Ex-Fondsmanager von Union Investment verurteilt
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Mit einem unerwartet harten Urteil ist am Donnerstag der Prozess gegen einen früheren Fondsmanager von Union Investment zu Ende gegangen, der kurz nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie begonnen hatte, systematisch sogenanntes Frontrunning zu betreiben. In 19 Fällen setzte der Angeklagte mit Derivategeschäften auf steigende Aktienkurse, kurz bevor er für den von ihm gemanagten Fonds große Orders platzierte, die groß genug waren, um den Kurs in die Höhe zu treiben. Insgesamt erbeutete er so 8,3 Mill. Euro.
Die 29. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt unter dem Vorsitzenden Richter Moritz Rögler verurteilte ihn zu dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe und ordnete die Einziehung von 45 Mill. Euro aus dessen Privatvermögen an. Das Urteil mit dem Aktenzeichen 7521 Js 238054/20 ist noch nicht rechtskräftig. Beim Strafmaß blieb die Kammer hinter dem Antrag der Anklage zurück. Bei der Berechnung der Einziehungssumme folgte sie dagegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die sich auf das Ordervolumen der Derivatgeschäfte statt auf den tatsächlich erbeuteten Gewinn gestützt hatte. Das Gericht erkannte zwar an, dass der 45-Jährige umfassend kooperiert und damit die Aufklärung erheblich beschleunigt habe. Deshalb und da der Angeklagte sichtlich geläutert sei, habe sich die Kammer nicht leicht damit getan, eine hohe Freiheitsstrafe zu verhängen, sagte Rögler. Angesichts der „pervers hohen Geldbeträge“, um die es hier ging, sei eine Bewährung jedoch ausgeschlossen gewesen, auch wenn der Angeklagte dies möglicherweise angesichts der Milliarden, mit denen er hantierte, aus den Augen verloren haben könnte.
In seinem Plädoyer hatte die Verteidigung unterstrichen, dass der Fall sich deutlich von den meisten Insiderfällen unterscheide. „Hier waren keine leichten Frauen oder schnellen Autos im Spiel. Stattdessen: ein Lastenrad“, resümierte Rechtsanwalt Björn Boerger. Der Angeklagte, der nach eigenen Angaben seine Kinder erst richtig kennenlernte, als seine Straftaten entdeckt und er nicht mehr für das Fondshaus tätig war, habe zwar nach Geld gestrebt, aber nicht aus Gewinnsucht. Vielmehr sei es dem Familienvater darum gegangen, die Verbitterung darüber zu kompensieren, dass er von seinem Arbeitgeber keine Anerkennung für seinen überdurchschnittlichen Einsatz erhalten habe.
Hohe Verluste mit Wirecard
Konkret war es um eine mündlich in Aussicht gestellte, dann aber ausgebliebene Honorierung dafür gegangen, dass er zusätzlich zu seinen Aufgaben als Abteilungsleiter die Verwaltung eines 31 Mrd. Euro schweren Fonds übernommen hatte. Notwendig geworden war dies offenbar, weil sein Vorgänger im Portfoliomanagement wegen eines Burn-outs aufgeben musste. Nach der Übernahme des Fonds hatte sich der Angeklagte jedoch mit einem großen Engagement in Wirecard-Aktien verspekuliert, was ihm wohl auch privat Verluste eingebracht hatte.
Der Mitangeklagte, der früher in leitender Position für Hauck & Aufhäuser tätig gewesen war, wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, die auf Bewährung ausgesetzt wurde. Als Bewährungsauflage setzte das Gericht die Zahlung von 40 000 Euro an Transparency International fest. Zudem ordnete die Kammer die Einziehung von 3,3 Mill. Euro bei der Berresch Capital GmbH an, deren Geschäftsführer der Mitangeklagte zum Tatzeitpunkt war. Das Gericht folgte der Darstellung der Verteidigung, das dieser nur ein „Trittbrettfahrer“ war. Am ersten Verhandlungstag Mitte September hatte ein Sachverständiger zu Protokoll gegeben, dass er die Tipps seines auf Abwege geratenen Freundes auf „höchst dilettantische Weise“ umgesetzt habe.