Benchmark-Regulierung

ESMA warnt vor Massen­abschied der Finanzindizes

Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA fürchtet einen Wegfall von Hunderttausenden Referenzwerten am Finanzmarkt, sofern sich Anbieter aus Drittstaaten nach Ende einer Übergangsfrist zurückziehen.

ESMA warnt vor Massen­abschied der Finanzindizes

jsc Frankfurt

Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA warnt die EU-Kommission vor einem abrupten Ende der Übergangsregeln in der Benchmark­regulierung. Im Markt der Referenzwerte könnten Hunderttausende Indizes in Europa wegfallen, sofern sich Anbieter aus Ländern außerhalb der EU nicht rechtzeitig um eine Zulassung bewerben, wie die ESMA in einer Stellungnahme zur Überarbeitung der Regeln festhält. Ein solcher Exodus könnte demnach schädlich für die Funktion der Finanzmärkte sein.

Derzeit überarbeitet die EU-Kommission die Benchmark-Regulierung (BMR), die nach der Manipulation verbreiteter Referenzwerte wie Libor und Euribor auf den Weg gebracht worden war. Der Begriff der Benchmark ist dabei weiter gefasst und deckt Referenzwerte ab, die etwa für Zinsswaps, Kredite, im Risikomanagement oder als Gradmesser für Fonds verwendet werden. Das Regelwerk schreibt zum Beispiel vor, dass Finanzakteure die Referenzsätze angemessen überwachen, Interessenkonflikte vermeiden, die Datenqualität sicherstellen und Alternativen für Notfälle in der Schublade haben müssen. Die ESMA empfiehlt eine „Opt-in“-Lösung: Abgesehen von besonders wichtigen („strategischen“) Referenzsätzen sollte es Anbietern freistehen, ob sie ihre Benchmarks im Sinne der EU-Regulierung gestalten.

Von den rund 330 Anbietern von Benchmarks aus Drittstaaten verfügen lediglich elf über eine Zulassung in der EU, wie die ESMA ausführt. Nur wenige weitere Anbieter sind mit ihren Referenzwerten ausgenommen. Unterm Strich unterliegen damit mehr als drei Viertel der Anbieter noch nicht wie vorgesehen der Benchmark­regulierung. Sie könnten bald nicht mehr zulässig sein. Das Regelwerk sieht eine Übergangsfrist bis Ende 2023 vor, die auf Ende 2025 verlängert werden kann. Große Anbieter würden sich nach Einschätzung der ESMA aber rechtzeitig für die Regulierung bewerben. Das gilt vor allem für britische Adressen, die ähnliche Regeln gewohnt sind. Bisher hat Großbritannien die Regeln nach dem Brexit fortgeführt. Hingegen halten sich künftig gerade kleine und mittelgroße Anbieter womöglich aus dem EU-Markt zurück, sollte es nach den Übergangsfristen zu einem harten Schnitt kommen.  

Gegen „Greenwashing“

Eine weitere Aufgabe sieht die ESMA in der Stärkung des nachhaltigen Finanzwesens. Die Behörde unterstützt die Pläne der Kommission für ein europäisches Qualitätssiegel für Nachhaltigkeitsindizes. Die bisherigen Offenlegungspflichten für ESG-Benchmarks reichten nicht aus, um die Methodik angemessen zu vereinheitlichen, schreibt die ESMA.

Mindeststandards seien ein unterstützendes Werkzeug gegen „Greenwashing“, also gegen überzogene Versprechen zur Nachhaltigkeit. Auch fordert die ESMA eine Pflicht für Anbieter, die schon existierenden Kategorien von klimabezogenen Benchmarks durch ein entsprechendes Kürzel zu kennzeichnen. Zugleich ruft die Aufsicht dazu auf, die Vorgaben an andere Regelwerke wie Taxonomie und Offenlegungspflichten anzupassen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.