindliche Ertragsausfälle beschert. Wie hoch der Verlust der Investmentbank ausfallen wird, ist nicht bekannt. Da sie womöglich die ganze Gruppe ins Minus zieht, steht ein Verlust in Höhe von mehr als 500 Mill. sfr zu befürchten.

Zudem kämpft die Credit Suisse auch an anderen Fronten. So muss sie die nach der Archegos-Pleite massiv eingedampften Boni ausgerechnet jetzt wieder erhöhen, um einen Exodus der besten Leute zu verhindern. Auch belastet der im vergangenen Jahr angekündigte Ausstieg aus dem sogenannten Prime Brokerage, also der Finanzierung von Hedgefonds wie Archegos, erst im laufenden Jahr die Einnahmen im vollen Umfang. Und schließlich gilt es, die Kapitalkraft des Schweizer Stammhauses zu gewährleisten.

Stammhaus unterkapitalisiert

Das Stammhaus ist wichtig für die Aktionäre, weil es mittels Dividendenzahlungen die Holding finanziert, die ihrerseits die Dividenden für die Publikumsaktionäre aus­richtet und den Anleihegläubigern die Zinsen bezahlt. Im Gegensatz zur Gruppe ist das Stammhaus schon seit geraumer Zeit unterkapitalisiert, was sich durch steigende internationale Kapitalanforderungen verschlimmern könnte. Daher ist das Stammhaus dringend auf Dividendeneinnahmen von ihren Töchtern, namentlich von der Investmentbank, angewiesen. Vor diesem Hintergrund machen seit einiger Zeit Gerüchte über die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung bei Credit Suisse die Runde, obwohl die Gruppe mit einer Kernkapitalquote von 13,8% im europäischen Vergleich überdurchschnittlich gut dasteht.

Credit Suisse dürfte nicht die einzige Bank sein, der die Folgen der langjährigen Nullzinspolitik jetzt um die Ohren fliegen. Aber die Schweizer sind nach den jüngsten Pleiten und Pannen besonders verletzlich. Dass die Bank dringend eine neue Führung braucht, die mehr vom Investmentbanking versteht, liegt auf der Hand.

Wertberichtigt Seite 6

Personen Seite 12

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