EBA knöpft sich Anti-Geldwäsche-Behörde vor

Aufsicht wirft Maltesern schwere Versäumnisse bei Kontrolle der Pilatus Bank vor - BCG-Experten sehen Europa vor großen Aufgaben

EBA knöpft sich Anti-Geldwäsche-Behörde vor

Finanzaufseher erheben schwere Vorwürfe gegen die maltesische Anti-Geldwäsche-Behörde, EU-Vorgaben quasi systematisch unterlaufen zu haben. Der jüngste Fall in einer Reihe von Skandalen bei Pilatus, Danske Bank, ABLV und Versobank wirft ein Schlaglicht auf die Geldwäschebekämpfung in Europa. fir Frankfurt – Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat der maltesischen Anti-Geldwäschebehörde FIAU schwere Versäumnisse bei der Kontrolle der Pilatus Bank vorgeworfen. Eine ganze Palette von Fehlern stelle unter Beweis, dass die Ermittler nicht in der Lage gewesen seien, eine effektive Aufsicht sicherzustellen. Geldwäscheprobleme bei der Pilatus Bank sind seit Jahren bekannt, ohne dass sich Grundlegendes geändert hätte. Die EBA beklagt, dass Malta Geldwäscherichtlinien nicht durchsetzt. Es bestünden “allgemeine und systematische Unzulänglichkeiten” bei der Anwendung der EU-Regeln, teilte sie mit. EU-Justizkommissarin Vera Jourova bewertete die EBA-Aussagen als “besorgniserregende Neuigkeiten”. Die FIAU ist angehalten, der EBA binnen zehn Tagen die Schritte mitzuteilen, die sie zur Behebung der Mängel und zur Einhaltung von EU-Recht zu unternehmen gedenkt. Ende Juni hatten die maltesischen Behörden bei der Europäischen Zentralbank (EZB) darum gebeten, der Pilatus die Lizenz zu entziehen. Zuvor war Chairman Ali Sadr Haschemi Nedschad wegen des Verdachts, US-Sanktionen gegen den Iran missachtet zu haben, in den Vereinigten Staaten verhaftet worden. Die Finanzaufsicht Maltas hatte daraufhin die Vermögen der Bank eingefroren. Derweil nimmt die EZB-Bankenaufsicht den Antrag der Malteser in Augenschein. Dass sie nach der Prüfung, die sich über Wochen oder gar Monate hinziehen kann, die Lizenz kassiert, gilt als wahrscheinlich. Der grüne Europaparlamentarier Sven Giegold verwies am Donnerstag darauf, dass Pilatus im Zentrum der Recherchen der ermordeten maltesischen Bloggerin Daphne Caruana Galizia gestanden habe, die Korruptions- und Geldwäschevorwürfe erhob, die bis in höchste politische Kreise des EU-Kleinstaates reichen. Giegold fordert wegen der anhaltenden Verstöße gegen Geldwäschevorgaben ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Malta. Formal ist Geldwäsche Sache der Nationalstaaten und ihrer entsprechenden Behörden, aber auch nationale wie europäische Aufseher, allen voran die EZB, sind involviert. Ihnen mangelt es jedoch an Durchgriffsmöglichkeiten (vgl. BZ vom 11. Juli). Europol geht davon aus, dass von den geschätzt 120 Mrd. Euro, die pro Jahr in der EU gewaschen werden, gerade einmal 1 % aufgespürt und eingezogen werden. “Geldwäsche ist ein lukratives Geschäft. 30 % des gewaschenen Geldes sind üblicherweise der Preis, den sie dafür bekommen”, sagt Compliance-Experte Norbert Gittfried von der Boston Consulting Group (BCG). Gerold Grasshoff, globaler Leiter Risk, Regulation und Compliance bei BCG, macht deutlich, dass Europa noch am Anfang steht, wenn es um eine Harmonisierung der Geldwäschebekämpfung geht. “Geldwäsche ist innerhalb des Risikomanagements ein Non-Financial Risk. Die entsprechenden Vorgehensweisen, wie damit umzugehen ist, müssen erst noch weiterentwickelt werden. Es wird uns noch eine Weile beschäftigen, bis Standards und Messmethoden so ausgereift und harmonisiert sind, wie wir uns das wünschen: Mit Verfahren zur Messung des Kreditrisikos beispielsweise ist das Baseler Komitee seit 20 Jahren befasst.” Rechtliche HemmnisseDie Experten nennen im Gespräch mit der Börsen-Zeitung weitere Schwachstellen: Die Bankenabwicklung sei noch unausgegoren, außerdem erwiesen sich mangelnde Kommunikation, ungeklärte Kompetenzfragen und rechtliche Hemmnisse als problematisch für eine echte Bekämpfung von Geldwäsche auf europäischer Ebene. Grasshoff hält sie nicht für unlösbar, gibt aber zu bedenken: “Die Aufgabe ist, wie wir das Dilemma lösen, sich an europäische Regeln zu halten, ohne gleichzeitig gegen nationale Gesetze zu verstoßen.” Die am Montag in Kraft getretene 5. Geldwäscherichtlinie könne immerhin helfen, den Informationsfluss zwischen Staaten und EU-Ebene in Schwung zu bringen. Dennoch reiche die Richtlinie nicht aus. Gittfried erachtet es als sinnvoll, sie in eine Verordnung umzuwandeln, was den Vorteil einer einheitlichen europäischen Regelung ohne nationale Interpretationsspielräume hätte, und dann die EBA mit erweiterten Befugnissen zur Eindämmung von Geldwäsche auszustatten. Die verspürt allerdings wenig Drang, dem nachzukommen, richtete sie doch aus, weder über die rechtlichen noch die personellen Möglichkeiten zu verfügen. Gittfried regt zudem an, Transaktionen zentral an die Behörden zu melden, nicht nur Verdachtsmomente. In Italien werde das schon so gehandhabt: “Da lässt sich die Banca d’Italia einmal im Monat alle Kontobewegungen von allen Konten, die im Land geführt werden, übermitteln und hat dann die Möglichkeit, Analysen vorzunehmen.”