Börsenunruhe

Fondsabsatz bricht in Deutschland ein

Während sich Spezialfonds noch wacker hielten, fiel der Absatz deutscher Publikumsfonds laut Bundesbank im ersten Halbjahr deutlich ab. Erst traf der Kriegsschock, danach die Erwartung einer Zinswende den Fondsabsatz.

Fondsabsatz bricht in Deutschland ein

jsc Frankfurt

Fallende Aktien- und Anleihekurse haben im ersten Halbjahr zu einer Trendwende im deutschen Fondsgeschäft geführt. So sammelten deutsche Publikumsfonds nur noch 7,2 Mrd. Euro ein nach 19,2 Mrd. Euro in der ersten Hälfte des Vorjahres, wie aus Daten der Deutschen Bundesbank hervorgeht. Spezialfonds wiederum, die traditionell höhere Summen anziehen, legten zwar leicht auf 47,5 Mrd. Euro von zuvor 45,3 Mrd. Euro zu. Doch auch hier sanken die Zuflüsse nach einem starken Jahresstart ab März deutlich. Damit zeichnet sich ein Einbruch des im Vorjahr rekordhohen Fondsabsatzes in Deutschland ab. Ausländische Fondshüllen wie die auch hierzulande rege genutzten Luxemburger Publikumsfonds tauchen in der Statistik der Bundesbank allerdings nicht auf.

Insgesamt passen die Fondsdaten ins Bild. Große Vermögensverwalter wie der US-Riese Blackrock, verschiedene Schweizer Adressen sowie der deutsche Branchenprimus DWS haben jeweils ein deutlich rückläufiges Neugeschäft für das erste Halbjahr vermeldet. Für das europäische Fondsgeschäft in den verbreiteten Formaten Ucits und AIF hält Europas Fondsverband Efama bis einschließlich Mai sogar einen Abfluss von netto 149 Mrd. Euro fest.

Erst Börsen-, dann Zinsschock

Angesichts der Zinserhöhungen von Zentralbanken zögen Investoren Mittel gerade aus Rentenfonds ab, vermutet der europäische Verband. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Deutschland: Im Februar und März, als der breit angelegte russische An­griff auf die Ukraine gerade erst be­gonnen hatte und die Aktienmärkte eingebrochen waren, floss das Geld vor allem aus Publikumsaktienfonds ab, ehe die Kategorie in den Folgemonaten wieder Mittel anzog.

Publikumsrentenfonds verzeichnen fast durchgehend Abflüsse. Offenbar zeigt sich hier, wie auch in Europa, die Erwartung von Zinserhöhungen in der Geldpolitik, die typischerweise mit Kursverlusten für Anleihen einhergehen. Der Absatz von Spezialrentenfonds zeigte sich im Vergleich zum Januar und Februar ebenfalls schwächer.

Rückläufig, aber möglicherweise weniger dramatisch könnte derweil speziell das Massengeschäft mit privaten Sparern ausfallen. Der Absatz der Publikumsfonds gibt hier allein keine Auskunft, weil auch institutionelle Investoren das Fondsformat nutzen können. In einer weiteren Statistik, die bis Ende März reicht, verzeichnet die Bundesbank das neu angesparte Geldvermögen der privaten Haushalte. Fonds erreichen dabei mit 23 Mrd. Euro annähernd das Ni­veau des Vorjahres. Die DWS, die vor einer Woche hohe Abflüsse aus Geldmarktfonds berichtete, verbuchte im Retail-Segment im ersten Halbjahr einen Zufluss von 8 Mrd. Euro und damit immerhin halb so viel wie in der ersten Hälfte 2021.

Wegen der Kursverluste sanken auch die Fondsvolumina. Sie gaben im ersten Halbjahr um gut ein Zehntel auf 2,54 Bill. Euro nach. Für die Branche ist die Marktphase damit in doppelter Hinsicht ärgerlich: Erstens vergraulen sinkende Kurse Anleger, zweitens gibt mit sinkenden Fondsvolumina auch die Ertragsbasis nach.

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