„Da haben Frauen keinen Bock drauf“
Jan Schrader.
Frau Connelly, als Mitgründerin des Karrierenetzwerks „Fondsfrauen“ sprechen Sie oft mit Studentinnen an Universitäten. Welche Erfahrungen machen Sie?
Nur wenige Frauen begeistern sich für Finanzthemen oder Jobs in der Branche. Das liegt auch daran, dass Frauen diese Branche als sehr von Männern dominiert wahrnehmen – was auch den Tatsachen entspricht. Die damit einhergehenden Verhaltensweisen scheuen sie. Das schlechte Image der Fondsbranche und Finanzwirtschaft kommt noch hinzu.
Wieso schreckt ein Umfeld mit vielen Männern ab?
Auch wenn sich das nicht auf jede Person verallgemeinern lässt: Insgesamt ist das Kommunikationsverhalten von Männern und Frauen anders. Männer sind oft wettbewerbsorientierter und verschreiben sich der Karriere – teilweise mit Methoden, die nicht nett sind. Ein Mann will sich nicht nur Freunde machen, sondern vorankommen.
Sind Frauen anders?
Sie neigen aus meiner Sicht eher zum Konsens und wollen das Kollektiv voranbringen. Es geht weniger darum, direkt zum CEO-Posten durchzumarschieren.
Ist ein gutes Miteinander in einer Männerbastion nicht möglich?
Die Finanzbranche ist immer wieder aufgefallen durch Diskriminierung, sexuelle Belästigung und dumme Sprüche von Männern. Da haben Frauen keinen Bock drauf. Die Branche arbeitet daran, um das zu ändern. Aber solche Verhaltensweisen sind leider immer noch da.
Sie sehen also eine Machokultur in der Branche.
Natürlich hat sich in den zurückliegenden Jahren viel getan. Das Bewusstsein für Diskriminierung ist da. Es ist aber weiterhin wichtig, genau hinzusehen und auch unbewusste Denkmuster zu adressieren. In vielen Firmen gibt es bereits Diversity Manager oder Talent Manager. Das sind ja Berufsbilder, die erst in den letzten Jahren in Deutschland angekommen sind. Einige ausländische Fondsgesellschaften haben schon mehr erreicht, zum Beispiel Fidelity International, Blackrock oder Invesco.
Wie viele Talente gehen Unternehmen verloren, weil sich Frauen abgeschreckt fühlen?
Das kann ich nicht in Zahlen fassen. Aber der Talentpool wird kleiner, der demografische Wandel ist unaufhaltbar. Es ist wirtschaftlich desaströs, wenn ein Unternehmen die Hälfte der Bevölkerung kaum erreicht.
Lässt sich die Firmenkultur über das Management verändern?
Das braucht Zeit. Wenn über Jahre männliche Eigenschaften dominieren, dann bekommen Unternehmen das nicht von heute auf morgen weg. Das Management muss Strukturen schaffen, Werte vorleben und das Ergebnis evaluieren. Die Verantwortung gehört auf die Vorstandsebene. Eine Person muss dort den Hut aufhaben für das Thema.
Würde ein Kulturwandel ausreichen, um Frauen für die Branche zu gewinnen?
Es gibt weitere Hürden. Viele Frauen unterschätzen, dass die Investmentbranche attraktive Berufschancen bietet – das gilt nicht nur für die Vergütung, sondern auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Branche macht einen sehr schlechten Job, ihr Image zu korrigieren.
Was ist mit Männern, die mehr Zeit für Familie wünschen?
Das ist ein wunder Punkt. Auch hier gibt es noch Aufholbedarf. Wenn Väter für eine Zeit beruflich kürzertreten wollen, erfahren sie manchmal Widerstand. Das geschieht oft subtil, ob von Vorgesetzten oder Kollegen. Als Fondsfrauen wünschen wir uns mehr Offenheit.
Diversität umfasst nicht nur Geschlechtergerechtigkeit.
Aus meiner Sicht ist die Geschlechterfrage das Dringlichste. Aber wenn wir diese Aufgabe lösen, haben wir auch eine Unternehmenskultur geschaffen, die von Akzeptanz geprägt ist. Und das ist auch spürbar, wenn ein Unternehmen etwa Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung einstellt, mit einer Behinderung, einer anderen Hautfarbe oder Religion. Davon profitieren alle.
Das Interview führte
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