„Die Kreditbedingungen sind zurzeit gut“
Angela Wefers.
Nach der Corona-Pandemie nimmt die Konjunktur wieder an Fahrt auf. Wann erwarten die privaten Banken eine wieder anziehende Kreditvergabe?
Einiges spricht für eine schrittweise Normalisierung. Auch wenn die Auswirkungen der Pandemie noch nicht völlig überwunden sind, die Unternehmen werden zuversichtlicher. Im letzten Quartal 2021 wurden wieder mehr Finanzierungen nachgefragt, auch private Banken konnten mehr Kredite vergeben. Die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen haben sich weiter verbessert.
Rechnen Sie mit verstärkten Kreditausfällen, wenn die staatlichen Coronahilfen auslaufen?
Die zwischen Politik, Förderinstituten und Banken eng abgestimmten Maßnahmen haben gewirkt. Durch das Auslaufen der staatlichen Hilfen können zwar einzelne Unternehmen ins Straucheln geraten. Wir sehen aber derzeit keine verstärkten Kreditausfälle.
Im Geleit der hohen Inflation zeichnen sich Zinssteigerungen ab. Wird die Darlehensfinanzierung schwieriger werden für Unternehmen?
Wir müssen die weitere Inflations- und Konjunkturentwicklung sowie die nächsten Schritte der Europäischen Zentralbank (EZB) in den kommenden Monaten genau im Blick behalten. Wir hoffen dabei auf schrittweise und maßvolle Anpassungen der EZB, gerade um sprunghafte Zinserhöhungen zu vermeiden. Die Kreditbedingungen – also der Zugang zu Krediten und die Konditionen – sind zurzeit gut. Steigende Kreditzinsen bedeuten zunächst einmal, dass die Finanzierungskosten steigen. Es bedeutet aber nicht, dass es schwieriger wird, an Finanzierungen zu kommen.
Wird die Aktivierung der makroprudenziellen Kapitalpuffer die Kreditvergabe bremsen?
Wir befürchten, dass eine unveränderte Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers auf 0,75% im kommenden Jahr die Kreditvergabe ausbremsen wird. Denn die Erhöhung der Kapitalanforderungen dürfte die Fähigkeit der Banken, Kredite zu vergeben, deckeln. Und dies zu einem Zeitpunkt, in dem Unternehmen mit Blick auf die nachhaltige und digitale Transformation besonders auf Kredite angewiesen sind.
Sie monieren den Zeitpunkt, zu dem die Aufsicht die antizyklischen Kapitalpuffer aktiviert hat. Die Vorgabe muss zum 1.2.2023 erfüllt sein. Welcher Zeithorizont wäre aus Sicht der privaten Banken besser?
Die Aktivierung der antizyklischen Kapitalpuffer sollte auf einen Zeitpunkt verschoben werden, in dem die Unsicherheit über die wirtschaftliche Wirkung geringer ist. Die Banken wollen schließlich Wachstum begleiten und nicht begrenzen.
Wie stabil sind die privaten Banken bei steigenden Zinsen mit Blick auf die Fristentransformation in Ihrem Kreditgeschäft aufgestellt?
Die privaten Banken sind stabil aufgestellt. Sie steuern die Risiken aus der Fristentransformation im Rahmen der aufsichtlichen Vorgaben innerhalb vorsichtig gesetzter Grenzen. Es werden nur solche Risiken übernommen, die innerhalb der eng definierten Risikotragfähigkeit liegen.
Die Nachfolgefrage im Mittelstand wird virulenter, wenn die geburtenstarken Jahrgänge von 2025 an in Rente gehen. Sie vermissen Regelungen in der Mittelstandsfinanzierung, etwa für Unternehmensaufspaltungen und Holdingstrukturen. Was genau wäre nötig?
Es ist wie Sie sagen, der Mittelstand befasst sich sehr intensiv mit Fragen der Unternehmensnachfolge. Gängige Finanzierungen mit Hilfe von Holding-Konstrukten sind in der jüngst neu gestarteten Mittelstandsförderung der KfW nicht mehr enthalten. Die Wiedereinführung solcher „Share Deals“ mit zwischengeschalteter Beteiligungsholding ist aus meiner Sicht ein wichtiger Baustein der Mittelstandsfinanzierung.
Sustainable Finance schreibt die neue Bundesregierung ganz groß. Wird sich die Unternehmensfinanzierung dadurch verändern?
Der Kreditbedarf für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft wird die Unternehmensfinanzierung spürbar verändern. Wir sehen darin vor allem eine große Chance. Für Banken und ihre Kunden ist es aber wichtig, dass Nachhaltigkeitsvorgaben stabil und berechenbar sind, zudem müssen die Datenanforderungen zur Nachhaltigkeit praktikabel sein.
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