Deutscher M&A-Boom kommt zum Erliegen
lee Frankfurt
– Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat dem Investment Banking einen jähen Dämpfer verpasst. Nach vorläufigen Refinitiv-Zahlen für den deutschen Markt schrumpfte das Geschäft mit Übernahmen und Fusionen (Mergers & Acquisitions/M&A) unter Beteiligung hiesiger Unternehmen im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 10% auf rund 16,9 Mrd. Euro. Betrachtet man allein die Transaktionen mit inländischen Zielunternehmen, zogen die Volumina im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11% auf 12,1 Mrd. Euro an.
Wie Tobias Larisch, Partner der Kanzlei Latham & Watkins, beobachtet hat, waren die meisten Akteure zu Beginn des Jahres noch sehr zuversichtlich, dass sich der „Bullenmarkt“ im M&A-Geschäft 2022 fortsetzen werde. Infolge des Kriegs und der damit einhergehenden Unsicherheit hätten sich viele Investoren dann aber lieber auf eine abwartende Haltung zurückgezogen.
Dies hat zum schwächsten Jahresstart seit 2016 geführt. Angeführt wird die Rennliste in diesem Geschäft von Goldman Sachs, gefolgt von Bank of America und der Deutschen Bank.
Einen drastischen Einbruch verzeichnete das Geschäft mit Aktienemissionen (Equity Capital Markets/ECM) in Deutschland. Seit Jahresbeginn summierten sich die Emissionen auf gerade einmal 900 Mill. Euro, dies sind fast 90% weniger als binnen Jahresfrist.
Sowohl das Geschäft mit Börsengängen als auch das mit der Platzierung von Wandelanleihen kam völlig zum Erliegen, einzig ein paar Follow-on Offerings, unter anderem von Deutscher Bank und Commerzbank, sorgten für etwas Bewegung. Gut zwei Drittel des ECM-Geschäfts wurden laut Refinitiv von Morgan Stanley eingefädelt, die damit ihre Spitzenstellung behauptete.
Ebenfalls rückläufig entwickelte sich das deutsche Geschäft mit Anleiheemissionen (Debt Capital Markets/DCM), das im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 19% auf knapp 99 Mrd. Euro zusammenschrumpfte.
Emissionen mit erstklassiger Bonitätseinstufung (Investment Grade) brachen um 24% auf knapp 34 Mrd. Euro ein, den niedrigsten Wert seit 2015. Hochverzinsliche Unternehmensanleihen verzeichneten angesichts des gestiegenen Risikobewusstseins der Marktteilnehmer im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar einen Rückgang um 80% auf rund 1,6 Mrd. Euro.
Teilweise ausgeglichen wurden die massiven Einbrüche im Corporate-Segment durch die gestiegene Nachfrage nach sicheren Häfen. Bund, Länder, Kommunen und Förderbanken nahmen in insgesamt 120 Emissionen etwa 61 Mrd. Euro ein. Angeführt wird die DCM-Rennliste von der Deutschen Bank mit einem Transaktionsvolumen von 7,7 Mrd. Euro, gefolgt von J.P. Morgan Chase und Citigroup.
Debt Capital Markets | |||
in Mrd. Euro, deutsche Rennliste, 1. Q. | |||
Rang | Bank | Zahl | Vol. |
1 (1) | Deutsche Bank | 26 | 7,8 |
2 (2) | J.P. Morgan | 24 | 7,0 |
3 (8) | Citigroup | 19 | 6,1 |
4 (6) | Unicredit | 28 | 5,9 |
5 (4) | HSBC | 23 | 5,8 |
6 (5) | Barclays | 21 | 5,4 |
7 (3) | Commerzbank | 20 | 5,0 |
8 (10) | Bank of America | 13 | 4,7 |
9 (14) | Goldman Sachs | 12 | 4,6 |
10 (9) | BNP Paribas | 10 | 4,5 |
*) Stand: 16. März 2022 | |||
RefinitivBörsen-Zeitung |