IM GESPRÄCH: THOMAS RICHTER, BVI

Fondsbranche freundet sich mit der Regulierung an

Dickes Lob für OGAW V - Deutsche Umsetzung der EU-Vorgaben bietet neue Geschäftschancen - Assetmanager sind aus der Schusslinie

Fondsbranche freundet sich mit der Regulierung an

Nach fünf Jahren verebbt für die Finanzbranche langsam die Regulierungswelle. Die Fondsgesellschaften zeigen sich alles in allem zufrieden: Die schlimmsten Auswüchse konnten verhindert werden, das Geschäftsmodell ist intakt geblieben. Neueste Vorhaben bieten sogar Chancen.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtEs sind ungewohnte Töne aus der Finanzbranche: ein Lob für eine neue Regulierung. Üblicherweise ist das Klagen über die neuen Belastungen der Gruß des Bankers. Doch Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Investment und Asset Management (BVI), kann seine Freude über die jüngste fünfte Fassung der OGAW-Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) im Gespräch mit der Börsen-Zeitung kaum verbergen. Denn sie eröffnet der Branche mit der Lockerung bei Kreditfonds neue Geschäftschancen. Auch insgesamt fällt Richters Resümee über die Regulierung seit Ausbruch der Finanzkrise erstaunlich positiv aus.”OGAW V hat ursprünglich unaufgeregt begonnen, wurde zwischendurch aufgrund wettbewerbsverzerrender Vorschläge gefährlich und mündet jetzt in ein sehr erfreuliches Gesetz, das den deutschen Fondsstandort liberaler und wettbewerbsfähiger macht”, so der seit Juli 2011 amtierende hauptamtliche Fürsprecher der deutschen Fondsbranche. Einst war Ucits V (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities) – so die Bezeichnung auf europäischer Ebene der Richtlinie – ein Vorhaben als Reaktion auf das betrügerische Schneeballsystem von Bernard Madoff. Denn die fehlende Trennung zwischen Verwaltung und Verwahrung der Vermögen hatte die Abzockerei überhaupt erst möglich gemacht. Daher war die Haftung für die Verwahrstellen zunächst in der EU-Richtlinie für alternative Fondsmanager (AIFMD) verschärft worden. Dieser Schritt musste für die Publikumsfonds, Ucits-Fonds, dann in einem nächsten Schritt noch nachgeholt werden.Die Intention der EU-Kommission, den Anlegerschutz zu verschärfen, konnte den Fondsgesellschaften als Imagepflege nur recht sein, während sich die Depotbanken erwartungsgemäß damit zunächst nur schwer abfinden konnten. Das zweite große Thema von OGAW V sind unspektakuläre Anpassungen in der Vergütungspolitik der Fondsanbieter. Zwei gefährliche MomenteZwischendurch bekam das Thema OGAW V für die Assetmanager dann doch zwei Momente, die ihr Blut in Wallung brachte. Der erste Auslöser waren Diskussionen über Bonusgrenzen und das Verbot von erfolgsabhängigen Gebühren. Das erste Thema brachte vor allem die englischen Anbieter in Rage. Dort spielen Bonussysteme eine große Rolle, unterliegen die dortigen, zumeist unabhängigen Anbieter doch nicht den Bonigrenzen in Bankkonzernen. Die Performance Fees wiederum waren für die deutschen Adressen ein Aufregerthema. Doch das vereinte Lobbying der europäischen Fondsbranche unter Leitung des Verbands Efama konnte beide Vorstöße des Berichterstatters für OGAW V, Sven Giegold, abwenden. Das Europäische Parlament trug beide Ideen zu Grabe.Im vergangenen Jahr gab es dann einen zweiten Moment, wo insbesondere deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaften Schnappatmung bekamen. Ausgelöst durch Überlegungen der Wertpapieraufsicht ESMA kam die gesellschaftsrechtliche Entflechtung zwischen Assetmanagern und Verwahrstellen als neue Idee in das OGAW-Projekt hinein. Enge Verbindungen zwischen Depotbank und Anbietern in einem Konzern sind in Deutschland weit verbreitet, ebenso in Spanien oder Frankreich. “Das war ein schweres Stück Arbeit, dies wieder vom Tisch zu bekommen”, erinnert sich Richter. Aber auch diesen Vorstoß konnte die Fondsbranche abwenden. Jetzt muss lediglich die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats von Depotbank und Vermögensverwalter gestärkt und die Auswahl der Verwahrstelle transparenter gemacht werden.Nach diesen, aus Sicht der Fondsbranche, zwei dunklen Episoden in der OGAW-V-Geschichte, folgte in der deutschen Umsetzung die erfreuliche Wendung: Die Bundesregierung veränderte punktuell das deutsche Fondsgesetz, das Kapitalanlagegesetzbuch, um die Arbeit der Kreditfonds zu erleichtern. Hier geht es um Infrastruktur- und Mittelstandsfinanzierung, beides Themen, die die Politik fördern will. “Sehr erfreulich, denn damit hält der Gesetzgeber den Standort wettbewerbsfähig”, urteilt der 49-Jährige über dieses OGAW-Bonbon. Denn an den großen Fondsstandorten Luxemburg und Irland können die Kreditfonds längst schon so frei agieren. Kosten fallen wegMit dem deutschen OGAW-Umsetzungsgesetz können Fonds nunmehr die erworbenen Darlehen prolongieren und umstrukturieren, ohne dafür eine Bank zwischenschalten zu müssen. “Damit wird das Fondsvermögen entlastet, weil die bisherigen Kosten für das Zwischenschalten einer Bank wegfallen”, erklärt Richter, der 2010 von der DWS in die BVI-Geschäftsführung gewechselt war.Den geschlossenen alternativen Spezial- und Publikumsfonds steht darüber hinaus künftig die Möglichkeit der originären Kreditvergabe offen. Hier geht es um Gesellschafterdarlehen, also ist lediglich eine Verbindung von Eigen- und Fremdkapital möglich. Und zwar bis zum Umfang von 30 % des Fondsvermögens bei Publikums- und bis zu 50 % bei Spezialfonds. Bedingung ist im Bereich der Spezialfonds eine Mehrheitsbeteiligung, oder es muss ein Nachrangdarlehen sein beziehungsweise der Kredit darf die doppelte Beteiligungshöhe erreichen. Bei den Publikumsvehikeln gilt, dass das Geld auf mindestens fünf Darlehensnehmer verteilt werden muss mit jeweils maximal 20 % des verfügbaren Kapitals.Trotz der Kreditvergabe, die bislang hierzulande ausschließlich Kreditinstituten rechtlich möglich war, würden Fonds damit aber nicht zur Schattenbank, greift der Volljurist, ausgebildete Investmentanalyst, gebürtige Ansbacher und passionierte Jäger Bedenken vor. Denn hier würde das Risiko beim Anleger und nicht beim Fonds liegen. Zudem schreibt das Gesetz vor, dass die Fondsgesellschaften für die Kreditvergabe eine entsprechende Expertise beziehungsweise Strukturen aufbauen und der BaFin gegenüber nachweisen muss. Wie das ausgestaltet sein wird, muss die Finanzaufsicht noch festlegen. Interesse der AltersvorsorgeWachsendes Interesse an Kreditfonds haben Altersvorsorgeeinrichtungen, die im Niedrigzinsumfeld um Renditen kämpfen. Aktuell sind sie rund 10 Mrd. Euro schwer und damit nur ein Bruchteil der gesamten offenen Spezialfonds von 1,36 Bill. Euro. Seit Jahresbeginn sammelten die Kreditfonds stolze 2 Mrd. Euro netto an Investorengeldern ein. Ein großer Anbieter ist die DekaBank mit einem Kreditfondsvermögen von 1,1 Mrd. Euro. Derzeit gibt es nur institutionelle Produkte. Ob es in Zukunft Kreditfonds für Privatanleger geben könnte, mag Richter nicht prognostizieren.Während Richter die deutschen Kreditfonds somit im Aufwind sieht, hält er dagegen den von der EU ersonnenen Infrastrukturfinanzierungsfonds Eltif für eine Totgeburt. Die gute Idee sei durch eine schlechte Ausführung, die völlig am Bedarf der Fondsbranche vorbeigehe, totreguliert worden, lautet das vernichtende Urteil. Dies hat in Brüssel bereits Tradition: Auch die Fonds für soziales Unternehmertum Eusif und für Wagniskapital Euveca haben in Europa eher Seltenheitswert.Anders als noch vor ein, zwei Jahren zeigt sich Richter insgesamt ziemlich entspannt beim Thema Regulierung. Die großen Vorhaben seien durch, die Regulierungswelle nach fünf Jahren verebbt. Hierzulande steht nur noch die grundlegende Investmentsteuerreform ins Haus. Die von der Finanzbranche gefürchtete EU-Finanztransaktionssteuer erledige sich wohl von allein, zeigt sich Richter hoffnungsfroh. Die Diskussion über eine mögliche Systemrelevanz von Assetmanagern habe sich beruhigt und finde nur noch in den USA mit Blick auf den Platzhirsch BlackRock und die dort angesiedelten großen Häuser wie Vanguard, State Street oder Fidelity statt.Stattdessen biete die geplante Kapitalmarktunion in der EU große Chancen für die Fondsanbieter. Zudem würden derzeit in Brüssel die Finanzregulierungsvorhaben der jüngsten Vergangenheit einer Evaluierung unterzogen. Dies weckt Hoffnung bei den Assetmanagern, dass als Folge daraus manche Vorgaben abgemildert werden könnten. Negatives abgewendetDie Fondsbranche hat nach Ansicht von Richter viele der negativen Seiten der Regulierung in den vergangenen Jahren mit Erfolg abwenden können. “Bei aller Kritik im Einzelnen können wir unter dem Strich festhalten: Es gab für uns durch die Regulierung keinen Bruch oder Einschnitt unserer Geschäftstätigkeit.”