Empfehlungen für die Bewertung von Klimarisiken
sto Frankfurt
Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hat zusammen mit einigen Mitgliedsinstituten ein Eckpunktepapier erstellt, das Empfehlungen für die mittelständischen Banken mit Blick auf den Einbezug der Umwelt- und Klimarisiken in das eigene Risikomanagement enthält. Das 21-seitige Dokument wird heute veröffentlicht. Es soll dazu dienen, „Institute bei der effektiven Durchführung von Klimastresstests zu unterstützen“ und einen möglichst „einfachen und handhabbaren Weg“ hierfür aufzuzeigen, wie Torsten Jäger, Leiter Sustainable Finance beim BdB, betont.
Für die großen Institute hatte die EZB in diesem Jahr als erstmalige Lernübung einen Klimastresstest durchgeführt. Für die national beaufsichtigten Häuser besteht von Seiten der Aufseher absehbar auch die Erwartungshaltung, dass die Klima- und Umweltrisiken durch Stresstests und Szenarioanalysen auf die Aktivitäten des eigenen Hauses bewertet werden. Dies werde die BaFin institutsindividuell überprüfen. „Klima- und Umweltrisiken zu messen, ist jedoch kein einfaches Unterfangen“, unterstreicht Jäger. Klimatische Veränderungen hätten einen sehr langen Zeithorizont, die Prognosen seien unsicher, und es gebe unvorhersehbare Interdependenzen. Zudem mangele es an verlässlichen Daten.
Vor diesem Hintergrund gibt es vom BdB an die national beaufsichtigten Institute eine Handlungsempfehlung zum Vorgehen und zur Implementierung von Kriterien. Die grundlegende, erste Empfehlung lautet dabei, dass die Klima- und Umweltrisiken nicht als neue Risikoarten betrachtet werden dürfen, sondern als Risikotreiber bei den etablierten Risikoarten. So spielen im Kreditrisiko Ausfallwahrscheinlichkeiten von Darlehen durch Extremwetterereignisse eine Rolle oder Wertverluste bei Immobilien. Beim strategischen Risiko geht es um CO2-intensive Branchen. Beim Reputationsrisiko droht der Vorwurf von Greenwashing (überzogene Versprechen bei nachhaltigen Finanzprodukten). Bei Marktpreisrisiken geht es um negative Auswirkungen auf Aktien oder Bonds von CO2-intensiven Unternehmen.
Bei der notwendigen Granularität lautet die Empfehlung, diese schrittweise zu steigern. Im ersten Schritt sollten die Unternehmens- und Immobilienkredite betrachtetet werden und erst zuletzt Privatkunden. Dabei gelte es, die Kreditportfolien möglichst kleinteilig zu zerlegen, das heißt die Kreditnehmer nicht nach Branchen wie üblich, sondern nach deren einzelnen Wirtschaftsaktivitäten zu ordnen. Hier bestehe die Herausforderung, dass die existierenden Risikomessverfahren diese Granularität noch nicht abbilden könnten, heißt es. Aus diesem Grund wird für die Granularität, aber auch für notwendige Szenarien auf das Network for Greening the Financial System (NGFS) verwiesen. Dieses internationale Gremium von Zentralbanken und Aufsehern arbeitet derzeit an Variablen für die finanziellen Risikowerte vor dem Hintergrund der Klimaveränderung.
Zudem empfiehlt der BdB, Zweitrundeneffekte vorerst in den Berechnungen außen vor zu lassen, etwa Abwanderung von Unternehmen aus klimageschädigten Gebieten. Auch wird geraten, den Zeithorizont auf zehn statt der üblichen 30 Jahre zu beschränken, bestehende Stresstest- und Reportingstrukturen zu nutzen oder sich auf wenige Parameter zu konzentrieren. Zudem sollten die Ergebnisse qualitativ gewürdigt werden, statt eine Risikoabdeckung mit Kapital anzupeilen, heißt es mit Blick in Richtung Aufsicht.