EU-Kommission nimmt sich Schattenbanken vor
fed Brüssel – Die EU-Kommission hat ihre Pläne konkretisiert, wie sie in den nächsten Jahren mit Schattenbanken umgehen will. In einer rechtlich unverbindlichen, aber politisch durchaus bedeutsamen “Mitteilung” stellt sie mehrere Gesetzgebungsverfahren in Aussicht, die sich auf “Kreditvermittlung außerhalb des regulären Banksystems” beziehen. Der Umfang dieser Aktivitäten, die von Hedgefonds und Geldmarktfonds über Wertpapierleihe bis zu Repogeschäften reichen, wird den Brüsseler Angaben zufolge auf weltweit mehr als 50 Bill. Euro geschätzt – also auf eine Summe, die der Hälfte aller Bankaktiva entspricht. Ausgehend von diesen Ziffern ist aus Sicht der EU-Behörde offensichtlich, dass Schattenbanken systemrelevant sind – und deshalb unter dem Aspekt der Stabilitätsrisiken die Zügel gestrafft werden müssen. “Wir haben bereits Banken und Märkte reguliert”, erklärte der für Finanzmarktregeln zuständige EU-Kommissar Michel Barnier. “Jetzt müssen wir uns um die Risiken kümmern, die vom System der Schattenbanken ausgehen.” Sonst nämlich, so argumentierte der Franzose, bestehe die Gefahr, dass Aktivitäten in den Schatten verlagert werden, um einer immer dichteren Regulierung der traditionellen Finanzwirtschaft zu entfliehen.Zu den zentralen Punkten des EU-Papiers zählt die Ansage, “einen Legislativvorschlag zum Wertpapierrecht” vorzulegen. Offiziell wurde gestern nicht bestätigt, was aus EU-Kreisen zuvor verlautete, nämlich dass eine EU-Verordnung oder eine EU-Richtlinie zum Wertpapierrecht noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden solle. Die EU-Behörde unterstrich gleichwohl, welchen Zweck sie mit einem Wertpapiergesetz auf EU-Ebene verfolgen würde. Es gehe darum, die Risiken bei Wertpapierfinanzierungsgeschäften – also Pensionsgeschäften und Wertpapierleihe – zu verringern. Der wiederholte Einsatz von Wertpapieren zur Besicherung von Finanzierungen führe zur Unübersichtlichkeit der Eigentumsverhältnisse und der Risiken. EU-Beamte hatten deshalb in der Vergangenheit angedeutet, dass sich die Brüsseler Behörde über eine Begrenzung der Wiederverwendung von Sicherheiten Gedanken mache. In dem EU-Papier wird außerdem über die Idee einer obligatorischen Kennung für juristische Personen (Legal Entity Identifier) nachgedacht.Die Vorschläge werden auch den G 20-Gipfel in Sankt Petersburg heute und morgen beschäftigen. Die Bundesregierung hat allerdings bereits Skepsis geäußert, dass es dort konkrete Ergebnisse geben wird. Lob erhielt Barnier für seine Vorschläge von Deutschlands privaten Banken. “Die heute präsentierten Vorschläge der EU-Kommission zur Regulierung des Schattenbankensektors sind ein wichtiger Baustein für mehr Stabilität im Finanzsektor”, erklärte Bankenpräsident Jürgen Fitschen. Einiges sei bereits geschehen. Die Empfehlungen zeigten aber, dass eine Regulierung der Aktivitäten von Schattenbanken nur funktioniere, wenn die Transparenz gesteigert und die Datenbasis verbreitert werde. Gerade bei Wertpapierpensionsgeschäften oder Wertpapierleihen gebe es Defizite.Unzufrieden äußerte sich hingegen Georg Fahrenschon, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Barniers Überlegungen seien “völlig unzureichend”. Während die Kreditwirtschaft “einem Regulierungstsunami” ausgesetzt sei, “weht dem Schattenbanksektor gerade mal ein laues Lüftchen entgegen”, monierte Fahrenschon. Er forderte die EU-Behörde auf, konkreter zu werden, auf welche Weise “Hedgefonds, Private-Equity-Gesellschaften und andere Akteure nicht nur ausgeleuchtet, sondern vor allem strengeren Aufsichtsregeln unterworfen werden können”. Dabei dürfe aber nicht die Liquiditätslage von Banken und Sparkassen als Finanzierer der Wirtschaft und privater Haushalte leiden.