"Dies wird man so aber nie sehen"

Bankenverband steuert Erwartungen an Ergebnisse des Stresstests - Szenario düsterer als 2016 und 2014

"Dies wird man so aber nie sehen"

Der Bankenverband hat die Erwartungen an die Aussagekraft des europäischen Bankenstresstests relativiert und den hypothetischen Charakter der Belastungsprobe betont. Das makroökonomische Abschwung-Szenario falle diesmal strenger aus als in den Jahren 2016 und 2014, hieß es am Montag. bn Frankfurt – Knapp zwei Wochen vor Publikation der Ergebnisse des Bankenstresstests von European Banking Authority (EBA) und Europäischer Zentralbank (EZB) hat der Bundesverband deutscher Banken (BdB) die Aussagekraft der Belastungsprobe relativiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass die simulierte Stresssituation eintrete, sei typischerweise sehr gering, hieß es am Montag in einem Pressegespräch. Streng werde der Test dabei vor allem durch die Annahme, dass überall plötzlich verschiedene Stresssituationen eintreten, wie Direktor Uwe Gaumert erklärte. “Dies wird man so aber nie sehen.” Allenfalls würden diese sukzessive Realität.Den Angaben zufolge fällt das adverse Szenario des Stresstests, über dessen Resultate EBA und EZB am Freitagabend nächster Woche berichten wollen, schärfer aus als bei den Übungen 2016 und 2014. Hatte der europäische Systemrisikorat ESRB damals über einen Zeitraum von drei Jahren eine Kontraktion des realen Bruttoinlandsprodukts um europaweit durchschnittlich jeweils insgesamt gut 7 % unterstellt, so hat das Gremium in seinem makroökonomischen Abschwung-Szenario diesmal ein Minus von insgesamt mehr als 8 % zu Grunde gelegt. Mit 8,6 % fällt der Rückgang in Deutschland dem BdB zufolge dabei höher aus als etwa in Italien, für das ein Minus von 6,5 % angenommen wird. Der Bankenverband erklärt sich dies damit, dass aufgrund einer robusten Konjunktur und Risikolage hierzulande schärfere Annahmen nötig sind, um die Banken in eine Stresssituation hineinzurechnen. Auch hat die EBA dem BdB zufolge zum Teil strengere und von den Bilanzierungsstandards abweichende Direktiven formuliert, was die Anwendung des künftigen Bilanzstandards IFRS9 zur Bildung von Risikovorsorge angeht. Entsprechend hätten die Banken ihre Modelle anpassen müssen. Dem Vernehmen nach wird die EBA über den aggregierten Effekt des neuen Standards separat informieren.Ausgangspunkt des Tests ist die Bilanz per Ende 2017, wobei über den Untersuchungszeitraum bis Ende 2020 unterstellt wird, dass sich diese im Dreijahreszeitraum nicht verändert. Nach Kritik am Design der Stresstests 2014 und 2016 hat die EBA, und mit ihr die EZB, Staatsanleiheportfolios in ihr Untersuchungsdesign diesmal einbezogen. Auch Aufwand infolge von Fehlverhalten (Conduct Risk) findet Eingang. Szenario ohne harten BrexitEin harter Brexit fehlt dagegen im Szenario. Seine Risiken würden implizit indes sehr wohl berücksichtigt, sagte Dirk Jäger, Mitglied der Geschäftsführung des BdB. Denn Banken müssten negative Erwartungen auch hinsichtlich des britischen EU-Austritts einfließen lassen, wenn sie ihre Stresstestergebnisse rechneten. Negative Zinsen sind im Szenario ebenfalls nicht vorgesehen. Dies würde sich im Bankenbuch negativ niederschlagen, im Handelsbuch indes positiv, sagte Gaumert. Da das globale Zinsbuch der Banken “insgesamt long” sei, könnte man dieses nur dann Stress aussetzen, wenn man steigende Zinsen annehme.Die EBA hat europaweit 48 Banken in ihren Stresstest einbezogen, von denen 37 im Euroraum ansässig sind. Am 2. November werden die Resultate von 33 Instituten Eurolands bekannt – die Belastungsprobe der vier griechischen Häuser wurde vorgezogen, um vor Ablauf des dritten Rettungsprogramms für Hellas Klarheit zu schaffen. Parallel hat die EZB analog zur EBA weitere Banken dem Test unterzogen. Diese Ergebnisse macht sie nicht publik, sie will sie aber für die Ermittlung der individuellen Kapitalanforderungen heranziehen. Wessen Kapitalquote im adversen Stress-Szenario stark leidet, muss also mit strengeren Vorgaben der Aufsicht rechnen. Dass kein Mindestkapitalniveau mehr gilt, das eine Bank überbieten muss, begrüßt der Verband. Dies verhindere “Fehlinterpretationen der Ergebnisse”.Am EBA-Test nehmen acht deutsche Banken teil: BayernLB, Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank, LBBW, Helaba, Nord/LB und NRW.Bank. Spekuliert wird insbesondere über das Ergebnis der Nord/LB, nachdem die FAZ berichtet hat, das Institut sei im Test “deutsches Schlusslicht”. “Es ist bekannt, dass wir unter den deutschen Stresstest-Banken die niedrigste Kapitalquote haben. Insofern wäre es nicht überraschend, wenn wir Letzter würden”, sagte ein Sprecher der Börsen-Zeitung. Die Bank kenne die Ergebnisse der anderen Banken nicht und wisse daher auch nicht, wo sie in einem solchen Ranking stehe. “Vielleicht sollte man sich aber lieber anschauen, wie stark der Stresstest die jeweilige Kapitalquote verändert”, sagte er. Das Problem der niedrigen Kapitalquote gehe die Bank an.—– Wertberichtigt Seite 8