„Es besteht schon eine Pipeline für weitere Brokerage-Kunden“
IM GESPRÄCH: LARS REINER
„Es besteht schon eine Pipeline für weitere Brokerage-Kunden“
Der Ginmon-Chef über die Gründerzeit und die neuen Perspektiven für das Geldanlage-Fintech im B2B-Geschäft
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Das Frankfurter Fintech Ginmon hat seine Investment-Plattform fit gemacht, um verstärkt als Dienstleister für Broker tätig zu werden. Es hätten schon einige angeklopft, als die Bunq-Partnerschaft im Herbst bekannt gegeben wurde, so Ginmon-CEO Lars Reiner im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Das 2014 gegründete, auf digitales Wealth Management spezialisierte Fintech Ginmon (japanisch für „silbernes Tor“, symbolisch für Wegbereiter zur finanziellen Unabhängigkeit) ist ein Urgestein der Frankfurter Szene. Der damals noch für die Deutsche Bank tätige Lars Reiner hatte seinen Mitgründer und langjährigen Vermögensberater Ulrich Bauer kennengelernt und dachte: „Was der Uli da mit wohlhabenden Kunden macht für ihre personalisierte Geldanlage, das müsste man doch auch digital hinkriegen können und dann auch für kleinere Depots zugänglich machen“, erinnert sich Reiner im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Fintech der ersten Generation
Das Start-up war nicht als Hyperscaler aufgesetzt, sondern setzte auf einen gründlichen Aufbau. Als Fintech der ersten Generation wurde Ginmon meist in das Segment der Robo-Advisor einsortiert. Aber Reiner gibt zu bedenken, dass dieser Begriff „sehr unterschiedlich“ belegt sei und nicht alle damals an den Start gegangenen Anbieter den Anspruch an eine wirklich delegierte und automatisierte Vermögensverwaltung erfüllt hätten.
Was wir anbieten, ist eine sich wirklich an definierten Geldanlagezielen orientierte Strategie umzusetzen, wo wir tatsächlich diskretionär das Investment vornehmen.
„Was wir für den Retailbereich anbieten, ist eine sich wirklich an definierten Geldanlagezielen orientierte Strategie umzusetzen, wo wir tatsächlich diskretionär das Investment vornehmen. Und dafür hatten wir uns nach der Gründung als Basis eine BaFin-Lizenz zur Finanzportfolio-Verwaltung besorgt. Neben der Risikooptimierung gehört auch ein Modul zur Steueroptimierung dazu, wo dann über den Algorithmus gezielt Assets verkauft werden, um in den gewünschten Korridor zu kommen.“
Sprungbrett für das B2B-Geschäft
Die hauseigene Tech-Plattform Apeiron wurde und wird stetig ausgebaut und umfasst heute alle Prozesse des Vermögensmanagements inklusive Compliance, Portfoliomanagement, Wertpapierinfrastruktur sowie eine Vermögensübersicht. Die Wertpapierinfrastruktur ist das Sprungbrett für ein neues B2B-Geschäft: Seit September bietet die Neobank Bunq ihren mehr als 14 Millionen Kunden ein Trading-Feature für Aktien und ETFs an, das in einem europäischen Land nach dem anderen ausgerollt wird – und für das Ginmon das Brokerage und Upvest die Verwahrung darstellen.
Es besteht schon eine Pipeline für weitere Brokerage-Kunden, da haben einige angeklopft, als die Bunq-Partnerschaft bekannt gegeben wurde.
Co-Pilot für Vermögensberater
Reiner ist stolz darauf, dass das Angebot innerhalb von sieben Wochen in die Bunq-App integriert werden konnte. Das kann nur funktionieren, wenn auf beiden Seiten die Schnittstellen dafür funktionieren. Für Ginmon ist das B2B-Geschäft ein zweites Standbein, das nun auf breitere Füße gestellt werden soll. „Es besteht schon eine gewisse Pipeline für weitere Brokerage-Kunden. Da haben einige angeklopft, als die Bunq-Partnerschaft bekannt gegeben wurde. Es ist ja zu beobachten, dass die Aktionärszahlen sich weiter gut entwickeln, und das gibt den Investment-Plattformen die Zuversicht, da nachzulegen mit Modulen für das Wertpapiergeschäft. Und diese Nachfrage können wir als White-Label-Anbieter bedienen.“
Außerdem will sich Ginmon zu einem, wie er es nennt, „Personal Finance Coach“ weiterentwickeln. Sprich eine App soll von Endkunden und Vermögensberatern als Co-Pilot eingesetzt werden, die das Management der eigenen persönlichen Finanzen und finanziellen Ziele laufend optimiert. Bislang ist Ginmon bei Retail in kleineren Losgrößen unterwegs. Die Assets under Management (AuM) im Eigengeschäft betragen gut 400 Mill. Euro. Etwa 25.000 Kunden befinden sich auf der Plattform. Der Umsatz liege im einstelligen Millionenbereich. „Vor allem haben wir unser Ziel erreicht, in diesem Jahr profitabel zu sein. Das sollte nach zehn Jahren am Markt einfach möglich sein.“ Zunächst auf monatlicher Basis profitabel geworden, soll das nun nachhaltig fortgeschrieben werden.
Gründer hielten Verwässerung gering
Zu den Investoren von Ginmon zählen Venture-Fonds wie Passion Capital (auch bei der britischen Neobank Monzo investiert), Family Offices und einige Experten aus der Frankfurter Bankenszene. Die Gründer und Team halten weiter rund 50%. Zu den beratenden Unterstützern gehört Wolfgang König als ehemaliger Dekan des House of Finance an der Frankfurter Goethe-Universität. Für deren Stiftung hatte Reiner Anlagekonzepte entwickelt. Das war dann auch Inspiration, unter die Gründer zu gehen.
In die Lücke springen
Viel Luft nach oben besteht nach Reiners Ansicht beim Thema Finanzbildung, auch wenn digitale Angebote wie Finanzfluss für Selbstentscheider die Grundlagen verbessern. „Aber die meisten Anleger halten sich nicht vollends konsequent an ihre Strategie oder haben ihre Ziele nicht ausreichend definiert. In die Lücke können wir mit der personalisierten Anlagestrategie springen, indem wir die Investmentziele auf Grundlage der Präferenzen festlegen und dann für die stringente Umsetzung sorgen.“
Eine Reform der renovierungsbedürftigen betrieblichen Altersvorsorge wäre der große Hebel, um die Gelder richtig in die Altersvorsorge zu leiten.
Ernüchtert blickt Reiner auf das wahrscheinliche Scheitern des Gesetzespaketes zum steuerbegünstigten Altersvorsorgedepot. Das werde sich wohl um mindestens ein Jahr verschieben. „Wir könnten das innerhalb weniger Wochen auf die Beine stellen“, sagt Reiner. Er regt an, auch die betriebliche Altersvorsorge zu reformieren. „Das wäre der große Hebel, um die Gelder richtig in die Altersvorsorge zu leiten. Ich wünsche mir, dass das bei uns so läuft wie in den USA mit den 401k-Plänen, wo Gelder vom Arbeitgeber mitfinanziert automatisch in die kapitalmarktgestützte Altersvorsorge gehen.“