Cum-ex-Beben bei Lang & Schwarz
ak Köln
Die Nachricht schlug am späten Dienstagabend ein wie eine Bombe: Lang&Schwarz drohen wegen der Verwicklung in Cum-ex-Geschäfte hohe Steuernachforderungen. Die Gesellschaft meldete ad hoc eine mögliche Ergebnisbelastung von 61 Mill. Euro.
Vorsorglich hat Lang & Schwarz nach Rücksprache mit den eigenen Steuerberatern eine Rückstellung von 45 Mill. Euro gebildet. Sie wird nach Unternehmensangaben aus dem Konzerngewinn des ersten Halbjahres 2021 abgezweigt. Das werde auch Auswirkungen auf die Dividendenzahlung für das laufende Jahr haben, gab der Vorstand zu. Bereits im Juli hatte das Management angesichts glänzender Geschäfte im laufenden Jahr angekündigt, im kommenden Jahr die Dividende auf 8 Euro je Aktie verdoppeln zu wollen.
Für die zuletzt gewaltig aufdrehende Lang & Schwarz sind die neu aufgetauchten Schatten der Vergangenheit ein schwerer Rückschlag. Der Aktienkurs des Brokers brach am Dienstagabend im außerbörslichen Handel um bis zu 40% ein, am Mittwochmorgen erholte sich der Kurs wieder etwas. Nur wenige Tage zuvor hatte Lang & Schwarz, die sich als führende Plattform für außerbörslichen Handel in Deutschland bezeichnet, das beste Halbjahr der Firmengeschichte vermeldet und den Nettogewinn in den ersten sechs Monaten auf 48 Mill. Euro mehr als verdreifacht. Der Finanzdienstleister, der selbst auch Derivate auflegt und vertreibt, profitiert erheblich vom Handelsboom während der Coronakrise und dem Erfolg von Online- und Neobrokern. „Unsere Position als Handelsplatz Nummer 3 in Deutschland ist gefestigt. Kurz: Es läuft stetig weiter bei uns“, hatte der langjährige Vorstandschef André Bütow selbstbewusst verkündet.
Behördenschreiben alarmiert
Doch nur vier Tage später hat der Broker jetzt ganz kurzfristig auch seine eigentlich für den morgigen Donnerstag geplante Hauptversammlung verschieben müssen. Auslöser ist ein am Abend des 23. August 2021 eingegangener Zwischenbericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Düsseldorf. Darin geht es laut der Ad-hoc-Mitteilung von Lang & Schwarz um die Kapitalertragsteueranrechnungen für die Geschäftsjahre 2008 und 2009. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen. Es sei aber mit Änderungsbescheiden zu rechnen. Insgesamt nehmen die Finanzbehörden gerade Geschäfte des Brokers in einem noch weiteren Zeitraum unter die Lupe. Untersucht werden Transaktionen in den Jahren 2007 bis 2011. Die publizierte potenzielle Ergebnisbelastung erstreckt sich laut Lang & Schwarz auf den gesamten Zeitraum und rechnet auch etwaige teilweise Zahlungsverjährungen ein.
Ermittlungen laufen
Gegen Verantwortliche des Unternehmens ermittelt die Staatsanwaltschaft. Das heutige Vorstandsduo André Bütow und Torsten Klanten war schon damals in leitenden Funktionen bei Lang & Schwarz tätig. Ob gegen beide ermittelt wird, dazu äußerte sich die Gesellschaft am Mittwoch auf Anfrage nicht. Der Broker hält die Beanstandung der Geschäfte für alle betreffenden Jahre insgesamt für unbegründet. Nach aktuellem Kenntnisstand habe „keine Gesellschaft des Lang & Schwarz-Konzerns wissentlich eine Mehrfacherstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag beantragt. Auch Absprachen mit Marktgegenparteien oder Depotbanken bestreitet die Gesellschaft.
Konzernprüfung durchgeführt
Der Finanzdienstleister weist in seiner Ad-hoc-Mitteilung auch darauf hin, dass 2015 eine Konzernbetriebsprüfung für die Jahre 2008 bis 2010 ohne Beanstandungen abgeschlossen worden sei. „Gleichwohl ist möglich, dass die jeweiligen Sachverhalte und darin das Verhalten der Lang & Schwarz AG und deren Verantwortlichen nachträglich steuerlich anders beurteilt werden“, schreibt der Vorstand. Außerdem differenziert er zwischen den Transaktionen der Jahre 2007, 2008 bis 2009 sowie 2010 bis 2011 und bezeichnet sie als „tatsächlich und rechtlich wesensverschieden und daher wesentlich unterschiedlich zu behandeln“. Konkreter geht die Gesellschaft jedoch nicht auf die Vorwürfe ein.
Lang & Schwarz will mit den Gremien jetzt auf eine schnelle Klärung hinarbeiten.