EU-Aufsicht verzögert sich

Erst im Herbst kommt es zur Abstimmung über die EZB als Bankenkontrolleur

EU-Aufsicht verzögert sich

Die EU kommt mit der Finanzmarktregulierung nicht so schnell voran, wie sie es sich vorgenommen hat. In mehreren Dossiers kommt es zu Verzögerungen – dies hat Konsequenzen für parallele Vorhaben.ms/fed Frankfurt/Brüssel – Das EU-Parlament wird aller Voraussicht nach erst Anfang September die Entscheidung über die Übertragung der Aufsicht über große Banken des Euroraums an die Europäische Zentralbank (EZB) fällen. Da Deutschland sowohl vom Bundestag als auch vom Bundesrat ein Votum einholt, gelingt es nicht mehr, vor der Sommerpause die Abstimmung der EU-Abgeordneten abzuschließen. Infolge der Verzögerung wird sich wohl auch der Start der europäischen Bankenaufsicht unter dem EZB-Dach verschieben – auf September 2014.Vertreter der EZB machen Druck, dass die Politik die neue Verordnung für die Bankenaufsicht schnell verabschiedet. Zwar hat die Notenbank längst mit Vorbereitungen auf die neue Aufgabe begonnen. Für viele konkrete Schritte bedarf es aber verabschiedeter Rechtstexte. EZB-Präsident Mario Draghi betonte gestern erneut, dass die EZB ab Verabschiedung ein Jahr braucht, bis sie die Aufsicht übernehmen kann, zumal sie die Banken vorher einer scharfen Bilanzüberprüfung unterziehen will. “Siamesische Zwillinge”Parallel zur Aufsicht hält die EZB einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus für unabdingbar. EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch sprach am Montagabend gar von “siamesischen Zwillingen”: “Der eine ist ohne den anderen nicht lebensfähig.” Merschs Kollege Jörg Asmussen pochte darauf, dass dieser Mechanismus “idealerweise” bereits eingerichtet sei, wenn die EZB mit der Aufsicht beginne. Diese Zeitvorgabe sei ehrgeizig, aber machbar. Er machte klar, dass es eine europäische Abwicklungsbehörde brauche – “mit den notwendigen Instrumenten und Befugnissen, um marode Banken ordentlich abwickeln zu können”. Draghi hatte Anfang Juni gesagt, dass es der EZB als Aufsicht bereits helfe, wenn es einen einheitlichen Mechanismus gebe. Das war von einigen so interpretiert worden, als würde er nicht mehr auf einer gemeinsamen Behörde bestehen.Die Bankenaufsicht ist längst nicht das einzige Gesetzgebungsverfahren, das sich länger zieht als ursprünglich geplant. Das EU-Parlament hat seinen Unmut in einer Resolution zu Protokoll gegeben, der Europaabgeordnete Sven Giegold wirft den Regierungen vor, Finanzmarktreformen zu verschleppen.Ein Aufschub zeichnet sich etwa bei der EU-Richtlinie über Einlagensicherung ab. Eigentlich sollten sich die 27 Regierungen bis Juni auf eine gemeinsame Linie über die Harmonisierung nationaler Systeme zum Sparerschutz geeinigt haben. Aber das Thema steht beim Finanzministerrat übermorgen in Luxemburg nicht einmal auf der Tagesordnung. Später als ursprünglich vorgesehen könnte zudem das Gesetzgebungsverfahren über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus starten. Die EU-Kommission wollte ihren Vorschlag ursprünglich noch vor Ende Juni lancieren. Nun spricht einiges dafür, dass es mindestens Juli wird, wenn nicht sogar Spätsommer. Genau das Gleiche gilt übrigens für die geplanten Regeln für Geldmarktfonds und den Fahrplan für Schattenbanken.Immerhin: In den Verhandlungen über einen Kompromiss zwischen den EU-Regierungen über die Anpassung nationaler Abwicklungsregeln, also über die aktuell anhängige EU-Richtlinie für Bankenabwicklung und Krisenmanagement, gibt es Bewegung. Von den zuvor zahlreichen Kontroversen sind nur wenige Reststreitpunkte übrig geblieben, über die sich am Freitag die Finanzminister beugen wollen – und der Ehrgeiz ist groß, dieses Dossier doch noch zu schließen. Knackpunkt der Verhandlungen wird nach Einschätzung von Diplomaten die Frage sein, wer in welcher Reihenfolge an den Kosten einer Abwicklung beteiligt wird – und inwieweit nationale Regierungen die Chance haben, einzelne Vermögen vom Bail-in auszuschließen, etwa Kleinunternehmen, die Konten bei einer Bank unterhalten.