Blockchain

Ethereum wird zum Fundament der Kryptowirtschaft

Die Ethereum-Blockchain bildet die Infrastruktur für wachstumsstarke Trends. Analysten spekulieren, dass die zugehörige Kryptowährung Ether Marktprimus Bitcoin die Stellung streitig machen könnte.

Ethereum wird zum Fundament der Kryptowirtschaft

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Es ist ein Kurssprung, den selbst ausgemachte Optimisten wohl nicht in dieser Geschwindigkeit erwartet haben: Nur eine Woche nachdem die Kryptowährung Ether über das Level von 3000 Dollar gesprungen war, hat sie am Montag auch die Marke von 4000 Dollar hinter sich gelassen. Auf Jahressicht hat die nach Marktkapitalisierung zweitgrößte Cyberdevise eine Rally um über 2000% hingelegt und damit auch den Marktprimus Bitcoin weit abgehängt. Obwohl die Kursentwicklungen der verschiedenen Digitalwährungen immer noch stark positiv miteinander korreliert sind, unterscheidet sich die Trendstärke bereits deutlich. Dies zeigt, dass sich die Kryptowelt in verschiedene Segmente aufspaltet und ein wachsender Teil der Investoren dies realisiert.

Während Bitcoin dabei als digitales Gold, also als Wertaufbewahrungsmittel und Inflationsabsicherung gilt, nimmt Ether die Rolle als Transaktionswährung ein. Denn mit dem Start der Ethereum-Blockchain, über die Zahlungen in der zweitgrößten Cyberdevise abgewickelt werden, wurden im Jahr 2015 sogenannte Smart Contracts verfügbar. Dabei handelt es sich um Programme, die Transaktionen nach vorher festgelegten Konditionen dezentral und automatisiert ausführen können. Aufgrund seiner Vorreiterrolle bei diesen Smart Contracts wird Ethereum zunehmend zum Fundament der gesamten Kryptowirtschaft. Und schon jetzt stellt die Plattform die wichtigste Distributed-Ledger-Technologie für das heiße Trendthema des Dezentralisierten Finanzwesens (DeFi) dar.

Der Grundgedanke hinter DeFi besteht darin, auf zentrale Intermediäre wie Börsenmakler und Banken zu verzichten, die für ihre Leistungen Gebühren beziehen. Stattdessen soll eine offene, transparente und von den Nutzern geführte Finanzinfrastruktur entstehen. Beispielsweise im Wertpapierhandel versprechen sich die Marktteilnehmer davon eine höhere Sicherheit, weil durch den Wegfall der Intermediäre weniger Fehlerquellen existieren. Zugleich sollen Aufwand und Transaktionskosten sinken.

Kräftiges DeFi-Wachstum

Das Volumen des gesamten Kryptokapitals, das in Smart Contracts mit DeFi-Bezug liegt, ist in den vergangenen Monaten kräftig gewachsen und beläuft sich laut dem Kryptoinformationsportal DeFi Llama mittlerweile auf fast 150 Mrd. Dollar. Ein bedeutender Teil davon soll in Projekten auf der Ethereum-Blockchain liegen, wovon auch die zugehörige Cyberdevise klar profitiert.

Zudem ist das Ethereum-Netzwerk Schauplatz für ein weiteres großes Trendthema am Kryptomarkt: die sogenannten Non-Fungible Token (NFT). Der Sinn dieser kryptografischen Wertmarken besteht darin, legale Eigentumsrechte an digitalen Werken und Medien zu beurkunden und handelbar zu machen. Im Gegensatz zu Bitcoin und anderen Cyberdevisen sind NFT nicht replizierbar, jeder Token ist also ein Unikat. Die Nachfrage nach diesen Wertmarken ist im laufenden Jahr explodiert, wie sich auch an der Höhe einzelner Transaktionen zeigt: Twitter-Gründer Jack Dorsey etwa verkaufte ein NFT-Zertifikat auf seinen ersten Tweet Ende März für über 2,9 Mill. Dollar. Kritiker warnen nun vor einer gewaltigen Preisblase, während Befürworter in NFT einen entscheidenden Schritt zur Digitalisierung des Kunstmarktes sehen.

Darüber, ob die nicht replizierbaren Token Zukunft haben, lässt sich derzeit nur spekulieren. Fest steht aber, dass Ether künftig nicht als einzige Kryptowährung von einem eventuell fortgesetzten NFT-Boom profitieren dürfte. So hat die Handelsplattform Binance, die mit Binance Coin auch eine eigene Cyberdevise auflegt, bereits den Einstieg in das Geschäft mit Non-Fungible Token angekündigt.

Und auch bei anderen Anwendungen droht Ethereum, das noch als relativ langsam gilt und wie Bitcoin aufgrund des hohen Stromverbrauchs kritisiert wird, Konkurrenz. Ethereum-Mitgründer Charles Hoskinson hat beispielsweise das Projekt Cardano ins Leben gerufen, mit dem er bekannte Schwierigkeiten anderer Kryptowährungen erforschen und lösen will. Für die kommenden Monate ist ein Upgrade angekündigt, nach dem Entwickler Smart Contracts auf Cardano umsetzen können sollen. Die Investoren scheinen jedenfalls damit zu rechnen, dass der Ethereum-Rivale dadurch kräftigen Zulauf erhält – schließlich hat die zu Cardano gehörige Kryptowährung Ada seit Jahresbeginn selbst gegenüber Ether eine kräftige Outperformance hingelegt.

Doch auch bei Ethereum steht ein Update an, infolge dessen das Netzwerk durch eine Umstrukturierung der Transaktionsgebühren ab Mitte Juli kostengünstiger und schneller werden soll. In der Folge wird auch die Geldmenge der Verrechnungseinheit Ether verknappt – die Aussicht auf ein sinkendes Angebot spielt auch bei den jüngsten Preissteigerungen eine große Rolle.

Hinzu kommt, dass Ether für institutionelle Investoren leichter investierbar ist als Herausforderer wie Ada. Denn an der weltgrößten Terminbörse CME sind seit Anfang Februar neben Bitcoin- auch Ether-Fu­tures verfügbar. Und in Kanada sind jüngst die ersten Exchange Traded Funds auf die zweitgrößte Kryptowährung gestartet. Die Erwartungen bezüglich der Mittelzuflüsse sind daher sehr hoch: Analysten spekulieren bereits darüber, dass Ether nach Überschreiten der 4000 Dollar mittelfristig Kurs auf die Marke von 10000 Dollar nehmen und irgendwann sogar Bitcoin die Stellung als führende Cyberdevise streitig machen könnte.