"Deutsche Banken nicht begünstigen"

EZB-Direktor Yves Mersch besteht auf zentraler Abwicklung von Instituten - Nationale Spielräume kritisiert

"Deutsche Banken nicht begünstigen"

Die EZB pocht darauf, dass bei der Bankenaufsicht und der Bankenabwicklung europaweit dieselben Bedingungen herrschen. Vor allem dürfe es keine Bevorzugung von Banken in finanziell starken Ländern geben, mahnt EZB-Direktor Yves Mersch mit Blick auf deutsche Vorstellungen zum Abwicklungsregime.lz Frankfurt – In der Debatte über die Ausgestaltung einer Bankenabwicklung in Europa hat sich nun die Europäische Zentralbank (EZB) zu Wort gemeldet und hierfür mit Nachdruck eine auch organisatorisch zentrale Einrichtung gefordert. “Wir brauchen klare Verantwortungslinien und eine europäische Lösung”, sagte EZB-Direktor Yves Mersch am Montag auf einer Veranstaltung der Euro Finance Week.Nach wie vor ist umstritten, wie mit notleidenden Banken verfahren werden soll. Die EU-Kommission und die EZB fordern eine europäische Abwicklungsbehörde, Deutschland plädiert für ein Netzwerk aus nationalen Behörden und verweist darauf, dass für eine Zentralisierung dieser Zuständigkeit die europäischen Verträge geändert werden müssten. Mersch dagegen hält es für gefährlich, wenn auf diese Weise eine einheitliche Regulierung durchbrochen wird und der vorhandene Spielraum im Regelwerk etwa dazu führt, “dass die vorgesehene Aktionärs- und Gläubigerbeteiligung nur in finanziell klammen Ländern voll zum Einsatz kommt”. Wenn Gläubiger darauf setzen könnten, dass eine Bank aus einem Land mit relativ gesunden Staatsfinanzen im Notfall mit Steuergeldern gerettet werde, sie bei Banken aus Krisenländern aber selber einspringen müssten, dann würden sie kaum denselben Zinssatz akzeptieren.Das ist nach Ansicht von Mersch nicht zu akzeptieren, weil damit die Fragmentierung des Finanzmarktes wieder verstärkt wird. Der EZB-Direktor verweist auf eine OECD-Studie, wonach die 17 größten deutschen Banken aufgrund dieser impliziten Staatsgarantie schon jetzt jährlich Zinsen einsparen, die sich auf mehr als 20 Mrd. Euro belaufen.Entscheidungsspielräume können nach Ansicht von Mersch nur dann eingeräumt werden, wenn über die Bankenabwicklung in einer unabhängigen supranationalen Behörde entschieden wird. Sollen nationale Aufseher und Abwicklungsinstanzen indes weiter eine größere Rolle spielen, müsste man stattdessen auf rigide Regeln ohne jedweden Spielraum setzen, um die Gleichartigkeit der Umsetzung zu garantieren. Die bisher debattierten Vorschläge dazu lassen ihm zufolge noch “zu viel nationalen Spielraum” zu.Aufgabe einer supranationalen Abwicklungsbehörde wird nach Darstellung von Mersch sein, dass zum einen nicht mehr lebensfähige Banken mit möglichst geringen Kosten abgewickelt werden, zum anderen diese Kosten von denjenigen getragen werden, die sie verursacht haben – also nicht vom Steuerzahler. Dazu verweist Mersch auf Erfahrungen aus den USA, wo die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) seit 2008 etwa 490 Banken abgewickelt hat. Große Finanzmarktturbulenzen seien dabei vermieden worden. Vor allem sei der Steuerzahler weitgehend verschont geblieben, weil ein Großteil der Institute über Fusionen und Übernahmen aus dem Markt genommen worden seien. Mersch: “Davon können wir in Europa durchaus lernen.”Streit in der EU gibt es auch über die Ausgestaltung eines Übergangszeitraums bis zur europäischen Abwicklungsbehörde. Altlasten, die vor der Vereinheitlichung der Aufsicht entstanden sind, dürfen seiner Ansicht nach nicht von den Steuerzahlern in Europa beglichen, sondern müssten national gestemmt werden. Mersch: “Grundsätzlich dürfen nationale Fehler der Vergangenheit nicht von einem gemeinsamen Fonds ausgebügelt werden.” Letztlich soll der debattierte Abwicklungsfonds von der Branche selbst gespeist werden. Wenn aber schon der Wille zur Überbrückung nicht vorhanden ist, kritisierte er, “wird die Glaubwürdigkeit der neuen Architektur zur Stärkung der Währungsunion insgesamt infrage gestellt”. Kapitallücken erwartetLetztlich zeigte sich Mersch hinsichtlich der Aufarbeitung der Finanz- und Schuldenkrise indes recht zuversichtlich. “Das Schlimmste liegt hinter uns!”, sagte er. Die Banken stünden deutlich besser da als zu Beginn der Krise. Seither hätten sie 225 Mrd. Euro frisches Kapital aufgenommen. Zusätzliche Kapitalspritzen von 275 Mrd. Euro hätten die Regierungen bereitgestellt. Nichtsdestotrotz könne es aber sein, dass der bevorstehende Bankenstresstest Kapitallücken aufdecke.