Deutsche sparen so viel wie noch nie
jsc Frankfurt
Die deutschen Privathaushalte haben in der Phase von der zweiten bis in die dritte Pandemiewelle hinein mehr gespart als jemals zuvor: Von Anfang Januar bis Ende März legten sie netto knapp 129 Mrd. Euro für den Aufbau von Geldvermögen zur Seite und ließen damit den bisherigen Rekord von 110 Mrd. Euro im zweiten Quartal 2020 hinter sich, wie die Deutsche Bundesbank berichtet. Zwar kam dem Bargeld und den Einlagen mit 49 Mrd. Euro der größte Anteil zu, doch geriet auch die Wertpapieranlage in Fahrt. In die Kategorie der Investmentfonds flossen mehr als 25 Mrd. Euro – ebenfalls ein Rekord. Damit schnitten Fonds beinahe so gut ab wie Versicherungen und Altersvorsorgesysteme, die mit annähernd 27 Mrd. Euro ebenfalls einen hohen Wert erreichten. Die Bundesbank weist die Geldvermögensbildung seit 1999 aus.
Das Sparverhalten hat sich im Laufe der Coronakrise verändert: Denn wussten die Anleger während der ersten Welle vor mehr als einem Jahr zunächst nicht, wohin mit ihrem Geld, suchen sie jetzt häufiger Sparprodukte aus. Mit 73 Mrd. Euro kam im zweiten Quartal 2020 noch ein deutlich höherer Anteil dem Bargeld und den Einlagen zugute, während Fonds und Versicherungen wesentlich schwächer abschnitten als jetzt. Das Sparverhalten hatte die Bundesbank im vergangenen Jahr noch mit einer „unfreiwilligen Konsumzurückhaltung“ in Pandemiezeiten erklärt. Ungewöhnlich viel Geld läuft immer noch auf, doch die Anleger wenden sich stärker den Versicherungen und den Kapitalmärkten zu. Zwar existiere „nach wie vor eine ausgeprägte Präferenz für liquide oder als risikoarm wahrgenommene Anlageformen“, schreibt die Bundesbank. „Gleichzeitig spricht das weiter zunehmende Engagement am Kapitalmarkt für ein gestiegenes Renditebewusstsein.“
Eine solide Rendite schlägt sich auch im Bestand des Vermögens wieder: Das Volumen durchbrach im ersten Quartal die Marke von 7 Bill. Euro und steht per Ende März bei 7,14 Bill. Euro – das sind rund 86000 Euro je Bundesbürger. Den reinen Wertzuwachs neben dem Mittelzufluss beziffert die Bundesbank auf 63 Mrd. Euro in nur einem Quartal – „vor allem durch Kursgewinne bei Aktien und Investmentfondsanteilen“. Während der Bestand börsennotierter Aktien binnen drei Monaten um 11% auf 471 Mrd. Euro zulegte, kletterte der Fondsbestand, auch bedingt durch die Zuflüsse, um knapp 8% auf 791 Mrd. Euro. Anders als Fonds waren börsennotierte Einzelaktien im ersten Quartal aber kaum gefragt: Lediglich knapp 2 Mrd. Euro haben Anleger hier neu investiert.
Auch Schulden wachsen
Während das Vermögen wuchs, stiegen zugleich auch die Verbindlichkeiten: Das Kreditvolumen kletterte um 17 Mrd. Euro auf 1,96 Bill. Euro. Nach Abzug der Schulden bleibt den Privathaushalten damit ein Vermögen von 5,16 Bill. Euro übrig, das sind 62200 Euro pro Kopf. Gemessen am Geldvermögen sind die Schulden mit 27% relativ niedrig, doch in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, das in der Coronakrise einbracht, ist der Kreditbestand mit knapp 60% so hoch wie seit 2010 nicht mehr, warnt die Bundesbank.