DWS warnt Fondsbranche vor „perfektem Sturm“
jsc Frankfurt
Die Fondstochter der Deutschen Bank stimmt auf neue Hürden ein: Der Aufschwung an den Börsen, der die 2010er Jahre geprägt habe, lasse sich für die Zukunft nicht fortschreiben, erklärte der neue DWS-Chef Stefan Hoops, der im Juni im Zuge einer Razzia im Konzern auf seinen abrupt abberufenen Vorgänger Asoka Wöhrmann folgte, am Mittwoch in einer Konferenz mit Analysten. „Es wird schwierig sein“, sagte er über das Branchenumfeld, das auch die Erwägungen der DWS zu Fusionen und Übernahmen prägen werde. Grundsätzlich stehe die Fondsbranche womöglich ähnlich wie auch andere Finanzfirmen vor einem Wandel durch Fintechs und einer unsicheren Ertragsbasis. „Kann die Zukunft der Assetmanager ebenfalls ein ähnliches Schicksal bereithalten, mit einem perfekten Ertragssturm?“, fragte er. Als früherer Manager im Transaction Banking der Deutschen Bank habe er erlebt, wie das Geschäft in der Pandemie wegen der Krise im Welthandel einbrach.
Im zweiten Quartal verdiente die Gesellschaft mit 155 Mill. Euro ein Zehntel weniger als im Vorjahreszeitraum. Die größte deutsche Fondsgesellschaft spürte dabei die Marktunruhe: Insgesamt zogen Anleger 25,0 Mrd. Euro aus den Fonds ab. Der Abfluss entfällt mit 24,8 Mrd. Euro fast ausschließlich auf Geldmarktmandate, wo Investoren ihre Mittel kurzfristig anlegen. Auch fielen die Abflüsse überwiegend in den USA an, wo der Absatz von Geldmarktfonds im Mai in der gesamtem Branche tief ins Minus drehte. Zu Beginn des dritten Quartals sei ein Großteil der Mittel wieder zurückgekommen, sagte Finanzvorstand Claire Peel.
In Deutschland bewegt sich die DWS mit einem Abfluss von netto 0,3 Mrd. Euro nahe der Nullmarke. Privatanleger steuerten konzernweit netto 3,5 Mrd. Euro bei, auch weil Flaggschifffonds wie „Top Dividende“ und „Concept Kaldemorgen“ laut Finanzchefin Peel gefragt waren. Im Vertrieb könne die DWS stärker auf eine Kooperation mit der Deutschen Bank aufbauen, sagte Hoops. So könnte die DWS Angebote für die Liquiditätspolster von Firmenkunden unterbreiten oder mit Hilfe der Investmentbank die Anlageklasse Private Credit beleben.
Ringen um Nachhaltigkeit
Nach der jüngsten ESG-Razzia Ende Mai, bei der die Ermittler die Deutsche Bank und die DWS durchsuchten, müht sich die Fondsgesellschaft um Zuversicht: Das Unternehmen kooperiere vollumfänglich mit den Behörden, stehe aber weiterhin zu seiner ESG-Berichterstattung, sagte Hoops. Bei der Razzia gingen die Ermittler der Frage nach, ob mutmaßlich falsche ESG-Angaben als Prospektbetrug gewertet werden können. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen habe die DWS für das zweite Quartal Kosten von ungefähr 30 Mill. Euro verbucht, erklärte Peel.
Bereits im vergangenen Jahr hatte die ehemalige ESG-Managerin Desiree Fixler ihrem ehemaligen Arbeitgeber vorgeworfen, dass Wort und Tat zum Einsatz von Nachhaltigkeitskriterien in der Praxis auseinanderklafften. Als sich laut Medienberichten daraufhin die US-Aufsicht SEC einschaltete, bracht der Kurs im vergangenen August ein (siehe Chart). Die DWS hatte die Vorwürfe stets bestritten.
Der Absatz bei ESG-Fonds bleibe intakt, versicherte Peel. Nachhaltige Aktienfonds und ETFs hätten im Quartal jeweils mehr als 0,2 Mrd. Euro angezogen, auch entsprechende Mischfonds und alternative Anlageklassen seien hier positiv geblieben. Insgesamt flossen 0,8 Mrd. Euro aus ESG-Fonds ab, was Peel auf Anleihe- und Geldmarktfonds schob.
Das verwaltete Vermögen, belastet durch Abflüsse und Kursverluste, gab im zweiten Quartal um 69 Mrd. Euro auf 833 Mrd. Euro nach. Die Ertragsbasis geriet damit unter Druck, gleichwohl erzielte die DWS mit 671 Mill. Euro 7% mehr als im zweiten Quartal 2021, aber 3% weniger als im Startquartal diesen Jahres. Die Kosten lagen mit 442 Mill. Euro um 14% über dem Vorjahreszeitraum und 4% über dem Startquartal. So stiegen die Ausgaben für Dienstreisen wieder an. Die Aufwand-Ertrag-Quote stieg auf 65,8%, der „bereinigte“ Wert blieb mit 59,3% unter der Zielmarke von 60%. Die seit einem Jahr tief gefallene Aktie legte am Mittwoch um 1% auf 25,94 Euro zu.
DWS Group | ||
Kennzahlen nach IFRS | ||
2. Quartal | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Nettoerträge | 671 | 625 |
Aufwand | 442 | 387 |
Nettogewinn | 155 | 172 |
Cost-Income-Ratio (%) | 65,8 | 61,9 |
Verw. Vermögen (Mrd.) | 833 | 859 |
Nettomittelflüsse (Mrd.) | −25,0 | 19,7 |
Beschäftigte* (Anzahl) | 3508 | 3342 |
*) VollzeitäquivalenteBörsen-Zeitung |