Finanzaufsicht soll effektiver werden

Brüssel will EU-Ebene stärken - Fusion von EBA und EIOPA vom Tisch - Kritik aus Deutschland

Finanzaufsicht soll effektiver werden

Die EU-Kommission will die Aufgabenverteilung, Steuerung und Finanzierung der europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs) neu justieren. Die auch künftig drei Agenturen sollen gegenüber den nationalen Behörden gestärkt werden, was bei der weiteren Integration der Kapitalmärkte helfen soll. Kritik kam aus Deutschland.ahe Brüssel – In der EU wird es vorerst keine Zusammenlegung der Bankenaufsichtsbehörde EBA und der Versicherungsaufsicht EIOPA geben. Dies stellte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis bei der Vorlage von Vorschlägen zur Verbesserung der europäischen Finanzmarktaufsicht klar. Er verwies darauf, dass das im Frühjahr diskutierte “Twin Peaks”-Modell in einer öffentlichen Konsultation auf nicht sehr viel Gegenliebe gestoßen sei. EU-Beamte sagten zudem, auch aus der deutschen Finanzwirtschaft seien gegen eine solche Lösung viele Vorbehalte gekommen, vor allem aus der Versicherungswirtschaft. “Wir verändern die Zahl der Agenturen nicht”, betonte Dombrovskis, der sich aber nicht dazu äußern wollte, ob sich damit auch die Chancen von Frankfurt verringert hätten, nicht nur Sitz der EIOPA, sondern auch der EBA zu werden. Zur Standortfrage gebe es klare Kriterien, sagte der Lette. Im November würden die EU-Staaten entscheiden, wohin die zurzeit noch in London ansässige Bankenaufsicht umgesiedelt werde. Um die EBA buhlen aktuell acht Städte. Die EU-Kommission will die Bewerbungen bis Ende September bewerten.Ungeachtet dessen sollen Zuständigkeiten und Governance der Agenturen weiter nachgebessert werden. Die EU-Kommission legte gestern ein umfangreiches Gesetzespaket vor, das – so die Hoffnung der Behörde – bis Ende 2018 vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten angenommen und dann nach kurzer Übergangsfrist umgesetzt wird.Die Reformen setzen auf eine stärkere Koordinierung der Regulierung innerhalb der EU und eine Stärkung der ESAs gegenüber den nationalen Behörden. Vor allem die in Paris ansässige Wertpapieraufsicht ESMA erhält erweiterte direkte Beaufsichtigungskompetenzen. Dies beginnt bei der Genehmigung und Überwachung kritischer Referenzwerte, geht über die Genehmigung von bestimmten Prospekten beim Kapitalmarktzugang und bestimmter Investmentfonds mit EU-Label bis hin zur Koordinierung von Untersuchungen bei Marktmissbrauchsfällen. Fintech erhält PrioritätAlle ESAs sollen künftig nachhaltige Finanzierungen fördern und damit auch Faktoren aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance berücksichtigen. Priorität erhält zugleich der Fintech-Sektor. Die ESAs sollen auch nationale Initiativen zur Innovationsförderung und zur Stärkung der Cybersicherheit koordinieren. Entscheidungen sollen künftig in neu geschaffenen Executive Boards mit hauptamtlichen Mitgliedern getroffen werden, die den Boards der Europäischen Zentralbank (EZB) oder der Bankenabwicklungsbehörde SRB ähneln.Bei der Finanzierung wird es eine stärkere direkte Beteiligung der Finanzindustrie geben, wobei eine genaue Höhe der zusätzlichen Belastungen nicht genannt wurde.Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) kritisierte die Mehrkosten ebenso wie einen “undifferenzierten Ausbau von Zuständigkeiten und Governance der ESAs zu Lasten einer gut arbeitenden nationalen Aufsicht”. In einer Stellungnahme warnte die DK vor Bürokratie, Mehrkosten und Marktferne und erklärte, die nationalen Finanzmärkte und ihre Aufsichtsstrukturen seien aus guten Gründen unterschiedlich. “Die ESAs kennen die jeweiligen Märkte nicht hinreichend.” Auch die sowohl für EBA als auch ESMA angestrebten unmittelbaren Auskunftsersuchen gegenüber Instituten wurden strikt abgelehnt.Der EU-Abgeordnete Burkhard Balz (CDU) kritisierte, an wichtige Fragen wie die der Verhältnismäßigkeit oder Verfahren der Standardsetzung habe sich die EU-Kommission nicht herangetraut. Auch das zunehmende Ungleichgewicht zwischen der ESMA einerseits und der EIOPA und EBA andererseits bereite Sorge. Das EU-Parlament werde den Vorschlägen sicherlich “keinen Blanko-Scheck ausstellen”.