Deutsche Sparer nehmen alte Gewohnheiten wieder auf
jsc Frankfurt
Inflation, Zinswende und Krisenangst schlagen sich bisher nicht erkennbar im Sparverhalten der privaten Haushalte in Deutschland nieder: Im zurückliegenden dritten Quartal legten die Deutschen unterm Strich 65 Mrd. Euro an und damit in etwa so viel wie vor der Pandemie üblich, wie aus Daten der Bundesbank hervorgeht. Mit 36 Mrd. Euro entfällt das Gros der Geldanlage wie auch in früheren Jahren auf Bargeld und Einlagen, mit 22 Mrd. Euro zeigen sich die Aufwendungen für Versicherungen und Altersvorsorgesysteme in etwa stabil. Die Neuanlagen in Investmentfonds sowie in börsennotierte Aktien haben mit 5 Mrd. und 3 Mrd. Euro wieder ein geringes, aber keineswegs ungewöhnliches Niveau erreicht. Trotz der Kursverluste im vergangenen Jahr und einer unsicheren wirtschaftlichen Lage wagen sich die Anleger also an riskante Anlageformen heran, auch wenn die hohen Werte aus den Jahren 2020 und 2021 nun passé sind.
Insgesamt besitzen deutsche Privatleute ein Geldvermögen von 7,48 Bill. Euro. Das entspricht etwa 88700 Euro pro Kopf. Seit Jahresbeginn 2022 ist das Geldvermögen absolut um 2,0% gefallen, im dritten Quartal um 0,3%. Grund dafür sind die hohen Wertverluste an den Aktien- und Anleihemärkten, die insgesamt stärker ins Gewicht fielen als die Sparleistung der Deutschen. Das zeigt sich im 2,60 Bill. Euro schweren Segment der Versicherungen und Altersvorsorgesysteme, wo der Wertverlust im dritten Quartal 41 Mrd. Euro ausmacht und damit fast doppelt so hoch ausfällt wie die Sparleistung. Investmentfonds sowie Aktien und sonstige Anteilsrechte, die insgesamt 1,66 Bill. Euro auf die Waage bringen, verzeichneten im dritten Quartal in Summe sogar noch höhere Wertverluste. Der Bestand an Bargeld und Einlagen nahm derweil leicht auf 3,08 Bill. Euro zu, weil ein Wertverlust ausblieb und die Haushalte zugleich weiteres Geld neu anlegten.
Wird die Inflation eingerechnet, fällt der Wertverlust noch höher aus. Auf Basis des harmonisierten Verbraucherpreisindexes ergibt sich über alle Anlageklassen ein Minus von 10,6% seit Jahresbeginn 2022 und von 3,6% im dritten Quartal.
Entlastung für Unternehmen
Abzüglich Verbindlichkeiten besitzen die Deutschen ein Geldvermögen von 5,36 Bill. Euro oder 63600 Euro pro Kopf. Damit verhält es sich bei Privatleuten anders als bei Unternehmen. Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften haben unterm Strich Verbindlichkeiten von 1,56 Bill. Euro, die Verpflichtungen übersteigen also das Geldvermögen. Weil von Unternehmen ausgegebene Aktien und Anteilsrechte als Verbindlichkeit zählen, wirken sich Kursverluste statistisch betrachtet an dieser Stelle positiv auf die Unternehmen aus.