Es sollte wieder mehr investiert werden
In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends wurde zu Recht beklagt, dass der Mittelstand über zu wenig Eigenkapital verfüge. In der Finanzmarktkrise 2007/2008 rächte sich dies, als das Eigenkapital knapp wurde und Kreditinstitute aufgrund gestiegener Kapitalanforderungen in der Folge häufig ihre Kreditlinien reduzierten. Die Unternehmen haben aus dieser Krisensituation gelernt und ihr Netto-Umlaufvermögen optimiert, indem sie beispielsweise ihr Forderungs- und Warenmanagement strafften und sich von den Banken unabhängiger machten. Solide EigenkapitalbasisSomit hat sich das Bild völlig geändert: Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) wiesen Ende 2013 im Durchschnitt eine Eigenkapitalquote von 28 % auf, die Großunternehmen sogar knapp 30 %. Da die deutsche Wirtschaft im Vergleich zu den anderen EU-Staaten trotz Anzeichen einer nachlassenden Dynamik gut dasteht, ist davon auszugehen, dass die Eigenkapitalquote der Unternehmen in den vergangenen 18 Monaten noch weiter gestiegen ist. Das ist eine begrüßenswerte Entwicklung, denn eine ausreichende Kapitalisierung unserer Firmenkunden ist auch für das interne Rating gut und wichtig. Heute sind Unternehmen solider aufgestellt als vor 2007 und können künftige Krisen leichter überstehen.Jedoch stellt sich die Frage, wie viel Eigenkapital überhaupt notwendig ist. Wurde möglicherweise schon zu viel zurückgelegt? Investieren deutsche Unternehmen noch genügend in die Zukunft, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern?Gerade Investitionen und Innovationen stellen die Weichen für eine erfolgreiche unternehmerische Zukunft. Schließlich ist Deutschland bei Forschung und Entwicklung (F & E) nicht nur in Europa weiterhin das Land der Erfinder. Denn die Bundesrepublik gehört bei Patentanmeldungen nach wie vor zu den Spitzenreitern, und das weltweit. Beim Maschinenbau ist Deutschland mit einem Anteil von 26 % sogar “Patent-Weltmeister”. Allein die deutschen Großunternehmen haben ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung gegenüber 2013 um 11,3 % auf 55 Mrd. Dollar gesteigert. Im F & E-Bereich sind die deutschen Unternehmen international somit weiterhin gut aufgestellt. Doch reicht das aus? Bei der derzeitigen internationalen Konkurrenz können wir uns wohl kaum ein Ausruhen leisten.Denn in den vergangenen Jahren war die Bereitschaft im breiten Mittelstand, Investitionen zu tätigen, – abgesehen von einer hoch innovativen Avantgarde – eher rückläufig. So lagen die Unternehmensinvestitionen 2013 im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt nur noch bei rund 10 % im Vergleich zu rund 15 % im Jahr 1991. Auch wenn in letzter Zeit zu beobachten ist, dass wieder vermehrt investiert wird, so scheint es teilweise weiterhin an unternehmerischem Mut zu fehlen. Denn selbst viele Mittelständler, die das Rüstzeug und Know-how für ertragreiche Aktivitäten etwa im Ausland hätten, halten sich hier noch zurück. Dabei könnten Unternehmen durchaus mehr investieren. Es liegt auch nicht an der Kreditvergabe der Banken, denn Unternehmen können sich in Deutschland über historisch günstige Finanzierungen freuen. Eine Kreditklemme gibt es hierzulande nicht. Unternehmen warten abVielmehr verhalten sich Unternehmen häufig aufgrund geopolitischer Unsicherheiten, aber auch wegen des großen bürokratischen Aufwands abwartend. Dabei wäre es gerade jetzt, in Zeiten der Energiewende und des demografisch bedingten Fachkräftemangels, sinnvoll, in die Zukunft zu investieren. Wenn nicht gegengesteuert wird, leiden letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und damit der Standort Deutschland. Und das gibt durchaus Grund zu zunehmender Sorge. Denn die Gewinnmargen der deutschen Unternehmen geraten langsam unter Druck, weil die Lohnstückkosten in diesem Jahr bereits stärker steigen als die Absatzpreise. Das dämpft die Dynamik der Unternehmensinvestitionen. Aber auch wirtschaftspolitisch stimmt die Richtung nicht mehr, wenn Arbeitsmarktreformen teilweise zurückgerollt werden und die Reform der Erbschaftsteuer in vielen Fällen eine Betriebsübergabe gefährdet.Ein weiterer Grund dafür, dass insbesondere der kleine und mittlere Mittelstand nicht mehr genügend investiert, ist das derzeitige Niedrigzinsumfeld: Es erzeugt Unsicherheit. Dabei sollte die Niedrigzinsphase doch eigentlich die mittelständischen Unternehmen ermutigen, lieber jetzt zu investieren, als weiteres Geld zu “verbrennen”. Zumal laut der jüngst erschienenen Studie der Bielefelder Fachhochschule des Mittelstandes knapp 57 % der befragten Unternehmen damit rechnen, dass die Niedrigzinsphase noch weitere drei Jahre anhalten wird.Was kann der Mittelstand also tun? Zur Profitabilitäts- und Effizienzsteigerung sollten sich die kleinen und mittleren Unternehmen internationaler aufstellen, sich der digitalen Zukunft nicht verschließen, aber auch lukrative Anlagemöglichkeiten suchen. Rekord beim AnlagevermögenDenn allein das Anlagevermögen der KMU hat sich mit durchschnittlich 5,9 Mill. Euro gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt – das ist der höchste je ermittelte Wert. Dabei investieren Unternehmen vermehrt in längerfristige Fonds, wie Geldmarkt-, Renten- und gemischte Fonds, da die Streuung des Fondsvermögens und die Verwahrung als “insolvenzsicheres” Sondervermögen dem Sicherheitsbedürfnis mittelständischer Unternehmen entgegenkommen. Gleichzeitig lässt sich so die gewünschte Mindestverzinsung von durchschnittlich 2,42 % erzielen. Da die Unternehmen Angst davor haben, bei einer Zinswende Kursverluste zu erleiden, legt bereits fast jeder dritte Mittelständler seine Liquidität zwischen sechs Monaten und einem Jahr an. Laufzeiten über einem Jahr haben hingegen an Attraktivität eingebüßt.Festgeld anlegen kann aber nur eine kurzfristige Lösung sein. Wenn der breite Mittelstand längerfristig investieren möchte, kommt er um drei Dinge nicht herum: die Digitalisierung der eigenen Produktionsprozesse, die Internationalisierung des Geschäfts und gezielte Akquisitionen.Gerade die Übernahme anderer Unternehmen kann das Portfolio sinnvoll ergänzen. Auch bietet der Unternehmenskauf nicht selten Gelegenheit, sich leichter internationaler aufzustellen, etwa wenn es sich um einen Zulieferer handelt. Denn der große Mittelstand ist bereits verstärkt im Ausland tätig und fordert dies häufig auch von seinen Lieferanten. Dies ist auch einer der Gründe, warum die Commerzbank in Kürze in Sao Paulo/Brasilien eine Tochtergesellschaft eröffnen wird. Bereits heute sind in Brasilien etwa 1 400 deutsche Unternehmen vertreten, da das Land über erhebliches ökonomisches Potenzial verfügt. Investoren finden hier einen großen, noch nicht gesättigten Markt, eine fortgeschrittene Industrialisierung und eine außerordentliche Menge an Rohstoffen vor. Auch wenn die konjunkturellen Daten derzeit nicht für Brasilien sprechen, wird das Land auf mittlere Sicht wieder zu einem dynamischen Wachstum zurückkehren.Dass der Schritt in die Internationalisierung nicht immer leichtfällt und zudem Herausforderungen mit sich bringt, ist bekannt. Um mittelständische Unternehmen hierbei zu begleiten, sind bedarfsgerechte und innovative Lösungen, aber auch Beratung zu rechtlichen und regulatorischen Besonderheiten des jeweiligen Landes gefragt. Diese Lösungskompetenzen können Universalbanken – wie die Commerzbank – bieten. Stabile Hausbankbeziehungen und ein breit aufgestelltes Universalbanksystem sind die besten Voraussetzungen für die Liquiditätssicherung und Finanzierung der Unternehmen. Die Commerzbank setzt daher direkt an der Wertschöpfungskette der Unternehmen an und identifiziert systematisch Optimierungspotenziale. Mit ihrer Beratungskompetenz eröffnet die Commerzbank dem Mittelstand neue Wachstumsperspektiven auch jenseits der etablierten Märkte. Schließlich stärkt ein stabiler Umsatzanteil an internationalen Märkten Unternehmen im Heimatmarkt und macht deren Wachstum überhaupt erst möglich.Unternehmen können sich dabei auch über Fremdkapital – durch öffentliche Fördermittel zum Beispiel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder der Europäischen Investitionsbank (EIB) – finanzieren. Der Vorteil liegt in der günstigen Geldbeschaffung, die an die Kunden weitergegeben wird. Damit konnte die Commerzbank unter anderem als Konsortialführer dem erfolgreichen thüringischen Kurbelwellenhersteller Feuer Powertrain eine Produktionsstätte in den USA refinanzieren. Mit öffentlichen Fördermitteln lassen sich aber nicht nur Kredite, sondern auch Garantien und Bürgschaften darstellen. So können innovative Unternehmen Garantien aus dem europäischen Förderprogramm “Horizont 2020” erhalten. Somit werden auch Kunden mit geringeren Sicherheiten Erfolg versprechende Investitionen finanziert.Dennoch kommt der Mittelstand nicht um die digitale Transformation herum. Nur so kann er künftig schnell und flexibel auf Kundenwünsche reagieren. Der Mittelstand ist daher gefordert, besonders im Hightech-Segment seine Führungsposition zu festigen und seinen Wettbewerbsvorteil aufrechtzuerhalten. Daher ist es begrüßenswert, dass 86 % der Unternehmen in Deutschland in der zunehmenden Digitalisierung eine große Chance für den Industriestandort Deutschland sehen. Doch obwohl die Mehrheit der Unternehmen die Chancen der Digitalisierung erkennt, verhält sie sich dennoch eher abwartend. Aufgabe fürs ManagementViel zu sehr schrecken die Unternehmen die Komplexität und die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung, die Frage der Datensicherheit und das Fehlen verlässlicher Standards ab. Hinzu kommt der hohe Investitionsbedarf. Trotz dieser Herausforderungen kann der Mittelstand nur ermutigt werden, die Auseinandersetzung mit diesen Chancen schon jetzt als Managementaufgabe zu begreifen und den digitalen Wandel mitzugestalten. Denn nur so können Unternehmen auch in Zukunft mit ihren bewährten Eigenschaften erfolgreich sein. Mit Qualitätsbewusstsein, Gründlichkeit und der stetigen Bereitschaft zur Verbesserung. Letztlich entstehen durch die Digitalisierung neue Formen der Wertschöpfung und neue, innovative Geschäftsmodelle.Damit der Wettbewerbsvorteil vieler deutscher Unternehmen auch künftig gesichert bleibt, sollte der deutsche Mittelstand daher nicht nur auf eine hohe Eigenkapitalquote setzen, sondern das Eigenkapital auch verantwortlich einsetzen. Die Commerzbank steht dem deutschen Mittelstand dabei als verlässlicher Partner zur Seite – in Deutschland ebenso wie in internationalen Märkten.—Markus Beumer, Firmenkundenvorstand der Commerzbank