DZ-Bank-Chefs richten Appell an neue Regierung
sto Frankfurt
Die Co-Vorstandsvorsitzenden der DZ Bank, Uwe Fröhlich und Cornelius Riese, haben auf der Hauptversammlung des Instituts an die künftige Bundesregierung mahnende Worte gerichtet, welche Politik ihrer Ansicht nach für die Zeit nach der Coronakrise dringend erforderlich ist. „Es ist deutlicher denn je, dass umfangreiche Reformanstrengungen nötig sind, damit Deutschland seine Rolle als ‚verlässlicher Partner‘ und ‚Europas wirtschaftlicher Motor‘ weiterhin wahrnehmen kann“, sagte Fröhlich am Mittwoch vor rund 300 virtuell zugeschalteten Anteilseignern.
Insgesamt hat die DZ Bank rund 1300 institutionelle und private Aktionäre. Üblicherweise sind bei den Hauptversammlungen des genossenschaftlichen Zentralinstituts 500 bis 600 von ihnen vertreten.
Attraktiv für Biotech
Konkret benannte Fröhlich als politische Aufgaben die Stärkung des Wirtschaftsstandortes durch marktwirtschaftliche Lösungen, die Allokation von Forschungsgeldern in Schlüsseltechnologien wie Nanotechnologie und synthetische Biologie, den Ausbau der künstlichen Intelligenz und die Weiterentwicklung von Risikokapitalmärkten. Amtskollege Riese betonte, die Finanzinfrastruktur in Deutschland müsse so weiterentwickelt werden, „dass sie u.a. auch für Biotech-Unternehmen attraktiv ist und kein Ausweichen – z.B. in die USA – erforderlich ist“.
Weg in die Freiheit
„Vor allem muss die künftige Bundesregierung der Coronakrise mit Maßnahmen begegnen, die wieder den Weg in die Freiheit – und das heißt eben auch wirtschaftliche wie unternehmerische Freiheit – eröffnen“, mahnte Fröhlich. Die „vorhandenen Sympathien für einen paternalistischen Staat“ dürften nicht weiter bestärkt werden, sagte Riese und ergänzte: „Eigenverantwortung, Unternehmertum, gute Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung und ein klares Bekenntnis aller gesellschaftlichen Akteure zur sozialen Marktwirtschaft sind erforderlicher denn je.“ Mit Blick auf den Mittelstand warnte Riese vor einer Spaltung nicht nur zwischen „wohlhabenderen und ärmeren gesellschaftlichen Gruppen“, sondern auch der Wirtschaft. Es gebe Mittelständler, deren Existenz auf dem Spiel stehe, während „systemrelevante“ Unternehmen, etwa die Lufthansa, Staatshilfe erhalten hätten.
Dennoch sprach sich Fröhlich dagegen aus, die entstandenen Schäden im Mittelstand durch Steuergelder reparieren zu wollen: „Es wäre eine gefährliche Überdehnung staatlichen Selbstverständnisses, wenn man sich einbildet, die Schäden, die hier gerade entstehen, durch kostspielige, letztlich von uns allen als Steuerzahler zu finanzierende Programme kompensieren zu wollen.“ Grundsätzlich befürchtet Riese, dass der Staat und seine Institutionen „bei der Rückführung ihrer in Krisen erworbenen Durchgriffsgewalt schwerfällig“ sein werden.
Angesichts des jüngsten Zusammenbruchs des Hedgefonds Archegos prangerte Riese an, dass Schattenbanken im Gegensatz zur Bankenbranche weitestgehend unreguliert seien: „Es wäre ein trauriges Resultat, wenn nach der Dekade der Regulierung im Bankensektor das Risikopotenzial des Finanzsystems in unserer unmittelbaren, nicht regulierten Nachbarschaft gelandet wäre. Zumal diese Risiken, wie die jüngsten Vorfälle gezeigt haben, in einer Art ‚Kreislaufwirtschaft‘ in die Banken zurückfinden.“ Auch Anbieter finanznaher Dienstleistungen sollten seiner Ansicht nach der Finanzaufsicht unterliegen.
Prognose angehoben
Für das eigene Institut zeigten sich die Co-Vorstandschefs nach einem „guten Start“ optimistischer für das laufende Jahr als noch vor wenigen Wochen. Sie stellten „ein Ergebnis zumindest auf dem Niveau des Vorjahres“ in Aussicht. 2020 hatte der Konzern einen Gewinn von 1,46 Mrd. Euro erwirtschaftet, was bislang für 2021 als unerreichbar galt.