EU will Regulierungslücken schließen

Marktmissbrauch im Visier - Experten beurteilen Hochfrequenzhandel auf der Fese-Konferenz aber gelassen

EU will Regulierungslücken schließen

ku Istanbul – Die Europäische Kommission will verstärkt gegen Manipulationen an den Wertpapiermärkten vorgehen und dabei Lücken in der Regulierung des Marktgeschehens schließen. Dies hat Arlene McCarthy, Berichterstatterin des Europäischen Parlaments für die Marktmissbrauchsrichtlinie auf der Jahreskonferenz des europäischen Börsenverbandes Federation of European Stocks Exchanges (Fese) in Istanbul erklärt. Deutlich im HintertreffenIm Kampf gegen Marktmanipulation und Insiderhandel sieht sie Europa im Vergleich zu den USA noch deutlich im Hintertreffen. “Wir werden noch eine lange Zeit brauchen, um im Hinblick auf die Bekämpfung von Marktmissbrauch zu den USA aufzuschließen”, erklärte sie. So gebe es nach wie vor europäische Staaten, in denen Insiderhandel und Marktmanipulation nicht strafbar seien. Mit der Marktmissbrauchsrichtlinie gehe es darum, diese Lücken zu schließen. Vor allem was die Bekämpfung des Insiderhandels betrifft, sieht McCarthy die US-Behörden als Vorbild. Diese hätten, ohne dass es neuer Gesetze bedurft hätte, ihre Initiativen in diesem Bereich deutlich ausgebaut, indem sie sich nun auch Hedgefonds und so genannte Expertennetzwerke vornähmen.Kritisch äußerte sich McCarthy zu den Auswirkungen der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid auf die Wertpapiermärkte. Besorgt zeigte sie sich vor allem hinsichtlich der Fragmentierung der Liquidität, die dem Marktmissbrauch Vorschub leiste. Unzufrieden ist sie auch hinsichtlich einiger Aspekte der anstehenden Novellierung durch Mifid 2. Dabei gehe es um geplante Plattformkategorie “Organised Trading Facility” (OTF), mit der auch Dark Pools erfasst und reguliert werden sollen, die die über sie abgewickelten Wertpapierorders nicht offenlegen. Es gebe mittlerweile einen Flickenteppich aus elektronischen Handelsplattformen, OTF und regulierten Märkten, was den Wertpapierhandel, aber auch die Regulierung betreffe. McCarthy verwies auf Länder wie Singapur, wo es einen einheitlichen, praktisch nicht fragmentierten Markt gebe, was den Aufsichtsbehörden die Arbeit deutlich erleichtere. Allerdings sei eine Marktstruktur wie in Singapur nicht unbedingt für Europa geeignet, stellte sie klar. Zu emotionale DiskussionAus ihrer Sicht steht der aktuell stark umstrittene Hochfrequenzhandel aber weniger im Fokus. Die Diskussion darüber werde zu emotional geführt, sagte sie. Allerdings sieht sie eine gewisse Gefahr darin, dass Regulatoren nicht in der Lage seien, herauszufinden, was “gute” und was “schlechte” Algorithmen seien. Nach Ansicht von Larry Tabb, Chief Executive Officer des US-Marktbeobachters Tabb Group, sind Hochfrequenzhandel und Dark Pools nicht für den fragmentierten Zustand der Märkte verantwortlich zu machen. Ihre Entstehung sei vielmehr ein Ergebnis dieser Entwicklung. In den USA sei Hochfrequenzhandel 2009 für 61 % des gesamten Aktienhandelsvolumens verantwortlich gewesen. Im laufenden Jahr seien es – bei insgesamt sinkenden Volumina – nur noch 53 %. In Europa habe sich der Anteil bei etwa 37 % stabilisiert. Dark Pools erreichten in den USA einen Anteil von rund 13 %. Mit Blick auf die Bedeutung für den Markt gebe es drängendere Probleme zu lösen als die Auswirkungen von Dark Pools. So sei etwa der Anteil des Aktienhandels, der von den Brokern und Investmentbanken internalisiert werde, mit 19 % größer. Insgesamt seien mittlerweile 30 % des Handelsvolumens in den USA nicht mehr öffentlich.Ein großes Problem stellen nach Einschätzung Tabbs die durch die Regulierung verursachten Kosten dar. So sei zwar ein Börsengang nicht teuer, allerdings seien die regulatorisch verursachten laufenden Kosten hoch. Daher liefen die Unternehmen in Scharen der Börse davon. Im Jahr 1997 seien in den USA 8 920 Unternehmen börsennotiert gewesen, aktuell seien es per April 2012 gerade noch 4 992. Es gebe viel zu wenig Research darüber, wie sich Regulierung tatsächlich auf die Märkte auswirke, beklagte Christian Katz, Chef der schweizerischen Börse Six Swiss Exchange. Es seien die hohen Kosten durch die Regulierung, die die Firmen vom Aktienmarkt drängten.