Deutsche Börse: Gewinnsprung nach Rekordjahr angepeilt
Der rege Handel an den Finanzmärkten in einem von Krieg und Krisen geprägten Jahr 2022 hat der Deutschen Börse ein Rekordergebnis beschert. Konzernchef Theodor Weimer sieht Potenzial für einen weiteren Gewinnsprung – aus eigener Kraft und mit einem neuen Partner. „Wir sind weiter zuversichtlich, weil wir alle Weichen dafür gestellt haben, dass sich unser starkes strukturelles Wachstum fortsetzt“, sagte Weimer am Donnerstag bei der Bilanz-Pressekonferenz in Frankfurt.
Um die Digitalisierung des Unternehmens und der Märkte voranzutreiben, geht der Dax-Konzern eine auf zehn Jahre angelegte Partnerschaft mit Google ein. Die Deutsche Börse sei beim digitalen Wandel der Kapitalmärkte Gestalter und Treiber zugleich, sagte Weimer. „Diesen Anspruch erfüllt auch unsere neue Partnerschaft mit Google Cloud.“ Zurzeit befänden sich bereits 35% der Informationstechnologie (IT) in der sogenannten Cloud, also über das Internet bereitgestellte Technikressourcen wie zum Beispiel Rechenleistungen, Speicherplatz oder Software. Perspektivisch soll der Anteil auf 70% steigen.
Zur Abgrenzung von IT-Partnerschaften in der Branche sagte er: „Wir machen kein Outsourcing unseres Kerngeschäfts. Wir haben keine alte Infrastruktur, die der Modernisierung bedarf und wir brauchen deshalb auch kein Aktieninvestment durch einen Hyperscaler.“ Konkret nannte er keinen Konkurrenten. Zuletzt waren aber einige Börsenbetreiber Partnerschaften mit Softwarekonzernen eingegangen.
So hatte zum Beispiel die London Stock Exchange (LSE) erst im Dezember eine Kooperation mit Microsoft angekündigt. Im Zuge dieser ist der US-Konzern beim Londoner Erzrivalen der Frankfurter mit einem Aktienanteil von 4% eingestiegen. Die Amerikaner bekommen zudem einen Platz im Verwaltungsrat der LSE.
Im vergangenen Jahr profitierte der Frankfurter Börsenbetreiber vom regen Handel an den Finanzmärkten in einem von Krieg und Krisen verunsicherten Umfeld, wie der Dax-Konzern bereits am Mittwochabend mitgeteilt hatte. Die Deutsche Börse verdiente 2022 so viel wie noch nie. Unter dem Strich zog der Gewinn zum Vorjahr um fast ein Viertel auf knapp 1,5 Milliarden Euro an.
Kapriolen beim Gaspreis, höhere Zinsen sowie Zukäufe hielten das Unternehmen auf Rekordkurs. „Die Deutsche Börse hat ein überaus starkes Jahr hinter sich. Das beste ihrer Geschichte“, bilanzierte Weimer. Die starken Zahlen des Jahres 2022 seien aber auch ein Ergebnis der multiplen Krisen.
Bei den Erträgen verzeichnete der Konzern einen Anstieg um 24% auf rund 4,34 Mrd. Euro. „Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben wir nicht nur unsere Prognose klar übertroffen, sondern auch die Ziele unserer Wachstumsstrategie Compass 2023 ein Jahr früher erreicht“, stellte Weimer fest. „Wir sind weiter kräftig strukturell gewachsen. Und der erhöhte Absicherungsbedarf unserer Kunden sowie steigende Zinsen haben zu deutlichem zyklischen Rückenwind geführt.“
Trotz der erwarteten Abschwächung der Konjunktur rechnet der Vorstand auch für 2023 mit Wachstum. „Die Kernsäule unserer Strategie wird dabei nach wie vor strukturelles Wachstum sein, ergänzt um Übernahmen, wo strategisch und finanziell sinnvoll“, sagte Weimer. Konkret rechnet der Vorstand damit, dass die Erträge 2023 auf 4,5 Mrd. bis 4,7 Mrd. Euro klettern werden. Das wäre ein Anstieg von bis zu 8% und damit deutlich weniger als zuletzt. Dies ist aber angesichts des rasanten Wachstums im vergangenen Jahr keine Überraschung.
Beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet das Management einen Anstieg auf 2,6 Mrd. Euro bis 2,8 Mrd. Euro und damit bis zu 11% mehr als 2022. Im vergangenen Jahr legte dieser operative Gewinn zum Vorjahr um 24% auf gut 2,5 Mrd. Euro zu.
Profitieren sollen auch die Aktionärinnen und Aktionäre: Die Deutsche Börse will die Dividende um 13% auf 3,60 Euro je Aktie erhöhen.
Am Finanzmarkt kamen die Zahlen und der Ausblick gut an. Die Aktie der Deutschen Börse lag im Spitzenfeld des deutschen Leitindex. Das Deutsche-Börse-Papier gehört seit einiger Zeit zu den Gewinnern am Aktienmarkt. Seit dem Amtsantritt Weimers Anfang 2018 zog der Börsenwert des Unternehmens um rund 75% auf zuletzt 32 Mrd. Euro an. Die Deutsche Börse ist damit das wertvollste börsennotierte Unternehmen am Finanzstandort Frankfurt.