Einigung auf MiCa

EU wird globaler Standard­setzer bei der Krypto­regulierung

In der EU müssen sich Anbieter von Kryptowährungen sowie Kryptoasset-Dienstleister künftig einer strengen Regulierung unterwerfen. Ein neuer, weltweit derzeit einzigartiger Gesetzesrahmen soll Missbrauch und Marktmanipulationen verhindern und Anleger besser schützen.

EU wird globaler Standard­setzer bei der Krypto­regulierung

ahe Brüssel

Die EU-Gesetzgeber haben sich auf einen weltweit bislang einmaligen Gesetzesrahmen für Kryptoassets, Kryptoasset-Emittenten und -Dienstleister verständigt. Die Markets-in-Crypto-Assets-Verordnung (MiCA) nimmt künftig Emittenten von nicht gesicherten Kryptowährungen und sogenannten Stablecoins sowie die entsprechenden Handelsplätze und Wallets ins Visier. Dienstleister müssen dann unter anderem strenge Anforderungen zum Schutz der digitalen Brieftaschen der Verbraucher erfüllen und werden haftbar gemacht, falls sie die Kryptoassets der Anleger verlieren.

MiCA soll zugleich jede Art von Marktmissbrauch im Zusammenhang mit Krypto-Transaktion verhindern, insbesondere Marktmanipulationen und Insiderhandel. Der neue Rechtsrahmen soll zugleich zu Marktintegrität und Finanzstabilität beitragen.

Den Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Mitgliedstaaten, -Parlament und -Kommission gingen Diskussionen unter anderem rund um den Energieverbrauch von Bitcoins und ein faktisches Verbot von sogenanntem Proof-of-Work voraus, einer Technologie, die zum Schürfen von Bitcoins und einigen anderen Krytpoassets genutzt wird. Ein solches Verbot ist jetzt vom Tisch. Die Einigung sieht allerdings vor, dass Anbieter künftig Energieverbrauch und Umweltauswirkungen offenlegen müssen. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) soll hierzu noch technische Standards entwickeln.

Das Ende von Wildwest

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire, der für die Mitgliedstaaten an den Schlussverhandlungen beteiligt war, sprach von einer „wegweisenden Verordnung“, die die Rolle der EU als Standardsetzer für digitale Themen bestätige. Auf internationaler Ebene sind Kryptowährungen gegenwärtig kaum reguliert. Insbesondere in den USA und Großbritannien gibt es trotz einer vergleichsweise weiten Verbreitung keine strengen Vorschriften. MiCA soll aber auch europaweit einheitliche Regeln setzen, da einige EU-Länder bereits nationale Gesetze für Kryptoassets haben.

„Im globalen Kryptomarkt herrscht bislang der Wilde Westen“, bemerkte auch der für das Dossier zuständige Europaabgeordnete Stefan Berger, der Europa mit dieser Regulierung ebenfalls als weltweiten Standardsetzer sieht. Nach Einschätzung des CDU-Politikers wird die Tokenisierung für die Finanzwelt „so bahnbrechend sein wie die Einführung der Aktiengesellschaft im 17. Jahrhundert“. Mit MiCa würden jetzt erstmals verlässliche Zulassungs- und Aufsichtsstrukturen für neue Token geschaffen. „Damit bringen wir Ordnung in die Krypto-Landschaft, sorgen für Verbraucherschutz und fördern Krypto-Innovationen“, betonte Berger.

Emittenten von Stablecoins – wie das frühere Facebook-Projekt „Diem“ (zuvor „Libra“) – werden laut der neuen Regeln künftig eine ausreichend liquide Reserve im Verhältnis eins zu eins und teilweise in Form von Einlagen aufbauen müssen. Jedem Stablecoin-Besitzer werde vom Emittenten jederzeit und kostenlos eine Forderung angeboten, hieß es. Die Entwicklung von solchen Stablecoins beziehungsweise anderen Asset-Referenced Token (ARTs), die auf Basis einer außereuropäischen Währung als weit verbreitetes Zahlungsmittel geplant werden, wird eingeschränkt. Emittenten von solchen ARTs müssen einen eingetragenen Sitz in der EU haben, um eine entsprechende Aufsicht und Überwachung von Angeboten sicherzustellen. Dies soll auch helfen, die monetäre Souveränität zu wahren.

Kryptoasset-Dienstleister benötigen künftig eine Genehmigung, um in der EU aktiv zu werden. Um Geldwäscherisiken entgegenzuwirken, soll die Aufsichtsbehörde ESMA ein öffentliches Register für nicht konforme Dienstleister einrichten, die ohne Genehmigung Services in der EU anbieten oder deren Muttergesellschaften in Ländern sitzen, die auf schwarzen EU-Listen im Bereich der Geldwäsche oder der Steuerhinterziehung stehen.

„Wir werden einen neuen Krypto-Sheriff in der EU haben“, erklärte der Grünen-Abgeordnete Ernest Urtasun. Die ESMA werde Eingriffsbefugnisse erhalten, um die Bereitstellung von Kryptoasset-Dienstleistungen sowie die Vermarktung, den Vertrieb oder den Verkauf von Kryptoassets zu verbieten oder einzuschränken, wenn der Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Stabilität des Finanzsystems gefährdet seien.

Sogenannte nicht fungible Tokens (NFTs), also digitale Assets, die reale Objekte wie Kunst, Musik und Videos darstellen, werden vom MiCa-Geltungsbereich ausgenommen. Dazu gehören etwa alle Arten von NFTs, die zu einem Festpreis angeboten werden, wie Kinokarten, digitale Sammlerstücke von Bekleidungsmarken oder In-Game-Artikel in Computerspielen.

Lob für die neue Regulierung kam unter anderem vom europäischen Kapitalmarktverband AFME (Association for Financial Markets in Europe). Angesichts des schnellen technologischen Wandels und bedeutender Marktinnovationen sei MiCA für die EU wichtiger denn je geworden, hieß es. Der Verband verwies allerdings darauf, dass die Fertigstellung der Regeln sich wohl noch „mehrere Jahre“ hinziehen dürfte, da noch die dazugehörenden technischen Standards erarbeitet werden müssten.

Standortvorteil für Europa

AFME begrüßte aber den pragmatischen Ansatz bei der Einbeziehung dezentralisierter autonomer Organisationen (DAOs) und nicht fungibler Token. „Dies ist eine positive Entwicklung, die den Regulierungsrahmen der EU zukunftssicher machen und ihr helfen wird, sich weiterzuentwickeln.“

Rechtssicherheit und klare Regeln für Kryptoassets könnten auch ein Standortvorteil für Europa sein, betonte der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU). „Wenn wir angefangen hätten, Komplettverbote für bestimmte Technologien zu verhängen, wäre das das Ende des Krypto-Standorts Europa gewesen.“

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