BdB-Nachhaltigkeitsdebatte

Das ESG-Regime muss stärker „bankable“ werden

Die Finanzbranche wünscht sich im Bereich der Nachhaltigkeit eine mutigere Politik – und eine praxisnähere ESG-Regulierung.

Das ESG-Regime muss stärker „bankable“ werden

Das Nachhaltigkeitsregime muss stärker „bankable“ werden

Die Finanzbranche wünscht sich eine mutigere Politik – und eine praxisnähere ESG-Regulierung.

Von Andreas Heitker, Berlin

Dass es bei der Internalisierung der wahren externen Kosten im Bereich von Klima und Umweltschutz ein Marktversagen gibt, dürfte wohl breiter Konsens sein. Nach Einschätzung von Jörg Eigendorf, dem Chief Sustainable Officer der Deutschen Bank, könnte die Rechnungslegung der Unternehmen hier Abhilfe schaffen. Dazu müssten die Nachhaltigkeitsregeln seiner Einschätzung nach aber so praxisnah gestaltet werden, dass sie auch zu realen Steuerungsgrößen werden können. Sie müssten „bankable“ werden, sagt Eigendorf am Dienstag auf einem vom Bundesverband deutscher Banken (BdB) organisierten Nachhaltigkeitspanel in Berlin. In der Brüsseler ESG-Gesetzgebung sei dies heute längst nicht immer der Fall: Green Asset Ratio? Wird in der Steuerung der Deutschen Bank keine Rolle spielen, sagt Eigendorf. Ähnliches gilt für die EU-Taxonomie.

CDU will eine Wende in der deutschen Klimapolitik

Die Internalisierung der Kosten ist auch für Silke Stremlau, Vorsitzende des Sustainable Finance-Beirates der Bundesregierung, ein wichtiges Thema. Sie wünscht sich von der EU-Kommission ein Nachjustieren der Regeln, wenn festgestellt wird, dass die Steuerungsrelevanz fehlt. Eine solche Debatte gebe es derzeit schon rund um die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD). Stremlau verweist zugleich auf aktuelle Projekte in der Wissenschaft, die Emissionen von Unternehmen in einem „CO2-adjusted Ebit“ abzubilden.

Aber nicht nur in Brüssel gibt es Diskussionsbedarf über die richtigen Wege, Nachhaltigkeit und Wirtschaftswachstum miteinander zu verknüpfen. Jens Spahn, der stellvertretende Unions-Fraktionschef im Bundestag, stellte klar, welchen Weg eine CDU-geführte Bundesregierung einschlagen würde: Weg mit den seiner Ansicht nach viel zu teuren Klimaschutzverträgen. Marktbasierte Programme statt größerer Förderprogramme. Bürgschaften statt Schulden bei der Förderung der Transformation. Eine breitere Definition von erneuerbaren Energien. Und eine klare Priorität für Wachstum. Dies sei die Voraussetzung für Umwelt- und Klimaschutz, sagt Spahn.

„Wir sind kein Versuchskaninchen“

Die Politökonomin und Transformationsforscherin Maja Göpel ist in diesem Punkt deutlich skeptischer. Im vergangenen Jahrzehnt hat ihren Worten zufolge genug Geld zur Verfügung gestanden, ohne dass die Transformation groß vorangekommen sei. Göpel verweist darauf, dass die Entkoppelung vom Wachstum bei den CO2-Emissionen gut geklappt habe. Beim Verbrauch von Rohstoffen und anderen Materialien sei dies nicht der Fall. Eine alleinige Steuerung der Klimapolitik über den CO2-Preis lehnt Göpel jedenfalls ab.

Einig ist man sich auf dem Panel, dass die (deutsche) Politik nicht mutig genug in der Klima- und Umweltpolitik agiert. Politiker hätten Angst vor den Wählerreaktionen, kritisiert Stremlau. Eigendorf würde sich zugleich ein Narrativ wünschen, in dem über Nachhaltigkeit in Bezug auf die wirtschaftlichen Chancen ähnlich wie über KI berichtet würde. Der Deutsche-Bank-Experte fordert zugleich ein Ende der Try-and-error-Politik in der ESG-Regulierung: „Wir sind kein Versuchskaninchen, an dem man rumexperimentieren kann, um dann hinterher zu gucken, ob es noch lebt.“

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