Zahlungsverkehr

Die Antithese zum Impulskauf

Im Online-Zahlungsverkehr gibt es einen neuen Trend: „Save Now Pay Later“ löst „Buy Now Pay Later“ nicht unbedingt ab, ergänzt es aber.

Die Antithese zum Impulskauf

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Der Siegeszug von „Buy Now, Pay Later“ hatte in den vergangenen Monaten seltsame Blüten getrieben. So wurde selbst der Erwerb einer online bestellten 10-Dollar-Pizza als Kauf in vier Raten angeboten, was bei einem zum sofortigen Verzehr bestimmten Produkt dann doch die Frage aufwirft, ob es die Fintechs mit ihren automatisierten Offerten nicht ein wenig übertreiben. Aber solange es Händler gibt, die solche Impulskäufe stützen, indem sie Klarna & Co dafür eine Umsatzbeteiligung ge­währen, werden junge Konsumenten von solchen Aktionen verführt, auf Pump zu kaufen – mit allen Gefahren einer Überschuldung.

Mittlerweile hat sich die Euphorie um den digitalen Ratenkauf auf Investorenseite ein wenig gelegt, was sich in der Downround von Klarna dokumentierte. Und da ein Trend häufig einen Gegentrend provoziert, haben sich erste Start-ups formiert und propagieren „Save Now, Buy Later“ als Antithese zum Kauf auf Pump. Sprich, hier wird erstmal ein Guthaben auf einem digitalen Konto angespart, aus dem heraus man sich dann die gewünschte Ware leistet. Das ist sozusagen die urdeutsche Variante des E-Commerce: Erst mal schön ansparen mit einem Ziel vor Augen, um dann guten Gewissens einzukaufen. Die Sparkassen werden es lieben!

Die Refinanzierung für Save-Now-Fintechs läuft auch primär über Händlervergütungen, die Sparer er­halten einen Bonus, da der Händler kein Ausfallrisiko hat. Wobei ein solcher Anreiz ja grundsätzlich allen Kunden offenstehen sollte, die ihre Ware sofort bezahlen, also per Banküberweisung/Vorkasse/Sofortzahlung/Paypal. Alles andere wäre un­ge­recht, und Konsumenten an der Nase herumzuführen wird nicht funktionieren, da sich etwaige Be­nachteiligungen blitzschnell über Social-Media-Kanäle verbreiten.

Gründer und Early-Stage-Investoren wittern jedenfalls ihre Chance mit SNBL (Save Now, Buy Later). Das US-Fintech Accrue Savings gilt dabei als Vorreiter und ist mit seiner Verbindung von Konto und zusätzlicher Bezahloption am Markt aktiv. Und als die Funding-Welt noch in Ordnung war, hatte sich mit Tiger Global einer der großen Trendinvestoren im Januar bei Accrue im Rahmen einer 25-Mill.-Dollar-Runde beteiligt. Die Verbraucherschützer des „Consumer Financial Protection Bureau“ beäugen SNBL schon – dabei liegt es ja auf der Hand, dass das Ansparen auf Käufe kaum zusätzliche Risiken für Konsumenten aufbauen kann, es sei denn, Kunden würden mit Target-Marketing-Kampagnen überschwemmt. Ge­nau dafür sind die SNBL-Funktionalitäten aber ge­macht – man muss schauen, wie sich das in der Praxis entwickelt.

Deutsche Käufer werden schon über die App des Wiener Start-up Monkee adressiert. Wobei diese Idee des Ansparens für Konsumwünsche per App ja schon mal vom Frankfurter Fintech Savedroid (heute: Advanced Bitcoin Technologies) versucht wurde und nicht so recht abheben wollte. Vielleicht waren die Konsumenten damals noch nicht so weit. Für die Konten haben die Fintechs dann in der Regel einen Bankpartner. Bei Monkee ist das die ING, der Be­zahlprozess wird über den Spezialisten Mangopay abgewickelt. Bei so vielen Dienstleistern, die auch alle was verdienen wollen, muss Monkee ordentlich Provisionen von den Händ­lern erhalten und darf davon nicht zu viel an die Kunden weitergeben, sonst bleibt bei der geringen Wertschöpfung nix hängen.

Und wie immer ist auch die Berliner Fintech-Szene frühzeitig mit am Ball: Mit Unterstützung des Frühphasen-VC Atlantic Labs werkelt Cherries an einem SNBL-Angebot. Solche Apps von Copy-Paste-Gründern dürften schon bald wie Pilze aus dem Boden schießen. Wenn Sparkassen und Genossenschaftsbanken klug sind, dann haben sie eine solche Spar-und-Zahl-Funktionalität samt Händlerschnittstelle schon bald integriert. In Sachen Payment sind die beiden großen Finanzverbünde mittlerweile auf Zack.

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