Im GesprächMatthias Voelkel, Börse Stuttgart

„Das Digitalgeschäft steht heute für 20 Prozent unserer Erträge“

Die Gruppe Börse Stuttgart hat in den vergangenen Jahren ihr Digital- und Kryptogeschäft ausgebaut. Nun nimmt sie verstärkt ausländische Märkte in den Blick.

„Das Digitalgeschäft steht heute für 20 Prozent unserer Erträge“

Im Gespräch: Matthias Voelkel

„Das Digitalgeschäft steht für 20 Prozent der Erträge“

Der CEO der Gruppe Börse Stuttgart über Plattformen, Skalierung, Transformation und die strategischen Wachstumspläne in Europa

Die Gruppe Börse Stuttgart befindet sich mitten in der digitalen Transformation – und baut dabei ihr Digital- und Kryptogeschäft aus. Dessen Anteil an den Erträgen auf Gruppenebene sei auf 20% gewachsen. Nun nimmt die Gruppe verstärkt ausländische Märkte in den Blick, unter anderem Frankreich, Italien und Spanien.

fed Frankfurt

Die Börse Stuttgart hat nach eigenen Angaben „das größte Digital- und Kryptogeschäft aller europäischen Börsengruppen aufgebaut“. Das zeigt sich zusehends in den Geschäftszahlen der Gruppe. Der Anteil der Erträge aus dem Digitalgeschäft sei in den vergangenen Jahren gegenüber dem klassischen Kapitalmarktgeschäft deutlich gewachsen, berichtet der Chief Executive Officer der Börse Stuttgart Group, Matthias Voelkel. „Das Digitalgeschäft steht heute für 20% unserer Erträge auf Gruppenebene“, sagt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Das sei im Übrigen „keine Substitution, sondern eine Ergänzung des klassischen Geschäfts“.

Voelkel stellt klar, wie sein Haus Digital- und Kapitalmarktgeschäft unterscheide: Das Börsengeschäft sei natürlich schon lange elektronisch. „Wenn ich von digital spreche, dann meine ich basierend auf Blockchain-Technologie.“ Das Digitalgeschäft der Gruppe Börse Stuttgart umfasse drei Geschäftsbereiche: Erstens das institutionelle Kryptogeschäft, wobei die Börsengruppe die Rolle des Krypto-Infrastrukturdienstleisters einnehme. So liefere sie zum Beispiel der DZ Bank und damit der gesamten genossenschaftlichen Finanzgruppe die Verwahr- und Handelsstruktur für Kryptowährungen. „Anders gesagt: Wir ermöglichen den Volks- und Raiffeisenbankenkunden den Zugang zu Bitcoin, Ether & Co.“, erläutert der CEO. Zweitens betreibe die Gruppe Börse Stuttgart ihr eigenes Krypto-Retailgeschäft unter der Marke Bison. „Die Kundenzahl bei Bison ist seit Jahresbeginn um 7% gestiegen“, berichtet Voelkel. Das dritte Geschäftsfeld sind in seiner Aufzählung tokenisierte Assets.

Blick nach Europa

„Wir werden in der Schweiz voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2024 mit der Börse BX Digital für tokenisierte Assets live gehen“, kündigt der Manager an. Denn die Schweiz habe in diesem Bereich eine innovationsfreundliche Regulierung mit weniger Einschränkungen als das DLT Pilot Regime der EU. Das Settlement bei BX Digital werde in Schweizer Franken stattfinden, nicht in Stablecoin oder Ähnlichem. „Außerdem kommt unser System ohne Zentralverwahrer aus“, betont Voelkel. Stuttgart starte in der Schweiz, „eben wegen der sehr innovationsfreundlichen Regulierung und weil dort entsprechend die Kommerzialisierung von digitalen Assets schon weiter fortgeschritten ist“.

Die Schweiz sei längst nicht der einzige Auslandsmarkt, auf den die Börse schiele. „Neben der Schweiz und Skandinavien, wo wir Börsen betreiben, schauen wir unter anderem nach Frankreich, Spanien und Italien.“ Dabei sei die Börse „mit einigen europäischen Banken und Brokern bereits im Gespräch, auch mit großen Instituten.“ Ziel sei es, deren Infrastrukturanbieter im Bereich Digital und Krypto werden. „Wir können diesen Banken und Brokern helfen, dass deren Kunden zuverlässigen Zugang zu digitalen Assets und Kryptowährungen erhalten.“ Dafür müsse die Börse ihre Infrastruktur nicht ausbauen. „Die steht nämlich – und jetzt bieten wir sie jenseits der deutschen Grenzen an.“

Voelkel stellt klar, dass Deutschland mit immer noch 80% der Umsätze sowohl im Kapitalmarktgeschäft als auch im Digitalgeschäft „unser Heimatmarkt“ ist. Aber der deutsche Markt sei begrenzt und biete nur beschränkte Wachstumsmöglichkeiten. Deshalb nehme die Gruppe ausländische Märkte stärker in den Blick: „Wir sind europäisch gewachsen und wollen weiter europäisch wachsen.“ Wachstum und die Nutzung von Skaleneffekten seien entscheidend, denn die technologischen Kosten und der regulatorische Aufwand für das Aufsetzen und Betreiben von Plattformen seien hoch. Schließlich seien Kapitalmarkt- ebenso wie Digitalgeschäft Plattformgeschäfte.

Low Fee und Zero Fee

Abschließend geht Voelkel noch auf das Thema Gebühren ein. „Weil wir mit der Euwax AG einen leistungsfähigen Broker in der Gruppe haben, können wir Low-Fee- oder Zero-Fee-Plattformen anbieten.“ Die Gruppe stehe in Deutschland parat, habe aber auch hier eine europäische Perspektive. „So greifen wir jetzt in der Schweiz mit einem Low-Fee-Modell an“, kündigt der CEO an.

Die Kannibalisierungseffekte solcher Angebote für das bestehende Geschäft bewertet Voelkel als sehr gering. Es handele sich um unterschiedliche Kundengruppen. „Den einen geht es darum, Gebühren zu sparen. Für die anderen stehen Liquidität, Spread und Ausführungsqualität im Mittelpunkt“, erläutert der Manager.

Das Interview führte Detlef Fechtner.

Von Detlef Fechtner, Frankfurt
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