Die EBA präsentiert eine lange Risikoliste
bn Frankfurt
Die European Banking Authority (EBA) hält die unmittelbaren Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Banken in der EU für begrenzt, präsentiert zugleich aber eine lange Liste „klarer mittelfristiger Risiken“. Die direkten Folgen, vor allem aufgrund von Exposures gegenüber Counterparties in Russland, Weißrussland und der Ukraine, von steigenden Marktrisiken infolge höherer Volatilität sowie einer abrupten Neubewertung von Risiken stellten nach einer ersten Einschätzung keine fundamentale Bedrohung der Finanzstabilität dar, heißt es in der am Freitag publizierten Risikoübersicht der Behörde fürs vierte Quartal. Im Wochenverlauf hatte Elke König, Chair der EU-Bankenabwicklungsbehörde SRB, die Folgen des Krieges als tragbar dargestellt. Als weitaus Besorgnis erregender stellt die EBA jedoch die mittelbaren Risiken heraus. Als deren Treiber nennt sie die wirtschaftlichen Folgen des Krieges, auch in steuerlicher Hinsicht, die Folgen von Sanktionen, Cyberrisiken sowie die langfristigen Auswirkungen auf Lieferketten in der Weltwirtschaft. Die drohenden Weiterungen sind vielfältig. So trieben höhere Energiepreise die Inflation und dämpften die Konjunktur, russische Gegensanktionen mit Blick auf Öl- und Gasausfuhren würden diese Folgen eindeutig verschärfen, teilt die EBA mit. Dies drohe die Kreditvergabe zu beeinträchtigen und zu verhindern, dass Banken von steigenden Zinsen profitierten. Zugleich könnten Kunden in einem Umfeld erhöhter Ungewissheit versucht sein, ihre Ersparnisse in sichere und weniger lukrative Produkte wie Einlagen zu stecken, was sich auf die Einnahmen im Assetmanagement niederschlagen dürfte, heißt es. Infolge von Sorgen um die Ertragskraft der Häuser befürchtet die Behörde vor dem Hintergrund steigender Zinsen eine Verteuerung der Refinanzierung von Banken.
Compliance wird teurer
Steigende Preise für Gas, Öl und Lebensmittel könnten unterdessen die Kreditqualität im Massengeschäft sinken lassen. Im Unternehmenssektor nennt die EBA das verarbeitende Gewerbe, Transport und Logistik, den Bergbau, die Landwirtschaft sowie das Gastgewerbe als Branchen, die unter ihrer Abhängigkeit von Rohstoffen leiden könnten. Als operatives Risiko nennt die EU-Behörde wiederum Betriebsunterbrechungen infolge russischer Cyberattacken. Sie konstatiert aber zugleich, dass eine größere Attacke auf den Bankensektor der EU bislang nicht gemeldet worden sei. Angesichts der Sanktionen dürften zudem die Compliance-Kosten steigen, heißt es. Derweil könnten die Strafzahlungen wegen Verstößen gegen Sanktionsbestimmungen zunehmen, vor allem nach deren Ausweitung. Infolge der Marktwertbilanzierung von Staats-Exposures und anderen, der Fair-Value-Bilanzierung unterliegenden Aktiva wittert die EBA wiederum Marktrisiken.
Sich ausweitende Spreads könnten dabei solche Institute belasten, die noch größere Mengen an nachrangigen Schuldtiteln emittieren müssen, um ihre Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) zu erfüllen. Eine Ausweitung des Krieges drohe überdies Liquiditätsrisiken zu erhöhen, wenn etwa Falschinformationen über eine Bank in einem hochvolatilen Marktsentiment Depositen abfließen ließen.
Kredite dominieren
Wie die Behörde weiter ausführt, weisen Ungarns, Österreichs und Italiens Banken europaweit die prozentual höchsten Exposures gegenüber Russland und der Ukraine aus (siehe Grafik). EU-weit beziffert die EBA die Engagements auf 76 Mrd. Euro gegenüber Russland und auf 11 Mrd. Euro gegenüber der Ukraine. Mehr als vier Fünftel des Gesamt-Exposures entfallen demnach auf Kredite und Vorauszahlungen, vor allem an Unternehmen außerhalb des Finanzsektors. Exposures gegenüber der öffentlichen Hand machen im Falle Russlands nur 4 Mrd. und im Falle der Ukraine annähernd 2 Mrd. Euro aus, wie die EBA in ihrem Risk Dashboard weiter darlegt.